Die europäische Fußball-Elite hat am Mittwochabend einen kleinen Vorgeschmack auf das bekommen, was ihnen in dieser Saison blüht. Zumindest, wenn ihnen Real Madrid als Gegner gegenübersteht. Die Mannschaft hat zwar mit Toni Kroos einen der größten Giganten der Klub-Geschichte verloren. Dafür aber mit Kylian Mbappé einen neuen Riesen verpflichtet. Der lief im europäischen Supercup in Warschau gegen Europa-League-Sieger Atalanta Bergamo erstmals auf und erzielte beim souveränen 2:0 (0:0)-Erfolg direkt seinen ersten Treffer im neuen, weißen Trikot.
"Es war eine magische Nacht. Ich habe davon geträumt, jetzt ist es Realität", sagte Mbappe, der nun endlich seinen ersten internationalen Titel auf Vereinsebene feiern durfte. Und nach diesem Abend dürfte klar heißen, es wird nicht der einzige bleiben: "Es ist verrückt und eine große Ehre. Es ist immer toll, ein Tor zu schießen. Ich hoffe, dass wir so weitermachen."Mbappé machte mit seinem Treffer zum 2:0 den Deckel auf ein Spiel, das in den ersten 45 Minuten langweilig war und danach immer mehr von Real dominiert wird. Nicht allerdings, ohne eine knifflige Situation zu überstehen. Direkt nach dem Abpfiff bewahrte Thibaut Courtois seine Mannschaft mit einer überragenden Tat vor dem Rückstand. Mario Pasalic köpfte gegen die Laufrichtung des Keepers, der sich aber streckte und in voller Ausdehnung seines Körpers den Einschlag verhinderte.
Vinicius Junior ist nicht zu stoppen
Real war nicht frei von Fehlern, Bergamo hatte durchaus Möglichkeiten. Aber eine echte Chance auf den Sieg hatten die Italiener nicht. Zu beeindruckend gut ist die Frühform der Königlichen. Vinicius Junior, um den es zuletzt ein milliardenschweres Wechselgerüchte in Richtung Saudi-Arabien gab, ist mit seinem aberwitzigen Tempo, seiner Ballkontrolle und seinem Spielwitz kaum zu stoppen. Das 1:0 durch Federico Valverde legte er herausragend vor, zog an seinen Gegenspieler vorbei, verzögerte kurz, ließ dadurch eine Grätsche ins Leere laufen und bediente seinen Kollegen, der mühelos einschob.
Auch beim Mbappé-Treffer hatte er seine Füße im Spiel. Auf der rechten Strafraumseite wollte er unbedingt seinen neuen Teamkollegen in Szene setzen, statt selbst abzuschließen. Was vermutlich eine sehr gute Idee in sehr guter Position gewesen wäre. Aber er setzte auf das Zuspiel. Das misslang jedoch. Rodrygo rettete den Ball, fand den neuen Superstar schließlich und der krönte sein Traumdebüt, dass er zuvor mit zahlreichen Sprints und schönen Ballszene garniert hatte. Mbappé baute sich hernach wuchtig ab, ein Statement an die europäische Konkurrenz.
Wer soll dieses Team schlagen? Ja, gute Frage. Denn auch Jude Bellingham, der englische Weltstar, der bei der Europameisterschaft zuletzt mehr Mecker-Monster als Ball-Gigant war, fand zurück zu seiner großen Klasse. Vom Spielgerät war er nie zu trennen, wie einst Kroos. Immer wieder stieß er mit seinen Tempo- und Tiefenläufen in die Abwehr der Italiener herein und erfand kluge Dinge, um die auseinanderzunehmen. So schickte er einmal Vinicius Junior mit einem genialen Steilpass los, dessen Schuss war allerdings zu unplatziert.
Bellingham fürchtet jede Menge Stress
"Es ist leicht, mit ihnen zu spielen. Sie sind alle großartig, Real ist der größte Klub der Welt", sagte Mbappé, der jetzt schon schockverliebt in seine neue Heimat ist, für dessen Wechsel er so sehr gekämpft hatte, auch mit durchaus streitbaren Mitteln bei seinem Ex-Klub Paris St. Germain. "Ich möchte mich bei allen bedanken. Es ist so leicht gewesen. Ich muss mich wirklich nur auf den Fußball konzentrieren." Jude Bellingham, der neue Chef im Mittelfeld, der in einer sehr offensiven Rolle als Zehner agierte, schwärmte ebenfalls. "Er ist brillant und hat so viel Qualität. Aber er ist außerdem ein toller Teamkollege, sehr angenehm. Er verdient es."
Im ersten Pflichtspiel der Saison hätte das Team "ein bisschen Zeit gebraucht, aber dann hat es Klick gemacht und wir haben wir uns gefunden", betonte Bellingham und lobte: "Da waren wir brillant. Das hat Spaß gemacht, wir werden die Feier genießen - aber dann steht direkt wieder Arbeit an." Er selbst sieht viel Stress auf sich zukommen. Wegen den Tempodribblern Vinicius Junior und Mbappé: "Du hast immer nur zwei Sekunden, bevor beide mit den Händen winken und den Ball wollen."
Grund zum Feiern hatte übrigens auch der ewige Luka Modrić, der spät eingewechselt worden war. Mit nun 27 Titeln ist er erfolgreichste Spieler in der Geschichte von Real Madrid. Carlo Ancelotti darf sich als Trainer diesen Titel mit dem legendären Miguel Munoz teilen (14). Und noch ein Rekord: Mit dem sechsten Triumph haben die Königlichen den AC Mailand in diesem Wettbewerb abgehängt.
Quelle: ntv.de, tno
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