Türkei schickt Berlin neue Feindes-Liste

  06 April 2017    Gelesen: 458
Türkei schickt Berlin neue Feindes-Liste
Die Behörden in Deutschland bekommen erneut Material aus Ankara über Regierungsgegner. Laut einem Bericht wird darin über angebliche Gülen-Anhänger, aber auch Vereine berichtet. Der Islamverband Ditib gerät wieder unter Spionageverdacht.
Die Türkei hat der Bundesregierung offenbar ein zweites Dossier über mutmaßliche Regierungsgegner überreicht. Die Materialien enthielten Angaben zu Personen, die nach türkischen Angaben im Zusammenhang mit Terrorismus stünden, verlautete aus dem Bundesinnenministerium. Das Dossier sei bei einer Dienstreise einer Delegation unter Leitung von Innenstaatssekretärin Emily Haber übergeben worden. Die Materialien seien dem Bundeskriminalamt und dem Bundesamt für Verfassungsschutz übergeben worden.

Nach Informationen der "Zeit" wurde Haber Anfang März eine umfangreiche Materialsammlung übergeben. Darin fänden sich Berichte über angebliche Anhänger des Predigers Fethullah Gülen, Angaben zu Vereinen und Kulturgruppen, aber auch Details zu Personen in Deutschland, die die Türkei des Terrorismus bezichtigt und die Deutschland verfolgen solle.

Wer diese Informationen sammelte, ist unbekannt. In einem Geheimvermerk der deutschen Sicherheitsbehörden heißt es dem Blatt zufolge jedoch, es handele sich mutmaßlich um vom türkischen Islamverband Ditib gesammeltes Material. Die türkische Regierung spreche von "Beweismaterial".

Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte eher allgemein, die Türkei bleibe ein wichtiger Partner im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus. Es müsse immer darauf geachtet werden, ob rechtsstaatliche Mindestanforderungen beim Informationsaustausch eingehalten würden. Dieser Austausch bleibe aber wichtig und solle fortgesetzt werden. Es sei zudem ein "durchaus üblicher Vorgang", dass bei Dienstreisen auch in andere Länder solche Informationen ausgetauscht würden.

Ditib bereits im Visier der Justiz

Der türkische Geheimdienst hatte dem Bundesnachrichtendienst bereits im Februar eine Liste mit angeblichen Gülen-Anhängern übergeben, offenbar in Erwartung von Amtshilfe. Darauf standen rund 300 Namen, vorwiegend von angeblichen Anhängern der Gülen-Bewegung. Auch die Namen von zwei deutschen Politikerinnen waren auf der Liste, darunter die SPD-Bundestagsabgeordnete Michelle Müntefering.

Die Bundesanwaltschaft hat deshalb Ermittlungen gegen den türkischen Geheimdienst MIT wegen des Verdachts auf Spionage aufgenommen. Die Karlsruher Behörde ermittelte bereits, weil Geistliche des Islamverbandes Ditib Gülen-Anhänger in Deutschland ausspioniert haben sollen. Die Vereinigung weist dies zurück.

Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan macht den im US-Exil lebenden Gülen für den Putschversuch im Sommer 2016 verantwortlich. Vertreter der Bundesregierung hatten es als nicht hinnehmbar bezeichnet, dass in Deutschland lebende Menschen von ausländischen Geheimdiensten ausspioniert werden.

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