Die deutsche Industrie rechnet erneut mit einem schwierigen Jahr. Die Produktion dürfte 2025 um 0,5 Prozent schrumpfen, teilte der Branchenverband BDI auf der Hannover Messe mit. Seit 2019 sei die Industrieproduktion um fast elf Prozent zurückgegangen. "Im europäischen Vergleich verliert die deutsche Industrie an Boden", sagte BDI-Präsident Peter Leibinger. Denn die Produktion in der EU sei im selben Zeitraum um ein Prozent ausgeweitet worden.
Die Industrie hofft nun ab 2026 auf spürbare Impulse aus dem geplanten 500-Milliarden-Euro-Sondertopf für Investitionen in die Infrastruktur, ebenso auf "mutige Reformen" der wahrscheinlich nächsten Regierung aus Union und SPD.
Bremsen dürften aber die US-Sonderzölle gegen Europa und andere wichtige Länder wie China. "Wir brauchen einen großen Wurf", sagte Leibinger mit Blick auf die laufenden Koalitionsverhandlungen. Die Stimmung müsse sich aufhellen, damit es wieder mehr private Investitionen in Deutschland gebe.
Weniger Bürokratie und geringere Steuern
Der BDI fordert einen spürbaren Bürokratieabbau. Die Steuerbelastung von Firmen sollte auf maximal 25 Prozent gesenkt werden, um Investitionen anzuregen. Außerdem müsse die Energieversorgung planbar und bezahlbar sein.
"Leider weisen die Koalitionsverhandlungen von Union und SPD derzeit in die falsche Richtung, der Reformeifer verblasst schon wieder, bevor er so richtig begonnen hat", sagte VDMA-Präsident Bertram Kawlath. Der Maschinenbauverband fordert mehr Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt. Union und SPD wollen bis Ostern eine Regierung bilden. Mit Hilfe der Grünen haben sie aber bereits das Grundgesetz geändert, um mehr in Verteidigung und die Infrastruktur investieren zu können.
Leibinger sagte, mit den Schulden sollten die strukturellen Schwächen des Standorts behoben werden. "Entscheidend ist ein klares Konzept für den effizienten Einsatz des Milliardenpakets, das Vertrauen schafft."
Industriestimmung im Keller
Für die gesamte deutsche Wirtschaft rechnet der BDI 2025 mit dem dritten Rezessionsjahr in Folge, was es in der Bundesrepublik noch nie gegeben hat. Das BIP dürfte um 0,1 Prozent schrumpfen. "Wir sind noch nicht wieder im Spiel", so BDI-Hauptgeschäftsführerin Tanja Gönner. Deutschland hänge anderen EU-Staaten hinterher.
Sollten Sonderzölle der USA Deutschland treffen, könnte das Bruttoinlandsprodukt sogar um bis zu 0,5 Prozent schrumpfen. "Es bleibt schwierig." Die angedrohten Zölle von Trump seien noch nicht wirksam. Das Thema werde die Industrie dieses Jahr aber noch beschäftigen. "Die Aussichten sind trübe", hieß es.
Die Industrieproduktion hatte 2018 ein Allzeithoch erreicht. Mittlerweile gibt es dem BDI zufolge in der Breite Probleme - beim Fahrzeugbau, im Maschinenbau und in der Elektroindustrie gebe es spürbare Rückgänge. "Die Stimmung in der Industrie ist schlechter als ich es je erlebt habe", so Leibinger. Der Schlüssel liege in Innovationen. Dies sei die beste Chance, schnell aus der Krise zu kommen. Als Beispiele nannte der BDI-Präsident Neuerungen in den Bereichen Künstliche Intelligenz, Quantentechnologie, Robotik oder Automatisierungen.
Sinkende Industrieproduktion erwartet
Der VDMA betonte zudem die Kapazitätsauslastung von nur 78 Prozent im Januar. Es fehle vielerorts an ausreichend neuen Aufträgen. "Wir gehen nach wie vor davon aus, dass der Tiefpunkt der Produktionsentwicklung im Verlauf des ersten Quartals erreicht wurde und nun eine Erholung - zögerlich, nicht flächendeckend und mit schwacher Dynamik - einsetzt", so VDMA-Chefvolkswirt Ralph Wiechers. Daher bleibe der Verband vorerst bei seiner Prognose, wonach die Produktion 2025 um zwei Prozent schrumpfen werde. Ein Produktionsminus von zwei Prozent erwartet auch der ZVEI, die Vertretung der Elektro- und Digitalindustrie.
Quelle: ntv.de, den/rts
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