Der 58-jährige Italiener blickt auf eine jahrelange Arbeit bei den Vereinten Nationen zurück: Er war von 2010 bis 2014 Chef des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA), nachdem er die Behörde mehrere Jahre lang als Stellvertreter geleitet hatte. Er arbeitete außerdem für die UN-Hilfsmission in Afghanistan und für das Flüchtlingshilfswerk UNHCR im Sudan, im Irak, in Syrien und in der Türkei. Zu humanitären Missionen war er unter anderem im Jemen und im Kongo.
Die Wahl des Italieners wird als Entgegenkommen an Italien gewertet, da das Land durch seine Lage am Mittelmeer besonders von der hohen Zahl ankommender Flüchtlinge betroffen ist. Thorning-Schmidt hatte schon im Sommer deutlich gemacht, dass sie sich für den Posten interessiert. Dem Vernehmen nach sprach nun aber die restriktive Asylpolitik Dänemarks gegen sie als Flüchtlingskommissarin. Außerdem gab es offenbar repräsentative Probleme, da ein Däne, nämlich Michael Möller, bereits das UN-Büro in Genf leitet.
Grandi übernimmt das Amt von Guterres in einer schwierigen Zeit. Derzeit sind nach UN-Schätzungen weltweit 60 Millionen Menschen vor Krieg, Gewalt und Vertreibung in ihren Ländern oder außerhalb ihrer Heimat auf der Flucht. Der UNO zufolge übersteigt die Zahl noch die der Schutzsuchenden während des Zweiten Weltkriegs.
Europa ist das erklärte Ziel vieler Flüchtlinge, weshalb der Andrang der Schutzsuchenden die europäischen Länder auf eine harte logistische und finanzielle Probe stellt. UN-Generalsekretär Ban rügte nun aber indirekt die nordeuropäischen Länder für Kürzungen bei der Entwicklungshilfe, um die Flüchtlingskrise zu bewältigen. Er nannte kein Land konkret - Finnland, Norwegen und Schweden planen derzeit aber alle entscheidende Einschnitte bei den Hilfsgeldern für arme Länder. Dänemark beschloss die Budget-Kürzungen bereits, die Niederlande erwägen Umverteilungen der Gelder.
"Die Ressourcen eines Bereichs sollten nicht auf Kosten eines anderen gehen", erklärte Ban. An der Entwicklungshilfe zu sparen sei "kontraproduktiv". Damit werde Millionen Menschen weltweit die Chance auf ein besseres Leben genommen.
Schweden, das gemessen am Verhältnis zu seiner Bevölkerungszahl EU-weit derzeit die meisten Flüchtlinge aufnimmt, hatte am Mittwochabend zudem erklärt, wegen der Flüchtlingskrise vorübergehend wieder Grenzkontrollen einzuführen. Die "Rekordzahl" eintreffender Flüchtlinge setze die Einwanderungsbehörde unter großen Druck und sei nach Einschätzung der Polizei eine "Gefahr für die öffentliche Ordnung", sagte Innenminister Anders Ygeman. Von heute Mittag an würden daher die Grenzen für vorerst zehn Tage wieder kontrolliert.
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