Autogramm Mercedes AMG GTC Roadster

  30 März 2017    Gelesen: 568
Autogramm Mercedes AMG GTC Roadster
Mercedes hat beim AMG GT das Dach wegfliegen lassen. Mit dem Roadster will Daimler Konkurrenten wie Porsche weiter angreifen - zunächst macht das Auto aber ein Modell aus den eigenen Reihen überflüssig.
Der erste Eindruck: Wow, für einen Mercedes hat der AMG GTC fast schon obszöne Rundungen.

Das sagt der Hersteller: "Wir wollten mit dem GT frischen Wind ins Segment der Sportwagen bringen", sagt Jürgen Hirsch aus der AMG-Entwicklung mit Sitz in Affalterbach. Absatzzahlen für den Zweitürer möchte er zwar nicht nennen, doch laut Statistik des Kraftfahrt-Bundesamts waren es 2016 in Deutschland rund 1300 Neuzulassen. Das sieht nach gelungenem Einstand aus - auch wenn der Porsche 911 in der gleichen Statistik auf 8016 Exemplare kommt.

Der Porsche kostet weniger, ist das traditionsreichere Auto, und es gibt zahlreiche Varianten. Letzteres strebt auch Mercedes AMG an, weshalb AMG-Chef Tobias Moers bei den neuen Roadster-Modellen von einer "strategischen Ausweitung der GT-Familie" spricht.

Mit den Coupés GT, GTS, GTC und GTR, dem Rennwagen GT 3 und den beiden neuen Roadstern ist die Familie des Sportwagens bereits auf sieben Mitglieder gewachsen. Doch dabei soll es nicht bleiben. So hat AMG bereits die Serienfassung der viertürigen GT-Studie bestätigt und eine aufgemotzte "Black Series" in Aussicht gestellt. "Für die Zukunft des GT", so kokettiert Moers mit der brachialen Top-Version, "sehe ich schwarz."

Das ist uns aufgefallen: Es sind nur elf Sekunden, doch im GT Roadster kommt einem diese Zeitspanne vor wie eine Ewigkeit. Elf Sekunden, dann hat sich das knappe Stoffdach elektrisch hinter die Sitze gefaltet. So lange muss man sich zusammenreißen und mit weniger als 50 km/h dahinfahren. Klingt banal, ist aber schwierig, denn in diesem Wagen drängt alles nach vorn. In rund vier Sekunden könnte man mit dem Auto auf Tempo 100 beschleunigen; oder, mit elektronischer Hilfe für den perfekten Kavalierstart, in elf Sekunden weit mehr als 200 Sachen schnell sein. Das gilt für den normalen GT Roadster mit 476 PS Leistung und 630 Nm Drehmoment, und erst recht für den GTC mit 557 PS und 680 Nm.

Der vier Liter große V8-Motor reagiert so giftig auf jeden Gasstoss, dass man entweder feinfühlige Füße oder eine stabile Nackenmuskulatur braucht. Überhaupt das Set-up: Wie die Variante GT-R hat auch der GTC ein elektronisches Sperrdifferenzial an der Hinterachse und lenkt mit den 305er-Reifen aktiv mit. Das Differenzial verbessert dazu die Traktion der Antriebsräder, damit man nach dem Scheitelpunkt der Kurve sogleich wieder aufs Gas treten kann.

Die Hinterachslenkung wiederum verkürzt virtuell den Radstand, und das Auto kommt leichter ums Eck. In Kombination können beide Systeme zu einer Sinnestäuschung führen: Obwohl der Wagen mit 4,56 Meter Länge und 1,7 Tonnen Gewicht ziemlich stattlich daherkommt, fühlt er sich handlich und leicht an.

Ein puristischer Racer ist der Wagen indes nicht. Bei einem Mercedes muss offenbar immer noch ein gewisses Maß an Luxus geboten werden - das gilt auch für die Autos der selbst ernannten "Performance-Marke" AMG. Wählt man also den Fahrmodus "Comfort", kann man sich entspannt zurücklehnen, den Nackenföhn anschalten und die Sitzklimatisierung genießen.

Auf der einen Seite ist das schade, weil der GT als Roadster trotz vergleichbarer Leistungsdaten nicht ganz so rabiat und lustvoll ist wie ein Lamborghini Huracan, ein Audi R8 oder ein Ferrari 488. Auf der anderen Seite jedoch ist es ein Vorteil, weil man das teure, offene Auto öfter und vor allem länger genießen kann.

Für diesen Kompromiss stand im Daimler-Portfolio bislang vor allem ein anderes Modell, und damit wirft der Wagen eine Frage auf: Was wird aus dem Mercedes SL? Der ist nämlich in seiner aktuellen Verfassung ein hoffnungslos vernachlässigtes Klappdachmodell - und ist entsprechend erfolglos. Wo zwischen dem sportlichen GT Roadster und dem luxuriösem S-Klasse Cabrio zukünftig noch Platz für den Klassiker SL sein soll, ist jedenfall unklar.

Das muss man wissen: Die Auslieferung des GT Roadsters startet in diesen Tagen, und die Preise beginnen bei 129.180 Euro für das Grundmodell und 160.650 Euro für den GTC. Damit liegt der Aufpreis für die Variante mit dem dreilagigen Faltverdeck mit einer massiven Unterschicht aus Aluminium, Magnesium und Kunststoff bei gut 12.000 Euro.

Die Roadster-Variante verfügt aber auch über ein paar weitere Finessen, die schrittweise sicher auch im Coupé zum Einsatz kommen werden. Um das Gewicht zu drücken und den Schwerpunkt zu senken, wird etwa der Deckel für den 165 Liter fassenden Kofferraum aus Karbon gefertigt. Und zugunsten der Aerodynamik gibt es hinter dem Kühlergrill ein sogenanntes Airpanel - eine Jalousie, mit der sich der Schlund öffnen und schließen lässt.

Das werden wir nicht vergessen: Den Blick zurück im geschlossenen Auto. Der blieb nämlich erst an einem Windschott hängen, das billig aussieht und kaum Wirkung zeigt, und danach verlor er sich zwischen dem Buckel des Verdeckkastens und der kleinen Heckscheibe. Zum Glück lässt sich das Dach öffnen und damit eine Rundumaussicht herstellen.

Fahrzeugschein
Hersteller: Mercedes
Typ: AMG GT C Roadster
Karosserie: Roadster
Motor: V8-Turbobenziner-Direkteinspritzer
Getriebe: Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe
Antrieb: Heck
Hubraum: 3.982 ccm
Leistung: 557 PS (410 kW)
Drehmoment: 680 Nm
Von 0 auf 100: 3,7 s
Höchstgeschw.: 316 km/h
Verbrauch (ECE): 11,4 Liter
CO2-Ausstoß: 259 g/km
Kofferraum: 165 Liter
Gewicht: 1.660 kg
Maße: 4551 / 2007 / 1260
Preis: 160.650 EUR

Quelle : spiegel.de

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