Zapad 2017 hat begonnen – woher kommt die Angst im Westen?

  14 September 2017    Gelesen: 1247
Zapad 2017 hat begonnen – woher kommt die Angst im Westen?
Moskau und Minsk trainieren gemeinsam den Antiterrorkampf: Die strategische Armeeübung Zapad 2017 hat heute, am 14. September auf mehreren Übungsplätzen in Russland und Weißrussland begonnen. Kritiker im Westen warnen vor fast schon drohender Invasion der Russen in die EU, wie die Zeitung „Wedomosti“ berichtet.
Schon lange vor dem Start machte Zapad-2017 EU-Politiker und Nato-Vertreter nervös. Das Militärmanöver könne als Vorwand für eine Invasion in die baltischen Staaten genutzt werden, warnte die litauische Präsidentin Dalia Grybauskaite Anfang Februar in einem Interview mit der Zeitschrift „Foreign Policy“. Und die Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen sah auf einmal eine ganze Heerschar an den Ostgrenzen der EU aufmarschieren, schätzte sie doch die Zahl der Übungsteilnehmer auf ganze 100.000 Mann.

Jetzt aber die Fakten zu Zapad-2017: Russland und Weißrussland schicken insgesamt 12.700 Mann in den Übungskampf. Weißrussland stellt 5.500, Russland 7.200 Soldaten – 3.000 von ihnen werden nach Weißrussland entsandt. Zahlen zu eingesetzter Technik: 70 Flugzeuge und Hubschrauber, rund 250 Panzer, bis zu 200 Artilleriesysteme und Granatwerfer, 10 Schiffe. Die Daten stammen vom russischen Vize-Verteidigungsminister Alexander Fomin, der das Militärmanöver ausländischen Militärattachés Ende August in Moskau erklärte.

Diese Zahlen liegen unterhalb der Obergrenze, die das Wiener Dokument von 2011 vorsieht, ein Papier über vertrauens- und sicherheitsbildende Maßnahmen im Militärbereich. Deswegen müssen Russland und Weißrussland keine ausländischen Beobachter zu Zapad-2017 einladen. Das weißrussische Verteidigungsministerium hat sie dennoch zur Übung gebeten. Die Russen ihrerseits haben ausländische Journalisten eingeladen. Die Übungslage sieht einen „Kampf gegen Terroristen“ vor, „die aus dem Ausland unterstützt werden“, erklärte der russische Vize-Verteidigungsminister Fomin.

Manch ein westlicher Experte behaupte indes, diese Zahlen seien zu gering, sagt der Analyst Wiktor Murachowski, Chef-Redakteur eines russischen Militärmagazins.

„Es wird kritisiert, bei den Daten würden die beteiligten Kräfte anderer Behörden nicht mitgezählt – wie auch jene Einheiten, die parallel zu Zapad-2017 an anderen Übungen teilnehmen. Als Beweis wird die Bestellung des russischen Verteidigungsministeriums von 40.000 Bahnwagons für Armeetransporte zwischen Russland und Weißrussland angeführt.“

Doch: „Das Wiener Dokument sagt klipp und klar, dass das Personal anderer Behörden – in diesem Fall sind es das Innenministerium, der FSB, das Industrie- und Handelsministerium und sogar die russische Zentralbank – bei der Zählung der Übungskräfte nicht berücksichtigt wird. Und Übungen, die mit Zapad-2017 im Zusammenhang stehen, sind vorher schon abgehalten worden – etwa das Versorgungsmanöver in der russischen Region Jaroslawl im August. Auch deren Personalstärke wird in die Berechnung nicht einbezogen“, erklärt der Fachmann.

Was die 40.000 Bahnwagons angeht, die das russische Verteidigungsministerium bestellt hat:

„Sie sind in der Tat für Militärtransporte zwischen Russland und Weißrussland bestimmt, aber für das gesamte Jahr“, erklärt Murachowski. Auch liege der Schwerpunkt des Manövers eher auf der Führungs- und Kommandoebene, so der Analyst weiter. Deshalb sei die Zahl der beteiligten Kräfte derart gering: „Ein Panzerbataillon simuliert eine Division, eine Kompanie von Marineinfanteristen simuliert eine Brigade.“

Warum dann die Aufregung von Nato-Politikern? Der Politologe Prochor Tebin, Experte des russischen Rates für Internationales, sieht drei Gründe für den Alarmismus: Man müsse ja die „russische Gefahr“ immer wieder heraufbeschwören. Eine Rolle spiele aber auch die Wichtigtuerei. „Für Polen, die Ukraine und die baltischen Staaten ist es weniger der Ausdruck realer Ängste, als vielmehr der Wunsch, die eigene Bedeutung für die Vereinigten Staaten hervorzuheben“, sagt der Analyst.

Und dann ist da noch der Kampf ums Militärbudget: „Daran hat das Oberkommando der US-Streitkräfte in Europa ein Interesse, auch die US-Armee und natürlich die US-amerikanischen Rüstungsfirmen – derzeit geht es ja auch um die Lieferung von Patriot-Raketen an Polen und Rumänien“, sagt der Politologe Tebin.

Einen Grund, an der angekündigten Personalstärke von Zapad-2017 zu zweifeln, gebe es jedenfalls nicht, beruhigt der Experte. Natürlich sei dabei die Zählweise ausschlaggebend: „Nimmt man die Kräfte anderer Behörden hinzu und auch jene Einheiten, die an der Zapad-Übung zwar nicht beteiligt sind, aber parallel dazu auf ihre Gefechtsbereitschaft hin überprüft werden, dann ist die Zahl natürlich höher als die vorgeschriebene Obergrenze.“

Nur sei das mit Blick auf die Vereinigten Staaten und die Nato absolut fair: „Sie halten häufig zu gleicher Zeit mehrere Großmanöver ab“, erinnert der Experte. „So haben parallel zu Anaconda 2016 auch die großen angekündigten Übungen Saber Strike und Swift Response stattgefunden.“

Quelle:sputnik.de

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