Laut einer Beschlussvorlage des Bundes für die heutigen Beratungen mit den Ländern ist auch geplant, die Schulen bis Mitte Februar zu schließen. Zur Begründung wird angeführt, es gebe ernstzunehmende Hinweise, dass sich die Mutation des Corona-Virus stärker unter Kindern und Jugendlichen verbreite, als das bei dem bisher bekannten Virus der Fall sei. Zudem regt der Bund an, dass in öffentlichen Verkehrsmitteln sowie in Geschäften das Tragen medizinischer Masken verpflichtend sein sollte.
Alten- und Pflegeheime besser schützen
Des weiteren sollten Alten- und Pflegeheime besser geschützt werden. Vorgesehen seien eine FFP2-Maskenpflicht für das Personal beim Kontakt mit Bewohnern sowie Schnelltests beim Betreten der Einrichtungen. Von einer Homeoffice-Pflicht sei in der Vorlage nicht die Rede. Es solle jedoch eine Verordnung erlassen werden, wonach Unternehmen dort, wo es möglich sei, den Beschäftigten das Arbeiten von zuhause aus ermöglichen müssten.
Wie es weiter heißt, soll bis Mitte Februar eine Arbeitsgruppe ein Konzept für eine sichere und gerechte Öffnungsstrategie erarbeiten. Damit sollten die notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden, ein erneutes Ansteigen der Zahlen zu vermeiden.
Experten raten zu schärferen Maßnahmen, um Infektionszahlen zu drücken
Mit Blick auf das heutige Gespräch ließen sich Merkel und die Ministerpräsidenten vorab von Experten beraten. Dabei ging es unter anderem um die Gefahr, die von mutierten, deutlich ansteckenderen Coronaviren ausgeht. Unser Hauptstadt-Korrespondent Stephan Detjen sagte im Deutschlandfunk, bei dem Treffen sei noch einmal „massiv“ die Sorge zum Ausdruck gebracht worden, dass die Pandemie außer Kontrolle geraten könnte.
Wie die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Teilnehmerkreise berichtet, warnten etwa die Braunschweiger Virologin Melanie Brinkmann sowie der Helmholtz-Infektionsforscher Michael Meyer-Hermann davor, dass sich diese neuartigen Virus-Varianten auch in Deutschland rasant ausbreiten könnten. Deshalb müssten die Infektionszahlen mit harten Maßnahmen schnell nach unten gedrückt werden.
Meyer-Hermann hatte gerade erst im Deutschlandfunk einen Inzidenzwert von Null als Ziel in der Pandemie genannt. Er argumentiert, auf diese Weise könne die Motivation der Bevölkerung wieder erhöht werden, sich an die Maßnahmen zu halten.
Forderung nach „scharfem Lockdown“
Bei dem Gespräch der Kanzlerin und der Regierungschefs der Länder mit den Experten betonte Rolf Apweiler, Direktor des European Bioinformatics Institute Cambridge, dass die in Großbritannien festgestellte Virus-Variante für sechs bis achtmal mehr Corona-Fälle im Monat sorge als das herkömmliche Virus. Er forderte deshalb einen „scharfen Lockdown“, schnelles Impfen und breite Gensequenzierung zur Erkennung der Virus-Varianten, um die Infektionszahlen zügig zu senken. Wenn jedoch der politische Wille fehle, würden auch die besten Teststrategien nichts bringen, warnte der Wissenschaftler.
Angst vor Ausbreitung auch hierzulande
Auch der Mobilitätsforscher Kai Nagel von der TU Berlin befürchtet, dass sich die hochansteckende Coronavirus-Mutation B117 zunehmend in Deutschland ausbreitet. Er hat dem Bericht zufolge verschiedene Modelle vorgestellt, welche Auswirkugen mögliche Lockerungen der Schutzmaßnahmen haben könnten. Sein Fazit: Wenn man Schulen öffnen wolle, müssten andere Aktivitäten weiter stark beschränkt bleiben, damit der sogenannte R-Wert insgesamt nicht über eins steige. Der R-Wert gibt an, wie viele Personen ein Infizierter rechnerisch ansteckt.
Der Experte hält demnach eine strikte Einschränkung aushäusiger Aktivitäten, eine Ausgangssperre am Abend sowie FFP2-Maskenpflicht am Arbeitsplatz für sinnvoll. Wenn man Schulen öffne, sollten die Klassen halbiert werden und alle Kinder FFP2-Masken tragen.
deutschlandfunk
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