Nach einer Lieferung von Corona-Impfstoff aus Israel hat die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) mit der Impfung von medizinischem Personal begonnen. Als erste bekam Gesundheitsministerin Mai Al-Kaileh am Dienstagabend eine Spritze verabreicht. Israel hatte der Behörde am Montag in einem ersten Schritt 2000 Dosen des Impfstoffs des Herstellers Moderna übergeben. Weitere 3000 Dosen sollen folgen. Noch am Mittwoch soll ein Teil davon in den Gazastreifen geliefert werden.
Israel hat eine der weltweit erfolgreichsten Impfstrategien eingeleitet. Bereits mehr als 3,2 Millionen Menschen, in etwa ein Viertel der Bevölkerung, erhielten die erste und fast 1,9 Millionen auch die zweite Impfdosis. Die rund 5 Millionen Bewohner des Westjordanlands und des Gazastreifens profitieren von dem Erfolgsrezept bisher nicht.
Genfer Konvention oder Osloer Verträge?
Die israelischen Impfstofflieferungen und Hilfe für die Palästinenser wurde zuletzt kontrovers diskutiert. Israel verweist auf die Osloer Verträge, die 1993 das Verhältnis zwischen Israel und der PA rechtlich festgelegt haben. Demnach sind Palästinenser für die Gesundheitsversorgung der Gebiete selbstverantwortlich - inklusive Impfungen. Andererseits besetzt Israel das Westjordanland und kontrolliert den Gazastreifen. Demgemäß würde die Genfer Konvention in Kraft treten, die die Aufgabe der Gesundheitsversorgung der Besatzungsmacht zuschreibt.
Organisationen wie Amnesty International hatten Israel dazu aufgerufen und dies mit dessen Verantwortung als Besatzungsmacht begründet. Die Autonomiebehörde hatte Israel nie offiziell um Impfstoffe gebeten, sieht es als Besatzungsmacht aber ebenfalls moralisch und rechtlich zu Unterstützung verpflichtet. Gegner einer Unterstützung durch Israel unter den Palästinensern hatten die Autonomiebehörde dazu aufgerufen, angebotene Impfstoffe nicht anzunehmen. Aus ihrer Sicht änderte die israelische Regierung erst nach internationalem Druck ihren Kurs. Sie wolle mit der Lieferung dieser kleinen Menge an Dosen lediglich ihr Ansehen verbessern, hieß es.
Der palästinensische Ministerpräsident Mohammed Schtaje sagte, mit dem Beginn der eigenen Impfkampagne in den Palästinensergebieten werde in zwei Wochen gerechnet. Zunächst würden 50.000 Dosen bereitgestellt, die die PA auf eigene Initiative organisiert hat. Unter anderem werden Lieferungen von Astrazeneca und dem russischen Impfstoff Sputnik V bis Ende Februar erwartet. Auch die Weltgesundheitsorganisation hat ein Kontingent an Impfstoff für die palästinensische Bevölkerung zugesagt.
Die Infektions- und Totenzahlen waren zuletzt im Westjordanland und im Gazastreifen zurückgegangen, auch dank harter Restriktionen. In Israel bleiben trotz der weitreichenden Impfkampagne die Infektionszahlen sehr hoch. Binnen 24 Stunden wurden 7919 Neuinfektionen verzeichnet, wie das Gesundheitsministerium mitteilte. Auch die Lage in den Krankenhäusern blieb mit 1074 Schwerkranken sehr angespannt. Bis Freitag gilt in dem Neun-Millionen-Einwohner-Land ein Lockdown. Die Regierung macht für die hohen Infektionszahlen vor allem Mutationen verantwortlich, vielfach werden aber auch Lockdown-Regeln nicht befolgt und durchgesetzt. Am Mittwoch will die Regierung über eine Verlängerung von Maßnahmen, aber auch über teilweise Lockerungen beraten.
Quelle: ntv.de, cls/dpa
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