Wird Maskottchen Erwin gesperrt?

  02 April 2017    Gelesen: 443
Wird Maskottchen Erwin gesperrt?
Schalkes Maskottchen zeigt dem Schiedsrichter die Rote Karte, prompt folgt die Forderung nach Sanktionen. Doch dazu wird es wohl nicht kommen, und so freut sich das blau-weiße Lager am Ende trotz eines nicht gegebenen Elfmeters.

Als das Revierderby zwischen Schalke 04 und Borussia Dortmund, jener immer junge Klassiker an der B1, in der Endphase seiner 150. Auflage seinen emotionalen Höhepunkt erreichte, brachen auf Schalke alle Dämme: Schalkes Kapitän Benedikt Höwedes rutschte auf den Knien auf Felix Zwayer zu, als habe er gerade das entscheidende Tor erzielt, um den Schiedsrichter bildete sich ein blaues Rudel, das wütend protestierte und kurz nach dem Abpfiff wurde die Szenerie dann richtig skurril: Das Derby war zwar mit einem 1:1-Unentschieden beendet, doch Zwayer wurde immer noch von etlichen Schalkern bestürmt, als sich plötzlich das Maskottchen Erwin vor dem Unparteiischen aufbaute und ihm die Rote Karte unter die Nase hielt, die dem Berliner in den ebenso hektischen wie aufgewühlten Schlussminuten unbemerkt aus der Tasche gerutscht war.

Diese Sequenzen werden mit Sicherheit in jedem Rückblick auf die Bundesliga-Saison 2016/2017 zu sehen sein, denn solche Bilder hat es selbst im an Geschichten und Anekdoten so reichen Klassiker des Westens noch nicht gegeben. Zwayer stand am Pranger, doch nach diesen Bildern schwangen sich beim Bezahlsender "Sky" die Ordnungshüter auf und forderten, den Malocher Erwin, der die Fans bislang stets vom Spielfeldrand aus bespaßte, zu sanktionieren.

Fehlentscheidung oder nicht?

Was war passiert, dass die Gemüter dermaßen in Wallung gerieten? In der Nachspielzeit, als sich die Gastgeber nach dem Führungstreffer für den BVB durch Pierre-Emerick Aubameyang (53.) dank des Tors von Thilo Kehrer (77.) ins Spiel zurückgekämpft hatten, wurde der Ball nach einer Ecke in den Dortmunder Strafraum geschlagen, sprang an den Fuß von Manndecker Marc Bartra und von dort an seine hoch aufgereckte Hand.

Ein klarer Strafstoß, wie viele Beobachter meinten. Die ohnehin schon tobendende Kulisse auf der Nordtribüne explodierte, die Volksseele kochte, doch Zwayers Pfeife blieb stumm.

Schalkes Trainer Markus Weinzierl regte sich dermaßen auf, dass er in die Katakomben geschickt werden musste, später bei der Pressekonferenz hatte er sich wieder im Griff. Der Bayer erinnerte an den Gladbacher Kollegen, der vor kurzem beim Euro-League-Duell zwischen der Borussia vom Niederrhein und den Schalkern die spielentscheidende Fehlentscheidung gegen sein Team mit bemerkenswerter Haltung hingenommen hatte. An diesem Vorbild wollte sich Weinzierl nun orientieren: "Dieter Hecking hat mir echt imponiert, als er zum Handelfmeter nichts gesagt hat. Deshalb werde ich heute auch nichts dazu sagen." Nur so viel: "Ich habe ein klare Meinung."

Welche das ist, brauchte der Mann aus Straubing nicht weiter zu erläutern. Auch sein Kollege Thomas Tuchel räumte ein, in dieser Szene "Glück gehabt" zu haben: "Den Elfmeter hätte man durchaus pfeifen können - aber nicht müssen." Zwayer selbst stufte den Vorgang als "diskutabel" ein, nahm aber für sich in Anspruch: "Es war keine klare Fehlentscheidung."

"Haben gute Moral gezeigt"

Am Ende hatte das Revierderby, das so schwer in Gang gekommen war, also doch noch einen echten Aufreger. Und mit dem FC Schalke ein Team, das von seinen Fans für das Remis frenetisch gefeiert wurde. Ein Umstand "der viel aussagt über das Kräfteverhältnis beider Klubs", wie Watzke anmerkte. Aber auch, mit wie viel Leidenschaft die Schalker im beginnenden Frühjahr agieren. Spielerisch und vom Tempo ihrem ewigen Rivalen unterlegen, gaben sie sich nach dem Rückstand jedoch nicht auf und kämpften sich in die Partie zurück. Insofern durfte Königsblau das Remis tatsächlich als moralischen Sieg verbuchen. "Wir haben gute Moral gezeigt und waren zum Schluss dem Sieg näher", konstatierte Weinzierl mit einem Lächeln.

Schalke bleibt eine Mannschaft, die nach dem radikalen Schnitt im letzten Sommer, als Trainer und der Manager ausgetauscht und zudem noch jede Menge neue Spieler geholt wurden, auf der Suche nach Stabilität und Souveränität ist. Immerhin kann Weinzierl nach dem krassen Fehlstart mit fünf Niederlagen zu Saisonbeginn inzwischen darauf verweisen, dass er ein Ensemble auf den Rasen schickt, das einen tadellosen Arbeitsethos an den Tag legt. Das allein macht zwar noch kein Spitzenteam aus, doch es scheint eine gesunde Basis zu sein, auf der man aufbauen kann. Die Fans sind zufrieden, das Umfeld bleibt ruhig und Christian Heidel hat den Rücken frei, um die Dinge weiter zu gestalten.

Doch was wird nun aus Erwin, dem außer Kontrolle geratenen Glücksbringer? Eine Sperre für ein Maskottchen, auch das wäre ein einmaliger Vorgang in mehr als 50 Jahren Bundesliga. Dazu wird es wohl kaum kommen, zumindest, wenn es nach Schalkes Manager geht, der die hitzigen Diskussionen süffisant weglächelte: "Sollen wir jetzt alle zum Lachen in den Keller gehen? Wenn Erwin vorgeladen wird", sagte Heidel, "fahre ich ihn persönlich zum Gericht. Er kommt dann in Uniform nach Frankfurt."

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