Aber diese spezielle Unwahrheit hat doch etwas andere Ausmaße als beispielsweise seine Behauptung, die illegale Einwanderung habe unter den vorangegangenen Regierungen zugenommen (falsch) oder der Tweet, in dem er schrieb, es gebe kein Chaos im Weißen Haus (zweifelhaft). Die jüngste Unwahrheit war die Erklärung seines Sohnes Donald Trump Junior über sein Treffen mit angeblichen russischen Informanten im Wahlkampf. Der Präsident persönlich hat sie diktiert.
Laut "Washington Post" hatten sich Trumps Berater ursprünglich darauf verständigt, dass Trump Junior die Wahrheit sagen sollte. Dies schien die sinnvollste Strategie zu sein, da die Erklärung dann später nicht widerlegt werden könnte. Doch der Präsident entschied in letzter Minute, dass es anders gemacht werden sollte. Auf dem Rückflug vom G20-Gipfel in Hamburg habe Trump persönlich das Statement diktiert, das später veröffentlicht wurde. Darin sagt Trump Junior, dass er und die russische Rechtsanwältin bei ihrem Treffen im Juni 2016 vor allem über die Adoption russischer Kinder durch US-Bürger gesprochen hätten. Der Wahlkampf sei kein Thema gewesen.
Die Anwälte von Trump Senior und Junior wiesen den Bericht der "Washington Post" zurück. Der Anwalt von Trump Junior sagte, er habe keine Hinweise, "die diese Theorie unterstützen". Die Zeitung dagegen beruft sich auf mehrere Berater des Präsidenten, die namentlich nicht genannt werden wollten.
In Wahrheit ging es um Clinton
Nur wenige Tage nach Veröffentlichung der Erklärung kam heraus, dass in Wahrheit der Wahlkampf das zentrale Thema des Treffens war. Um der "New York Times" zuvor zu kommen, veröffentlichte Trump Junior E-Mails, aus denen hervorgeht, wie sehr er sich darauf freute, von der Rechtsanwältin Informationen über die demokratischen Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton zu bekommen. Trump Junior hielt die Rechtsanwältin für eine Vertreterin des russischen Staates. Mittlerweile ist bekannt, dass sie Verbindungen zum russischen Geheimdienst hatte.
Die Intervention von Trump Senior zugunsten seines Sohnes ging also gründlich daneben. "Dies war … unnötig", zitiert die "Washington Post" einen der Berater des Präsidenten. "Jetzt kann man behaupten, dass er derjenige war, der versucht hat zu täuschen. Man kann sich auf den Standpunkt stellen, dass der Präsident sagt, dass er nicht will, dass man die ganze Wahrheit sagt." Das ist vornehm ausgedrückt. Man könnte auch sagen, dass der Präsident eine Lüge diktiert hat.
Dass Trump an der Erklärung seines Sohnes beteiligt war, hatte schon die "New York Times" gemeldet, die die Geschichte des Treffens enthüllte. Neu ist, dass der Text offenbar vom Präsidenten persönlich kommt.
Trump selbst befeuert den Russland-Verdacht
Die Medien oder die Öffentlichkeit in die Irre zu führen, ist kein Verbrechen. Berater von Trump und seiner Familie sagten der "Washington Post" allerdings: Sie befürchten, jeder Hinweis darauf, dass Trump versuche, Informationen über Kontakte zwischen seinem Wahlkampfteam und Russen zu verbergen, werde unweigerlich zu weiteren Untersuchungen des Sonderbeauftragten Robert Mueller führen.
Ex-FBI-Chef Mueller wurde von Vizejustizminister Rod Rosenstein berufen, um aufzuklären, ob es geheime und illegale Kontakte zwischen Trumps Wahlkampf-Mitarbeitern und der russischen Regierung gab. Die US-Geheimdienste sind davon überzeugt, dass Russland versucht hat, die Präsidentschaftswahlen in Trumps Sinne zu beeinflussen. Tatsächlich gab es Hacker-Angriffe auf die Demokratische Partei, die Clinton schadeten. Die Umstände des Treffens mit der russischen Anwältin legen die Vermutung nahe, dass zumindest die daran Beteiligten keine Skrupel gehabt hätten, Material der russischen Geheimdienste zu nutzen. Einen Beweis, dass so etwas passiert ist, haben bisher weder die Untersuchungsausschüsse des Kongresses noch Mueller oder die US-Medien präsentiert.
Trump selbst hat den Verdacht mehrfach durch sein Verhalten befeuert, zum Beispiel, als er FBI-Chef James Comey entließ und dann dem russischen Außenminister Sergej Lawrow sagte, dadurch sei er "starken Druck" losgeworden. Auch die Behauptung, dass es bei dem Treffen seines Sohnes mit der Anwältin um Adoptionen gegangen sei, kann man als Hinweis interpretieren, dass Trump etwas zu verbergen hat.
"Er glaubt nicht, dass er sich in irgendeiner juristischen Gefahr befindet, deshalb sieht er das als politisches Problem, das er alleine lösen wird", sagte ein Präsidentenberater der "Washington Post". In den USA gibt es ein Sprichwort, das in diesem Zusammenhang immer wieder zitiert wird: Wenn du in einem Loch bist, hör auf zu graben.
Quelle: n-tv.de
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