Macrons Migrationspolitik ruft Protest hervor

  21 Februar 2018    Gelesen: 1191
Macrons Migrationspolitik ruft Protest hervor
Die langsame Bearbeitung von Asylanträgen, verzögerte Abschiebungen: Man kennt die Probleme aus Deutschland. In Frankreich will Präsident Macron das Asylrecht verschärfen. Doch es gibt Widerstand, auch in den eigenen Reihen.  

Asylrechtsaktivisten auf den Barrikaden, Unruhe im eigenen Lager und ein Streikaufruf im französischen Flüchtlingsamt: Die Pariser Regierung und Präsident Emmanuel Macron stehen wegen ihres Kurses in der Migrationspolitik unter Druck. Das Kabinett bringt heute ein neues Asyl- und Einwanderungsgesetz auf den Weg, das in weiten Teilen ein Katalog von Verschärfungen ist.

Ziel ist es, die Asylverfahren zu beschleunigen und abgelehnte Bewerber konsequenter abzuschieben. "Frankreich muss die Flüchtlinge aufnehmen, aber es kann nicht alle Wirtschaftsmigranten aufnehmen", argumentiert Innenminister Gérard Collomb. Aber worum geht es genau?

Warum verschärft Frankreich jetzt Regeln?

Während die Zahl der Asylanträge in Deutschland 2017 deutlich zurückging, stieg sie in Frankreich weiter. Zudem gibt es ganz offensichtliche Probleme: Migranten schlafen in Paris auf der Straße, die Wartezeiten für das Stellen eines Asylantrags sind lang. Und die Regierung fürchtet, dass in anderen EU-Ländern abgelehnte Asylbewerber ins Land kommen könnten - vor allem aus Deutschland. "Wenn sich alle sagen, dass sie in Frankreich einen zweiten Antrag stellen, und wir sie nicht in kurzer Zeit ausweisen können, werden wir machtlos sein", sagte Collomb. Es dürfte aber auch darum gehen, der Rechtsaußenpartei Front National keine offene Flanke zu bieten. Jedenfalls warnte Collomb, wenn gewisse Probleme nicht gelöst würden, führe das zu einer "Extremisierung".

Wie stark ist Frankreich von der Flüchtlingskrise betroffen?
Insgesamt deutlich weniger als Deutschland, wo in drei Jahren mehr als 1,4 Millionen Asylanträge (Erst- und Folgeanträge) gestellt wurden. In Frankreich waren es im gleichen Zeitraum nur rund 266.000 Anträge, davon gut 100.000 im vergangenen Jahr. Allerdings gibt es mehrere Brennpunkte: Neben Paris vor allem Calais, wo sich weiterhin Menschen sammeln, die illegal nach Großbritannien gelangen wollen. An der Côte d'Azur und in den Alpen versuchen derweil Migranten, die per Boot nach Italien gekommen sind, weiter nach Frankreich zu gelangen. Die Polizei fängt hier zahlreiche Menschen ab und schickt sie zurück nach Italien.

Was sieht der neue Gesetzentwurf vor?

Asylanträge sollen künftig im Durchschnitt innerhalb von sechs Monaten endgültig entschieden werden. Bislang sind es nach Angaben der Zeitung "Le Monde" rund vier Monate beim Flüchtlingsamt plus fünf Monate im Berufungsverfahren. Asylbewerber sollen künftig weniger Zeit haben, um Einspruch gegen einen negativen Bescheid einzulegen. Die maximale Dauer der Abschiebehaft soll mehr als verdoppelt werden, auf rund 4,5 Monate. In Deutschland sind allerdings bis zu 18 Monate möglich.

Schon vergangene Woche hat das Parlament ein Gesetz beschlossen, damit auch Asylbewerber in Abschiebehaft genommen werden können, die in ein anderes EU-Land zurückgeschickt werden sollen. Das sogenannte Dublin-System sieht vor, dass grundsätzlich jenes Land für das Asylverfahren zuständig ist, in dem ein Schutzsuchender nachweislich das erste Mal EU-Boden betreten hat.

Welche Kritik gibt es an den Plänen?

Asylrechtsorganisationen halten die Orientierung des Textes für zu repressiv. Gewisse Punkte "bedrohen oder schwächen das Asylrecht und die Grundrechte der Betroffenen", kritisiert die Organisation France Terre d'Asile - beispielsweise die kürzere Einspruchsfrist. Es gibt auch Zweifel an der Wirksamkeit: Eine längere Abschiebehaft ändert beispielsweise nichts daran, wenn ein Herkunftsland sich bei Abschiebungen querstellt. Beim Flüchtlingsamt Ofpra haben Gewerkschaften aus Protest zum Streik aufgerufen. "Wir haben wirklich gesucht, was in diesem Text das Asylrecht effektiver machen kann, aber wir haben nur Hindernisse gefunden", sagte die Gewerkschafterin Sylvie Charvin der Zeitung "Libération". "Dieser Text macht uns die richtige Anwendung der Genfer Konvention (zum Status von Flüchtlingen) unmöglich."

Warum ist das Thema für Macron heikel?

Das Thema polarisiert die Gesellschaft, und erstmals ist bei einem wichtigen Thema auch aus der Fraktion seiner Regierungspartei ein Grummeln zu hören. Im Wahlkampf hatte er stets das Asylrecht hochgehalten - manche werfen ihm nun vor, diesem demonstrativen Humanismus nicht gerecht zu werden. Er selbst hatte neulich von einer Gratwanderung gesprochen: Ohne Effektivität sei Menschlichkeit "nur ein leeres Wort". Die Regierung verspricht jedenfalls, dass sie parallel zum härteren Durchgreifen die Situation der anerkannten Flüchtlinge verbessern will. Anfang der Woche hat sie demonstrativ Vorschläge für eine bessere Integrationspolitik entgegengenommen.

Quelle: n-tv.de


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