Die Internationale Gemeinschaft muss Druck auf Armenien ausüben

  23 Auqust 2017    Gelesen: 892
Die Internationale Gemeinschaft muss Druck auf Armenien ausüben
Die Internationale Gemeinschaft muss Druck auf Armenien ausüben, dem internationalen Recht, den vier Beschlüssen des UN Sicherheitsrates zu gehorchen und auf der Stelle seine bewaffneten Truppen zurückzuziehen, sagt Tale Heydarov im Interview.
Tale Heydarov, aserbaidschanischer Unternehmer und Förderer von sozialen, kulturellen und wohltätigen Projekten, ist Gründer und Vorsitzender von TEAS. Um seine Heimat stärker in den Fokus der europäischen Öffentlichkeit zu rücken, gründete er 2006 noch während seines Studiums der Internationalen Beziehungen und Geschichte an der London School of Economics die „LSE Azerbaijani Society“. Unter seiner Leitung ist aus der einstigen Studentenvereinigung mit TEAS eine europaweite Organisation hervorgegangen, mit Büros in Baku, London, Paris, Berlin Brüssel, Istanbul, Straßburg und Paris.

Herr Heydarov, vielen Dank, dass sie sich dazu bereit erklärt haben unsere Fragen heute zu beantworten. Sie engagieren sich auf unterschiedlichen Wegen für eine friedliche Lösung des armenisch-aerbaidschanischen Konfliktes um Bergkarabach. Können Sie die Ursprünge dieses Konfliktes beschreiben?

Als in den späten 1980ern der Zerfall der Sowjetunion begann und die Aufmerksamkeit der Welt auf die furchtbaren ethnischen Säuberungen im ehemaligen Jugoslawien gerichtet war, hat Armenien die Chance ergriffen in Bergkarabach und sieben andere aserbaidschanische Regionen einzumarschieren. Das entspricht ungefähr 20% des aserbaidschanischen Territoriums und daraus resultierten 30.000 Tote und ungefähr eine Million Aserbaidschaner wurden zu Binnenvertriebenen (IDPs) und Flüchtlingen. Das stellt eine der höchsten Anteile an Vertriebenen pro Kopf in der Welt dar.

Zwischen 1988 und 1994 ist der Konflikt eskaliert. Woran hat sich die Eskalation entzündet, und was waren die Konsequenzen?

Die Armenier entschieden von Anfang an, dass die Bewohner bis zur Flucht zu terrorisieren die beste Möglichkeit ist, so viel Territorium wie möglich zu erobern. Ereignisse wie das Massaker an der Zivilbevölkerung Khojalys von 1992 verbreiteten die Angst in andere Orte, und viele Bewohner flohen, bevor sie angegriffen wurden. Dieser bösartige Plan zur ethnischen Säuberung schuf die Vorraussetzungen für einen besonders brutalen Konflikt.

Sie haben Khojaly erwähnt. Was passierte 1992?

In der Nacht vom 25.-26. Februar 1992 haben bewaffnete armenische Truppen – unterstützt vom skrupellosen 366. Motorschützen Regiment der Roten Armee – Khojaly umzingelt und sind dann dazu übergegangen, es mit Mörser und Artilleriefeuer zu bombardieren. Als die restliche, in Schrecken versetzte, Zivilbevölkerung floh, wurden sie aus dem Hinterhalt angegriffen und abgeschlachtet. Dabei wurden viele ihrer Leichen verstümmelt. Insgesamt wurden 613 Männer, Frauen, Kinder und ältere Menschen in dieser Nacht getötet – und viele Andere wurden als Geiseln gefangengenommen und gefoltert.

Seit dem Waffenstillstand 1994 wurde die OSZE Minsk Gruppe damit beauftragt einen nachhaltigen Frieden zu erreichen. Wie sehen die Ergebnisse bis jetzt aus?

Traurigerweise hat es, trotz vielen Stunden des Gesprächs, seit über 20 Jahren keine Fortschritte gegeben. Zu einem Zeitpunkt wurde eine Kompromissvereinbarung – die Madrider Prinzipien – die von der OSZE Minsk Gruppe aufgesetzt wurden, von aserbaidschanischer Seite akzeptiert. Neben anderen Klauseln forderten sie die Rückgaben der sieben, an Bergkarabach angrenzenden, Provinzen und sie ließen einen hohen Grad an Autonomie für Bergkarabach innerhalb Aserbaidschans zu. Jedoch wurde dies in der Folge von der armenischen Seite abgelehnt.

Wie werden der Konflikt und seine Folgen international berücksichtigt?

Trotz der vier beschlossenen Resolutionen des UN Sicherheitsrates von 1993, die Armenien anweisen ihre bewaffneten Kräfte aus den besetzten Gebieten zurückzuziehen, hat die internationale Gemeinschaft keine Bemühungen gemacht ihre Befolgung durchzusetzen.

Wie ist es dann möglich, dass Armenien fast 20% des aserbaidschanischen Staatsterritoriums – unter Missachtung der vier Beschlüsse des UN Sicherheitsrates – besetzt hält?

Der internationalen Gemeinschaft mangelt es am Willen die Resolutionen des UN – Sicherheitsrates durchzusetzen. Die OSZE Minsk Gruppe, gegründet um eine Lösung des Konfliktes zu erarbeiten, weigert sich allerdings diesen Stier bei den Hörnern zu packen. Die rechtliche Position ist eindeutig und schwarz auf weiß von allen internationalen Organisationen anerkannt. Aserbaidschanisches Land ist illegal besetzt, aber die Bürokraten reden von Kompromiss und Verhandlung. Kompromisse schließen und verhandeln mit einem Dieb, der aserbeidschanisches Land, Eigentum und Leben gestohlen hat. Sie warnen davor, dass es keine militärische Lösung für das Problem gibt. Aber wie ist das Problem entstanden? Genaugenommen durch einen militärischen Angriff und Invasion. Die Minsk Gruppe sagt nichts dazu. In der Tat ist Aserbaidschan dazu angehalten friedlich mit einem der leitenden militärischen Figuren der Truppen, die besetzt, vertrieben und getötet haben – Armeniens Präsident Serzh Sargsyan – zu verhandeln. Schlussendlich besteht die Minsk Gruppe aus drei Leuten, jeweils einer aus Russland, den USA und Frankreich. Dies sind die Länder mit den größten armenischen Diasporagemeinden, welche die Politiker beeinflussen.

Der Konflikt wird allgemein als „frozen conflict“ bezeichnet. Ist das eine angemessene Beschreibung für den Status Quo?

Das ist absolut nicht der Fall. Es gibt einen täglichen Austausch von Scharfschützenfeuer über die ‚Kontaktlinie‘ zwischen Aserbaidschan und den armenisch besetzten Gebieten und gerade letzten Monat nahmen die armenischen Kräfte die Zivilbevölkerung des Dorfes Alkhanly ins Visier. Dabei wurden die zweijährige Zahra Guliyeva und ihre Großmutter getötet.

Im ersten Augenblick scheint der Konflikt, als ein Problem des Südkaukasus’, weit entfernt, und daher sieht es so aus, als hätte er wenig Einfluss auf uns und unser Leben in Westeuropa. Können Sie uns die Gründe nennen, warum der Konflikt nichtsdestotrotz überregional Bedeutung besitzt?

Die Region Südkaukasus liegt am Kreuzweg zwischen Europa, Zentralasien und dem Mittleren Osten. Eine völlige Wiederaufnahme des Konfliktes könnte einen tief gehenden Destabilisierungseffekt auf alle diese Regionen haben. Aserbaidschan ist mit Kohlenwasserstoffen gesegnet und es gibt Ölpipelines, die ein großes Gebiet bedienen, die dadurch beeinträchtigt würden. Weiterhin ist der „Southern Gas Corridor“, – derzeit im Bau – dazu bestimmt die Treibstoffversorgung vieler Ost- und Westeuropäischen Staaten sicherzustellen und zu diversifizieren. Dies würde bei jeglicher Ausweitung des Konfliktes in ernsthafte Gefahr geraten.

Was muss aus Ihrer Sicht getan werden, dass der Konflikt nach 25 Jahren gelöst werden kann?

Die Internationale Gemeinschaft muss Druck auf Armenien ausüben, dem internationalen Recht, den vier Beschlüssen des UN Sicherheitsrates zu gehorchen und auf der Stelle seine bewaffneten Truppen zurückzuziehen.

Sie sind Gründer und Chairman von The European Azerbaijan Society (TEAS). Wie lauten die Zielsetzungen von TEAS?

TEAS überwiegende Aufgabe ist es die Verbindungen zwischen Aserbaidschan und Europa und alles was das Land zu bieten hat aufzuzeigen. Wir fördern die aserbaidschanische Kultur und den zwei-wege Handel sowie Investitionen. Wir heben auch das Schicksal der einen Million Flüchtlinge und IDPs, die die andauernden Opfer des Konfliktes sind, hervor und fordern eine gerechte Wiederherstellung ihres Rechtes in Frieden in ihrem eigenen Zuhause, Land, Eigentum und Bundesland zu leben.

Quelle: theeuropean

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