Angriff des Drohnenschwarms

  13 Januar 2018    Gelesen: 1161
Angriff des Drohnenschwarms
Ferngesteuerte Flugkörper haben russische Militärstützpunkte in Syrien angegriffen. Moskau versucht, den Verdacht auf die USA und die Ukraine zu lenken. Was steckt dahinter?
Wladimir Putin gab sich kämpferisch. Gerade hatte er mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan wegen die Situation in Syrien telefoniert, nun saß er im Kreise der wichtigsten Chefredakteure Russlands in der Redaktion des Kreml-nahen Massenblattes "Komsomolskaja Prawda". "Es waren Provokateure, aber nicht die Türken. Und wir wissen, wer sie sind, wir wissen, wie viel sie wem für diese Provokation bezahlt haben", sagte Putin.

Eine Provokation nennt der russische Präsident das, was auf der russischen Luftwaffenbasis Hmeimim und dem nahe gelegenen Marinestützpunkt Tartus in Syrien passiert ist. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau waren beide Militäranlegen in der Nacht vom 5. auf den 6. Januar von mit Sprengstoff bestückten Drohnen angegriffen worden. Beim Angriff auf Hmeimim sollen zehn, bei der Attacke auf Tartus drei unbemannte Flugzeuge eingesetzt worden sein.

Sieben Drohnen seien von Flugabwehrsystemen abgeschossen, sechs weitere "unter Kontrolle gebracht" worden, meldete das Ministerium in Moskau zwei Tage später. Als Startpunkt wurde den Angaben zufolge das Dorf Maouzra in der Provinz Idlib ermittelt, ein Gebiet, das von den syrischen Rebellen kontrolliert wird. Sie sollen die "hochentwickelte Technik" geliefert bekommen haben.

Von wem, sagte Putin nicht, aber das musste er auch nicht. Das Verteidigungsministerium hatte bereits einige Tage zuvor den Verdacht auf die USA gelenkt. Die Technik könne nur "von einem Land kommen, das über Hochtechnologiemöglichkeiten verfügt". Den Namen USA sprachen die Generäle nicht aus, das erledigten dafür Abgeordnete und Senatoren, die in den russischen Medien zitiert wurden. Außerdem erwähnte das Ministerium, dass ein US-Aufklärungsflugzeug während des Angriffs über der Region geflogen sei. Das Pentagon wies jegliche Beteiligung an der Drohnenattacke zurück.

Neue Art des Drohnenangriffs
"Drohnenattacke auf Hmeimim und Tartus abgewehrt", meldete die Zeitung des Verteidigungsministeriums "Krasnaja Swesda". Das sollte nach Erfolg klingen. Doch diese Berichte können nicht die Tatsache verdecken, dass das russische Militär in Syrien in den vergangenen Wochen Ziel von Angriffen wurde. Dabei hatte Präsident Putin noch vor einem Monat den Sieg über die Aufständischen verkündet und erklärt, ein "bedeutender Teil" der Truppen werde heimkehren.

Nun wurden die russischen Militärs von der Attacke mit gleich zehn Drohnen in Hmeimim wohl überrascht. Der Angriff ist bemerkenswert: Es ist der erste bekannte Fall, in dem so viele Drohnen gleichzeitig ein Ziel attackierten, wie auch Nick Waters, Analyst bei der britischen Rechercheplattform "Bellingcat", in seiner Untersuchung darlegt. Der IS hatte im Irak Drohnen für Anschläge genutzt, aber nur selten mehrere gleichzeitig.

Dass gleich massenhaft Fluggeräte Hmeimim mit Sprengstoff attackierten, zeigt, dass die Angreifer eine neue Strategie verfolgen, die einiges an Planung abverlange, schreibt Waters. Für die russische Armee bedeutet dies eine neue Art der Bedrohung.

spiegel.de

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