Hamilton kassiert schmerzhaften Funkspruch

  08 Mai 2023    Gelesen: 1515
  Hamilton kassiert schmerzhaften Funkspruch

Lewis Hamilton gelingt im Schatten von WM-Dominator Max Verstappen eine Aufholjagd. Der Rekordweltmeister der Formel 1 springt beim Großen Preis von Miami von 13 auf 6. Mitte des Rennens erlebt er wegen seines Teamkameraden aber eine bittere Situation.

Rekordweltmeister Lewis Hamilton hat ein erlebnisreiches Wochenende in Miami hinter sich. Der 38-Jährige legte sich mit dem Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, an, verteidigte die massiv kritisierte Showeinlagen des F1-Gastspieles in den USA und galoppierte dann nach schwacher Qualifikation im Rennen von Rang 13 auf Rang 6 nach vorne.

Während im Tausende Kilometer entfernten Großbritannien der neue König gekrönt wurde, blieb den britischen Fahrern der Weg auf den Formel-1-Thron verwehrt. Die Zeiten, in denen "Sir" Lewis Hamilton unangefochten Nummer 1 im Paddock und in seinem Team ist, sind ohnehin schon lange vorbei. Für den Teamerfolg muss inzwischen auch ein Hamilton zurückstecken. Deutlich wurde dies Mitte des Rennens in Miami.

In Runde 31 taucht im Rückspiegel von Hamilton Teamkollege George Russell auf. Da sein Landsmann bereits einmal die Reifen getauscht hat, ist Russell im Vorteil. Vom Kommandostand bekommt Hamilton die klare Anweisung, nicht mit dem Garagennachbarn um seinen Platz zu kämpfen und ihn vorbeizulassen.

Hamilton brummt ernüchtert zurück: "Er kann überholen, aber ich mache nicht langsam." Will heißen: Geschenkt bekommt der Stallkollege hier nichts. Doch nur kurz darauf zieht Russell problemlos an Hamilton vorbei, der artig und nach Vorschrift etwas Platz zum Überholen lässt. Russell bedankt sich höflich: "Danke! Das weiß ich zu schätzen."

Britisches Fairplay von Hamilton

Der Teamfrieden bei Mercedes bleibt also mutmaßlich intakt. Hamilton schluckte den Teamorder-Frust herunter und machte die Bahn frei. Britisches Fairplay. "Das hat es mir erlaubt, mein Rennen zu fahren. Wir haben momentan eine sehr gute Beziehung und wollen beide nur das Beste für das Team", sagte Russell nach dem Rennen zum Verhältnis der Fahrer.

Auch dank der Schützenhilfe von Hamilton fuhr Russell nach dem Platztausch noch auf den vierten Rang. In Runde 37 kassierte der Mercedes-Kronprinz Ferrari-Kontrahent Carlos Sainz, verteidigte den vierten Platz bis ins Ziel.

Wenige Umdrehungen nach dem Mercedes-Funkspruch ging auch Hamilton an die Box und holte sich neue Medium-Reifen ab. Das Silberpfeil-Duo fuhr auf alternativen Strategien: Hamilton startete auf den überraschend guten harten Reifen, in Runde 37 stieg er auf Medium um. Mit den frischen Walzen schnappte sich der siebenmalige Weltmeister dann noch Pierre Gasly (Alpine) und Charles Leclerc (Ferrari). Russell setzte auf eine entgegengesetzte Medium/Hard-Strategie.

In der Anfangsphase hatte Hamilton noch Probleme, Boden gutzumachen: Ein DRS-Zug (viele Fahrer hintereinander mit flach gestellten Flügeln) bremste ihn zunächst aus. "Danach konnte ich anfangen, aufzuholen. Mit verschiedenen Autos zu kämpfen, hat mir dann Spaß gemacht, und die Alpine und Ferrari am Ende einzuholen, war toll", sagte Hamilton. "Als ich mal freie Bahn hatte, lief es besser. Und als ich die harten Reifen los war, konnte ich endlich angreifen. Zur Mitte des Rennens wurde das Rennauto lebendig. Wenn du von Startplatz 13 Sechster wirst, dann solltest du dich nicht beklagen. Es war ein unterhaltsames Rennen."

Trotz der unterhaltsamen Aufholjagd warten die Silberpfeile weiter vergeblich auf den Durchbruch in dieser Saison. In Miami waren sie dritte Kraft hinter Red Bull und Aston Martin - noch vor Ferrari, das eine Woche nach dem Baku-Podium mal wieder enttäuschte.

Der Abstand zur Spitze ist besorgniserregend. Vorne machten die Red-Bull-Fahrer Sergio Perez und Max Verstappen den Sieg unter sich aus. Fernando Alonso fuhr an Position drei dermaßen unbedrängt, dass er auf den Leinwänden an der Strecke die Manöver seines Aston-Martin-Teamkollegen Lance Stroll nicht nur genau beobachtete, sondern sogar kommentierte und von den Fans dafür gefeiert wurde.

Wo sind eigentlich die anderen?

Red-Bull-Teamchef Christian Horner goss nach Rennende dann Häme über die Konkurrenz aus: "Fünf Rennen, fünf Siege, dazu der Sprint, vier Doppelsiege. So einen Start hatten wir noch nie", sagte er bei Sky genüsslich und schob hinterher: "Wir fragen uns: Wo sind eigentlich die anderen?"

Ja, wo ist Mercedes?

Hamilton ist mit 56 Zählern auf Rang vier der beste Silberpfeil-Pilot in der Fahrerwertung. Seine Ergebnisse: Zwei fünfte Plätze, zwei sechste, nur in Australien reichte es im Chaos-Rennen für den Podiumsplatz zwei. In der Konstrukteurswertung liegt Mercedes knapp hinter Ex-Vettel-Team Aston Martin auf Rang drei.

Mehr ist für den W14, die diesjährige Version des Silberpfeils, aktuell nicht drin. Ein Grundproblem: Die Rennpace ist deutlich besser als die Quali-Performance, was sich in Miami erneut zeigte. Die Form schwankt innerhalb eines Wochenendes gewaltig.

Für das kommende Rennen in Imola hat die Team-Führung umfassende Upgrades angekündigt. Die Freude bleibt aber mindestens begrenzt. Klar freue er sich über die neuen Teile, sagte Hamilton, "aber ich gehe nicht davon aus, dass wir mit den neuen Teilen eine Sekunde pro Runde schneller werden. Das wird nicht passieren. Ich hoffe, es wird ein Schritt nach vorne sein."

Teamchef Toto Wolff erklärte lapidar, dass die Plätze vier und sechs für George Russell und Lewis Hamilton wenigstens "nicht mehr unangenehm" seien. Der Ärger über die schwache Pace im Qualifying schwang noch mit. Der Österreicher stapelt für die kommenden schon mal tief: "Bitte keine große Erwartungshaltung!" Der Angriff auf den F1-Thron verschiebt sich bis auf Weiteres.

Quelle: ntv.de


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