Die Bundesregierung ist seit zwei Wochen im Klimanotstand: Seit dem historischen Urteil des Bundesverfassungsgerichts versuchen Union und SPD zu zeigen, wer sich mehr traut in der Klimapolitik. In den Ministerien und in Arbeitsgruppen wird seitdem hektisch am neuen Klimaschutzgesetz gearbeitet: Am Mittwoch soll es im Kabinett beschlossen werden.
Niemand will sich im Wahlkampf vorwerfen lassen, verfassungswidrige Gesetze zu erlassen oder die kommenden Generationen zu belasten. Doch genau das ist weiterhin der Fall, wenn man den Berechnungen von Umweltschützern glaubt. Die Restmenge an CO₂-Emissionen, die in Deutschland noch in die Luft gehen dürfen, um die globale Erwärmung unter zwei Grad zu halten, ist bereits 2030 so gut wie aufgebraucht – auch mit dem novellierten Klimaschutzgesetz.
Das geht aus Berechnungen von Greenpeace hervor, die dem SPIEGEL vorliegen. »Mit dem im Gesetzentwurf vorgeschlagenen Treibhausgas-Reduktionspfad werden bis 2030 bereits 91 Prozent des CO₂-Restbudgets aufgebraucht«, erklärt Autor Karsten Smid. Das eng limitierte CO₂-Budget werde dann bis 2045 zudem um 32 Prozent massiv überschritten. Dann würde mehr ausgestoßen, als laut dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zulässig ist, und auch die Ziele des Weltklimavertrages würden nicht eingehalten. Damit mache Deutschland bereits Anfang der 2030er-Jahre »Klimaschulden«.
Im alten Klimaschutzgesetz waren bis 2030 laut den Berechnungen sogar 96 Prozent des Restbudgets bereits aufgebraucht und Deutschland hätte sein Budget insgesamt um 64 Prozent überschritten. Das Fazit von Greenpeace: Nur ein vorgezogener Kohleausstieg bis 2030 kann Deutschland noch auf Kurs bringen.
spiegel
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