Darum also geht es. Hier will die Ahmadiyya-Gemeinde, 30 Mitglieder in Erfurt und 70 in ganz Thüringen, eine kleine Moschee bauen, die auch noch wie eine aussehen soll. Mit Kuppel und Zierminarett. Die Aufregung ist groß im Ort, aber auch darüber hinaus. Das liegt vor allem an der AfD, die sich sehr darüber freut, ihre gerade erst bundesweit beschlossene Anti-Islam-Linie nun direkt vor Ort durchziehen zu können.
Im Erfurter Landtag leitet Björn Höcke die Fraktion, der gerne auf Demos grundsätzliche Reden hält und deshalb für diesen Mittwoch zu einer Demo auf den Erfurter Domplatz geladen hat, um eine Grundsatzrede zum Islam und gegen die Moschee in Marbach zu halten. Die AfD möchte gern das Gefahrenabwehrzentrum des deutschen Volkes sein, nicht nur in Erfurt-Marbach.
Bevor man aber am Abend Höcke zuhört, kann man am Nachmittag versuchen, herauszufinden, wie die Marbacher eigentlich über die Moschee denken. Man kann dann zum Beispiel zu Roman Dieck gehen. Das ist der Wirt des Marbacher Schlösschens, eines Gasthofs am Rande des alten Orstkerns. So ein Wirt muss doch wissen, was ein Dorf denkt.
"Ne, ne, ne, wir woll’n keine Moschee!"
Dieck steht in Kellnerweste und Jeans in seinem Biergarten und zupft Unkraut zwischen den Kieseln hervor. Er öffnet erst am Abend. Neben ihm hängt eine Tafel, die für "Spargelschnitzel, Sauce Hollandaise, Butterkraut, 19,90" wirbt, was deshalb erwähnenswert ist, weil hier vor ein paar Tagen noch etwas anderes stand: "ne, ne, ne, wir woll’n keine Moschee!" Das "keine" unterstrichen.
Dieck hatte das da nicht hingeschrieben, aber er sagt: "Es gibt da keine zwei Meinungen im Ort." Keiner wolle die Moschee. Er halte sich zwar immer raus, wenn seine Gäste politisch diskutierten, aber er bekomme umso mehr mit. Vor ein, zwei Wochen begannen die Gerüchte zu kursieren in seinem Gastraum, aber auch unter den Marbachern bei Whatsapp. Hast Du schon gehört, die wollen hier eine riesige Moschee bauen. Von vielen Tausend Gläubigen sei die Rede gewesen, die bald zum Beten nach Erfurt-Marbach kommen könnten.
Seitdem klar ist, dass es nur ein paar Dutzend sind, "hat sich das alles wieder etwas relativiert", sagt Dieck. Aber er sagt auch: "Das kann nicht gut gehen." So eine Moschee sei "wie so ein trojanisches Pferd. Nach und nach kommt alles rein, die fangen klein an." Gerade für die alteingesessene Bevölkerung im Ort sei das alles viel zu viel.
Marbach ist seit der Wende gewachsen, von 800 Einwohnern auf mittlerweile 4.000. Rund um den alten Orstkern wurden immer neue Einfamilienhäuser gebaut. Viele leben hier und arbeiten woanders, tagsüber ist es ruhig in Erfurt-Marbach.
Jugendliche verabreden sich zur Anti-AfD-Demo
Die parteilose Ortsbürgermeisterin Katrin Böhlke hatte in den vergangenen Tagen immer wieder gesagt, Marbach sehe den Moscheebau skeptisch. Es kommt in Marbach all das zur Sprache, was als "Sorgen" schon die vielen erhitzten Streitereien um Flüchtlingsunterkünfte in den vergangenen zwei Jahren bestimmt hatte: Dass die Immobilien an Wert verlören. Dass die Töchter nicht mehr sicher seien. Das all das erst der Anfang sei.
Die Ahmadiyya-Gemeinde, die die Moschee bauen will, hat bislang erst einen Vorantrag gestellt, das Grundstück gehört noch der Landesentwicklungsgesellschaft.
Man kann dann im Bus zurück in die Stadt ein paar Jugendliche hören, die sich am Telefon verabreden zur Gegendemo, die offenbar aus Marbach kommen und nicht gegen die Moschee sind, sondern gegen die AfD. Nein, dieser Ort ist so wenig komplett islamfeindlich wie alle anderen auch.
Vor einem Café in der Innenstadt sitzt am frühen Mittwochabend Suleiman Malik. Direkt vor ihm, auf dem zentralen Domplatz, hat die Polizei schon die Absperrgitter aufgebaut. Die ersten Männer mit Deutschlandfahnen ziehen vorbei und von der AfD-Bühne schallen Ansagen und Gesänge herüber. Malik schüttelt den Kopf, dann sagt er: "Es gibt manche Dinge, die verstehe ich einfach nicht."
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