Orbán droht laut Bericht mit Veto gegen EU-Haushalt

  09 November 2020    Gelesen: 464
Orbán droht laut Bericht mit Veto gegen EU-Haushalt

Wer den Rechtsstaat demontiert, soll bald weniger EU-Geld bekommen – das gefällt unter anderem Ungarn überhaupt nicht. Laut einem Medienbericht wird Regierungschef Viktor Orbán nun deutlich.

Der Streit zwischen der EU und dem Mitgliedsland Ungarn droht offen zu eskalieren. Regierungschef Viktor Orbán hat in einem Schreiben an EU-Vertreter wegen des geplanten Rechtsstaatsmechanismus mit einem Veto gegen den EU-Haushalt gedroht.

In dem Brief führe Orbán demnach an, dass der Plan zum Rechtsstaatsmechanismus nicht den Vereinbarungen vom Juli zum EU-Haushalt entspreche. Das meldete die Nachrichtenagentur AFP am Sonntagabend unter Berufung auf eine EU-Quelle.

Das ungarische Nachrichtenportal mandiner.hu hatte zuvor aus Orbáns Schreiben zitiert. Demnach drohte der Ministerpräsident, wenn das EU-Budget an den Rechtsstaatsmechanismus gekoppelt werde, werde er dagegen stimmen. "Auch wenn Ungarn sich der Zusammenarbeit verpflichtet fühlt, kann es im Lichte der Entwicklungen nicht die Einstimmigkeit liefern, die für das im Juli beschlossene Paket notwendig ist", zitierte mandiner.hu aus dem Brief.

Unterhändler des EU-Parlaments und der Mitgliedstaaten hatten sich zuletzt auf die Einführung des Rechtsstaatsmechanismus im nächsten Gemeinschaftshaushalt verständigt. Die Vergabe von EU-Mitteln soll an die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien in den Mitgliedstaaten geknüpft werden.

Schreiben ging laut dem Bericht an höchste EU-Stellen
Die Einigung beruht im Wesentlichen auf einem Kompromissvorschlag der deutschen Ratspräsidentschaft. Demnach würde die EU-Kommission vorschlagen, ein EU-Land zu sanktionieren, und die Mitgliedstaaten müssten diesen Beschluss mit einer qualifizierten Mehrheit bestätigen – dies wären 15 der 27 Mitgliedstaaten, die für 65 Prozent der EU-Bevölkerung stehen.

Orbán kritisierte dem Nachrichtenportal zufolge, dass der geplante Sanktionsmechanismus auf "rechtlich vagen Definitionen wie 'Verletzung der Rechtsstaatlichkeit'" basiere. Dies schaffe "Gelegenheiten für politischen Missbrauch" und verstoße gegen die "Anforderung der Rechtssicherheit". Die ungarische Regierung wollte sich auf AFP-Anfrage nicht zu dem Bericht äußern.

Der Brief aus Ungarn ging nach Angaben aus der EU-Quelle an Ratspräsident Charles Michel, Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die amtierende deutsche EU-Ratspräsidentschaft sowie an die portugiesische Regierung, die im Januar die Ratspräsidentschaft übernimmt.

Die Regierungen in Ungarn und Polen übten bereits in den vergangenen Tagen heftige Kritik an der Einigung zum Rechtsstaatsmechanismus. Beide Länder wehren sich vehement gegen eine Verknüpfung der Rechtsstaatlichkeit mit dem EU-Haushalt.

Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki kündigte am Freitag an, dass sein Land dem Rechtsstaatsmechanismus "nie" zustimmen werde. Polen und Ungarn stehen seit Jahren wegen rechtsstaatlicher Verfehlungen in der EU am Pranger.

Die Einigung zum Rechtsstaatsmechanismus muss noch vom Parlamentsplenum und dem Rat der Mitgliedstaaten gebilligt werden. Im Rat reicht dafür eine sogenannte qualifizierte Mehrheit, Einstimmigkeit ist also nicht erforderlich. Allerdings muss der Sieben-Jahres-Haushalt der EU, über dessen Details im Europaparlament noch verhandelt wird, von den 27 Mitgliedstaaten einstimmig gebilligt werden.

spiegel


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