extra-3-Satire: Türkei zitiert deutschen Botschafter ins Außenministerium

  29 März 2016    Gelesen: 903
extra-3-Satire:   Türkei zitiert deutschen Botschafter ins Außenministerium
Die türkische Regierung hat nach Informationen von SPIEGEL ONLINE den deutschen Botschafter einbestellt. Er musste sich offenbar für einen Satirebeitrag des NDR rechtfertigen. Er ist nicht der Einzige, der den Zorn der Macht abbekommt.

Wegen eines satirischen NDR-Beitrags hat das türkische Außenministerium nach Informationen von SPIEGEL ONLINE den deutschen Botschafter Martin Erdmann einbestellt. Der Diplomat musste sich demnach am vorigen Dienstag in einem längeren Gespräch rechtfertigen. Dabei handelte es sich offenbar nicht um eine freundliche Einladung unter Partnern, wie bei Meinungsverschiedenheiten unter Diplomaten zunächst üblich, sondern um eine formelle Vorladung.

Bei der Unterredung ging es um eine knapp zweiminütige Satire aus der Sendung "extra 3" vom 17. März, ein Lied mit dem Titel "Erdowi, Erdowo, Erdogan" über den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayip Erdogan. Die Sendung, die sonst regelmäßig im NDR-Fernsehen läuft, wurde an diesem Abend in der ARD ausgestrahlt.

Im Text heißt es zum Beispiel: "Er lebt auf großem Fuß, der Protz vom Bosporus". Außerdem werden die jüngsten Angriffe auf die Pressefreiheit in der Türkei thematisiert. So heißt es: "Ein Journalist, der irgendwas verfasst, was Erdogan nicht passt, ist morgen schon im Knast."



Mit der Vorladung wehrt sich Erdogan einmal mehr auf ungewöhnlich harsche Weise gegen Kritik an seiner Person sowie am Umgang mit Journalisten in der Türkei. Jüngst spitzte sich die Kontroverse um die Anwesenheit ausländischer Diplomaten beim Prozessauftakt gegen die beiden regierungskritischen Journalisten Can Dündar und Erdem Gül zu.

Wutrede gegen Diplomaten

Mehrere diplomatische Vertreter, darunter auch Erdmann und der britische Generalkonsul Leigh Turner, hatten den ersten Prozesstag in Istanbul beobachtet. Erdogan warnte Turner am Sonntag, ohne dessen Namen zu nennen. "Wenn diese Person noch immer ihren Dienst in der Türkei fortführen kann, ist das unserem Edelmut und unserer Gastfreundschaft zu verdanken", sagte Erdogan nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu auf einer Veranstaltung in Istanbul.

Hintergrund ist eine Twitter-Nachricht Turners vom Samstag. Er hatte geschrieben, die Türkei entscheide selbst, was für ein Land es sein möchte. Erdogan sagte, mit dem Tweet sei eine Grenze überschritten worden. Woanders würden Diplomaten, die ein solches Benehmen an den Tag legten, nicht einen Tag geduldet.

Schon am Samstag hatte Erdogan mit einem Wutausbruch im türkischen Fernsehen auf die Prozessbeobachter reagiert. "Dies ist nicht Ihr Land, dies ist die Türkei", empörte er sich. "Diplomatie unterliegt einem gewissen Anstand und Umgangsformen." Die Diplomaten könnten im Rahmen ihrer Vertretungen tätig werden, ansonsten sei eine Erlaubnis nötig.

Der Prozess findet künftig hinter verschlossenen Türen statt. Die Richter gaben zum Prozessauftakt am Freitag einem entsprechenden Antrag der Staatsanwaltschaft statt.

Quelle: spiegel.de

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