Sie stufte verarbeitetes Fleisch damit nun in die Gruppe 1 der krebserregenden Stoffe ein. Diese Gruppe beinhaltet Stoffe, für die es ausreichend Belege gibt, dass sie Tumoren auslösen können. Eine solche Einschätzung basiert auf Studien an Menschen, die den krebserregenden Stoffen ausgesetzt sind und zum Teil auch auf Tierstudien. In Gruppe 1 finden sich auch Nikotin, Asbest und Röntgenstrahlung.
Das bedeutet allerdings nicht, dass der Konsum von Wurstwaren ebenso gefährlich ist wie aktives oder passives Rauchen. Wie hoch das individuelle Risiko ist, an einem Tumor zu erkranken, hängt damit zusammen, wie stark jemand einem krebserregenden Stoff ausgesetzt ist. So entwickelt nicht jeder Raucher zwangsläufig in seinem Leben Lungenkrebs, sein Erkrankungsrisko für diese Tumorart ist aber im Vergleich zu einem Nichtraucher dramatisch.
Gleiches gilt für den Verzehr von Wurstwaren. Darunter zählen alle Produkte, die etwa verschiedene Fleischarten von Schwein, Rind oder auch Geflügel beinhalten. Verarbeitet heißt auch, das Fleisch kann gesalzen, gepökelt, geräuchert oder vergärt worden sein, um es entweder schmackhafter oder haltbarer zu machen. Allerdings: "Für den einzelnen bleibt das Risiko klein an Darmkrebs zu erkranken, wenn er oder sie verarbeitetes Fleisch konsumiert", zitiert die IARC Kurt Straif, der bei der Krebsforschungsagentur die Bewertung von Stoffen leitet. "Aber das Risiko erhöht sich mit der Menge an verzehrtem Fleisch."
Wer also viel Schinken, Mortadella, Salami und dergleichen isst, für den ist es wahrscheinlicher, dass in seinem Darm Zellen bösartig zu wuchern beginnen. Die Forscher entdeckten vor allem Belege für ein erhöhtes Darmkrebsrisiko, aber auch Hinweise, dass Wurstkonsumenten häufiger an Bauchspeicheldrüsen- und Prostatatumoren erkranken.
Rotes Fleisch hingegen, zum Beispiel ein unverarbeitetes Rindersteak, gilt nach der Bewertung nun als "wahrscheinlich krebserregend". Damit fällt es in die Gruppe 2A. Hier werden Stoffe einsortiert, die in Tierexperimenten Krebs verursacht haben, aber es nur begrenzte Belege für ihre Gefährlichkeit beim Menschen gibt. Zu rotem Fleisch zählt das Muskelfleisch aller Säugetiere, das heißt auch von Rind, Schwein, Lamm, Kalb, Schaf, Pferd und Ziege.
Wie viel Fleisch noch in Ordnung ist, kann niemand sagen
Was bedeutet das? Fleisch zu essen heißt nicht, automatisch an Krebs zu erkranken. Die internationale Arbeitsgruppe, die Fleisch und Wurstwaren bewertet hat, stützt sich auf mehr als 800 Studien der vergangenen zwei Jahrzehnte (Straif et al., 2015). Darin haben Forscher den Zusammenhang zwischen Krebs und Fleisch in verschiedenen Ländern und unter Bevölkerungen mit unterschiedlichen Ernährungsgewohnheiten untersucht.
Die Analyse eines kleinen Teils der Studien (zehn Forschungsarbeiten) hat ergeben, dass das Risiko an Darmkrebs zu erkranken, sich um 18 Prozent erhöht, wenn man täglich 50 Gramm verarbeitetes Fleisch verzehrt. Für rotes Fleisch ist die Beweislage weniger stark, hier könnte der Konsum von 100 Gramm täglich das Darmkrebsrisiko um 17 Prozent erhöhen. Was genau untersucht wurde, lässt sich hier nachlesen.
Was heißt das nun für die eigene Ernährung? Die IARC bewertet lediglich, ob Stoffe Krebs auslösen können oder nicht. Sie gibt keinerlei Empfehlungen, ab welcher Menge es gefährlich werden könnte, Fleisch und Wurst zu essen. Dafür sind einzelne Länder und die Weltgesundheitsorganisation zuständig. Ob es so etwas wie eine Verzehrobergrenze überhaupt gibt, ist fraglich, konnte nicht untersucht werden und ist vermutlich für jeden einzelnen anders zu bewerten.
Seit Jahren empfehlen Ernährungsexperten und Wissenschaftler aber ohnehin, wenig Fleisch und Fleischprodukte zu verzehren. So rät etwa die Deutsche Gesellschaft für Ernährung zu einer ausgewogenen Diät und dazu nicht mehr als 300 bis 500 Gramm Fleisch und Wurst pro Woche zu essen. Tatsächlich essen die Deutschen wohl deutlich mehr Fleisch. Das geht auch aus der letzten großen Erhebung dazu, der Nationalen Verzehrstudie II, hervor. Zwar sind die Daten fast zehn Jahre alt, doch geben sie einen Eindruck: Unter anderem zeigte sich, dass die Deutschen zu wenig pflanzliche Lebensmittel wie Gemüse und Obst und zu viel tierische Lebensmittel verzehren. Unter den Geschlechtern teilte es sich so auf: Männer aßen im Schnitt mit 156 Gramm pro Tag knapp doppelt so viel Fleisch, Wurstwaren und Fleischerzeugnisse wie Frauen mit 84 Gramm pro Tag.
Fleisch grundsätzlich zu verteufeln, ist ebenfalls falsch. Ein maßvoller Genuss hat auch gesundheitsfördernde Wirkung: Fleisch enthält mitunter wichtige Mineralstoffe und Vitamine. Weißes Fleisch, also Geflügel, gilt dabei als unbedenklicher als rotes Fleisch. In der Regel sollte man zudem fettarme Produkte vorziehen.
Laut der Internationalen Krebsforschungsagentur der WHO kann verarbeitetes Fleisch das Risiko für Darmkrebs erhöhen. Das Video zeigt eine Blitzumfrage von Passanten in Berlin.
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