Streik und neue Proteste - Opposition erhöht Druck auf Lukaschenko

  27 Oktober 2020    Gelesen: 470
  Streik und neue Proteste - Opposition erhöht Druck auf Lukaschenko

Verriegelte Läden und Tausende Menschen auf den Straßen: Unterstützer der Demokratiebewegung in Belarus haben erneut gegen Machthaber Alexander Lukaschenko protestiert.

Es ist ein neuer Schlag gegen Machthaber Alexander Lukaschenko: Mit einem Generalstreik und neuen Protesten versuchten Oppositionelle in Belarus den Diktator weiter unter Druck zu setzen. Tausende Menschen, darunter vor allem Senioren und Studenten, marschierten am Montag durch die Hauptstadt Minsk. Viele trugen die historische weiß-rot-weiße Fahne. Die Behörden nahmen nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Wesna mehr als 180 Menschen fest. Damit wurden seit Sonntag landesweit mehr als 700 Menschen festgenommen.

Lukaschenkos Gegnerin Swetlana Tichanowskaja sagte in ihrem EU-Exil, dass es eine "sehr aktive" Beteiligung nach dem vorangegangenen Aufruf zu einem Generalstreik im Land gebe. Es hätten sich medizinisches Personal, IT-Firmen und Studenten beteiligt sowie viele Privatbetriebe. "Das ist ein unglaubliches Niveau an Solidarität", sagte die 38-Jährige. "Das ist erst der Anfang."

Tichanowskaja hatte Lukaschenko ein Ultimatum bis Sonntag gestellt, sein Amt aufzugeben, die Polizeigewalt zu beenden, politische Gefangene freizulassen und Neuwahlen anzusetzen. Erwartungsgemäß ließ der 66-Jährige die Frist verstreichen.

Gaststätten und Läden geschlossen
Seit der umstrittenen Präsidentenwahl am 9. August kommt es in der Ex-Sowjetrepublik immer wieder zu Protesten, weil sich Lukaschenko nach 26 Jahren an der Macht mit rund 80 Prozent der Stimmen zum Sieger erklären ließ. Die Demokratiebewegung beansprucht den Sieg für Tichanowskaja. Am Sonntag waren in Minsk erneut Zehntausende Menschen auf die Straße gegangen, um gegen Lukaschenko zu protestieren. Die Polizei setzte Blendgranaten ein, um die Demonstranten auseinanderzutreiben. Nach Angaben des Innenministeriums wurden in Minsk und anderen Städten mehr als 500 Menschen festgenommen.

Medienberichten zufolge blieben am Montag in Minsk vor allem kleinere Geschäfte und Gaststätten geschlossen. Die Regierung betonte dagegen, dass der Betrieb in allen staatlichen Unternehmen plangemäß laufe. Industrieminister Pjotr Parchomtschik sprach lediglich von einigen "Wellen". Die Aufrufe zu Streiks hätten keinen wirtschaftlichen Schaden angerichtet.

Tichanowskaja forderte die Menschen auf, dem "Regime" zu zeigen, dass es jeden Rückhalt verloren habe. Sie betonte, dass sie verstehe, wenn Menschen um ihre Arbeit fürchteten. Sie erinnerte aber auch an einen Hilfsfonds zur Unterstützung Bedürftiger, der inzwischen durch Spenden mit sieben Millionen US-Dollar (5,9 Millionen Euro) gefüllt sei. Es müssten sich viele an dem Arbeitsausstand beteiligen, um Lukaschenkos Staatsmaschinerie zum Stillstand zu bringen, sagte sie.

"Das Regime hat den Menschen in Belarus noch einmal gezeigt, dass Gewalt das einzige ist, wozu es in der Lage ist", sagte Tichanowskaja. Es zeuge nicht von Stärke, wenn solche Granaten in die Menschenmenge geworfen und unter einer Geburtsklinik gezündet würden. Sie werde dafür kämpfen, dass die Gesetzlosigkeit ende. Der Analyst Artjom Schraibman meinte, dass das Ergebnis des Streiks gar nicht so wichtig sei - entscheidend sei es, in der politischen Krise die Initiative zu ergreifen. Und da sei Lukaschenko in der Defensive.

Die EU forderte die Behörden in Belarus auf, Teilnehmer des Generalstreiks nicht zu sanktionieren. Solche Proteste gehörten zu den Grundrechten, die respektiert werden müssten, sagte ein Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell in Brüssel. Grundsätzlich sei die EU weiter besorgt über den Einsatz von Gewalt gegen friedliche Demonstranten und über den Kurs der Behörden. So gebe es immer noch keinen Dialog über eine Beilegung des Konflikts in dem Land.

Die EU unterstützt Lukaschenkos Gegner und erkennt den langjährigen Amtsinhaber nicht mehr als Präsidenten an. Unterstützung erhält Lukaschenko aus Russland.

spiegel


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