Schweinsteiger genießt die Bye-bye-Basti-Show

  01 September 2016    Gelesen: 552
Schweinsteiger genießt die Bye-bye-Basti-Show
Er weint, er winkt, er dankt - und spielt er ein bisschen Fußball. Bastian Schweinsteiger, ein ganz Großer, verabschiedet sich aus der deutschen Nationalelf. Das nimmt ihn sichtlich mit.
Knappe elf Minuten dauerte es, dann war die Lücke geschlossen, die Bastian Schweinsteiger hinterlassen hatte. Thomas Müller kam auf den Rasen, mit ihm an seinem rechten Oberarm das schwarz-rot-goldene Abzeichen des Chefs. Und die deutsche Fußballnationalmannschaft hatte wieder einen Kapitän, zumindest übergangsweise. So schnell geht das. Wer in Zukunft dieses Amt übernimmt, das weiß Joachim Löw zwar schon; doch verraten will er es erst an diesem Donnerstag - „aus Respekt vor dem Basti. Bis 24 Uhr soll er der Kapitän bleiben für den Tag“, sagte der Bundestrainer am späten Mittwochabend.

Aber diese elf Minuten hatte sich Schweinsteiger mit seinen 32 Jahren in seinem 121. und letzten Länderspiel eigenmächtig gegönnt. Das hat er sich als einer der Großen des Fußballs nach zwölf Jahren mit der DFB-Elf auch verdient. Als um 22.16 Uhr die Nummer 7 auf der Anzeigetafel rot leuchtete und Löw ihn im Mönchengladbacher Stadion in der 67. Minute an die Seitenlinie bat, war er der Moment gekommen, um den es bei diesem zur Abschiedsparty umgewidmeten Test gegen Finnland ging. „Dass es so schön sein würde, hätte ich mir nicht erträumt. Es hat mich sehr gerührt. Die Nationalmannschaft ist wie eine Familie.“ Er umarmte seinen Trainer und alle, die sich von ihren Plätzen auf der Ersatzbank erhoben hatten. Er winkte den Zuschauern und genoss, dass sie „Basti! Basti!“ riefen. Und vor lauter Rührung nahm er die Kapitänsbinde mit, anstatt sie, wie üblich, einem Kollegen zu geben. Erst als Müller in der 78. Minute eingewechselt wurde, war wieder ein Käpt`n an Bord.

Dass der Schalker Max Meyer die deutsche Mannschaft in Führung gebracht (55.) und Mesut Özil in der führungslosen Phase gar das 2:0 erzielt hatte (77.), dass am Ende also ein Sieg gegen ebenso brave wie höfliche Finnen stand, interessierte das Publikum, wenn überhaupt, nur marginal. Die 30.121 Zuschauer bekamen das, was sie sehen wollten. Und das war die große Bye-bye-Basti-Show - zu der sie in rührender Zuneigung viel beitrugen. Mochte die Kulisse im Borussia-Park mit seinen 43.000 Plätzen noch so trostlos anmuten: Die, die gekommen waren, zeigten sich dem Basti sichtlich zugetan, wie der Herr Schweinsteiger nach seinen Anfängen als Schweini zum Ende seiner Karriere nun genannt wird.

Am Anfang waren die Tränen

Da mochte der Bundestrainer nicht nachstehen, auch wenn er es zunächst etwas spröde formulierte: „Ich war natürlich heute vor dem Spiel und bei der Auswechslung von Basti emotional schon stark berührt.“ Dann aber fand er gute Worte: Stets habe er die Mannschaft über sein eigenes Ich gestellt. Ohne ihn wären die Erfolge, nicht zuletzt der Weltmeistertitel 2014 in Brasilien, nicht möglich gewesen. „Seine authentische, seine offene und seine ehrliche Art hat mich immer beindruckt. Er war ein großer Spieler und auch ein großer Mensch.“ Das ging zu Herzen - und war wohl auch so gemeint. Und ja: Der ganze Abend wirkte zu großen Teilen unverstellt und mitnichten inszeniert - beim Protagonisten sowieso. Den Rest hatte der DFB besorgt und den Oberrang der Gegengeraden in weiser Voraussicht mit einem sehr breiten Plakat verhüllt, „Die Mannschaft“ stand darauf. Und über dem Auswärtsblock prangte das allgegenwärtige „Servus Basti“. Und es sprach nichts dafür, dass sich darunter versteckt Zuschauer befanden.

Es begann damit, dass Schweinsteiger um 20.07 Uhr als Erster auf den Rasen kam, um sich ein wenig warmzuspielen. Und es endete damit, dass er sich nach dem Abpfiff gemessenen Schrittes auf eine Ehrenrunde begab, bevor er um 22.50 Uhr in der Kabine verschwand. Dazwischen war`s ein wenig kitschig, vor allem aber schön und herzlich. Das Publikum feierte jede Aktion des Altmeisters, der als Ballverteiler vor der Abwehr noch einmal zeigte, was er kann. Rennen können schließlich die andern. Und wenn er sich auf den Ball gesetzt hätte - sie hätten ihn gefeiert. Schweinsteiger genoss die massive Zuneigung: „Das hat mich schon sehr berührt. Das hat man am Anfang auch gemerkt.“ Und gesehen. Am Anfang waren die Tränen.

Der Verband hatte vor dem Anpfiff eine kleine Zeremonie zu seinen Ehren veranstaltet, auf den Videoleinwänden lief ein Film mit Szenen aus seinem Leben als Fußballer, DFB-Präsident Reinhard Grindel sprach davon, dass Schweinsteiger „immer alles für unsere Nationalmannschaft, für alle Fans und für unser Land gegeben“ habe, die freundlichen Finnen schenkten ihm einen Blumenstrauß. Und Schweinsteiger war überwältigt. Er weinte. Nicht hemmungslos, aber ohne Scheu. Zwischendurch atmete er tief ein und wieder aus, versuchte es mit einem Lächeln, um dem Ausbruch ein Ende zu setzen - und weinte weiter. Erst als er das Mikrofon in der Hand hielt, hatte er sich gefasst: „Es war mir immer eine große Ehre, für Deutschland zu spielen. Und eine sehr große Ehre, für Euch Fans zu spielen.“

Quelle: n-tv.de

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