Die Volksrepublik China hat die USA erneut vor der Verhängung von Sonderzöllen für die Einfuhr chinesischer Produkte gewarnt. Ein solches Vorgehen würde einen Präzedenzfall schaffen, der "einen Domino-Effekt" nach sich ziehen könne, sagte der Sprecher des Handelsministeriums, Gao Feng. Die eigentümliche Wortwahl dürfte in Washington unangenehme Erinnerungen wachrufen: Unter Hinweis auf einen befürchteten "Domino-Effekt" waren die USA in den 1960er Jahren in den Vietnamkrieg gezogen. Dieser war schließlich in einer traumatischen Niederlage der technologisch überlegenen Supermacht gemündet.
Bei den von den USA geplanten Maßnahmen handele es sich um "typischen Protektionismus" und ein "Verhalten aus dem Kalten Krieg", heißt es nun aus Peking. China hoffe, dass die USA den Konflikt im Dialog beilege, damit die Handelsbeziehungen zwischen beiden Ländern wieder zurück "in den Normalzustand" kämen. Die Volksrepublik werde alle erforderlichen Schritte gehen, um ihre Interessen zu schützen, betonte er. China vertraue auf seine Fähigkeit, jedem Protektionismus etwas entgegenzusetzen.
Merkel telefoniert mit Trump
Die umstrittenen handelspolitischen Maßnahmen der US-Regierung waren zuletzt auch Thema eines direkten Gesprächs mit der Bundesregierung, wie das Weiße Haus mitteilte. Präsident Donald Trump habe in dieser Frage mit Bundeskanzlerin Angela Merkel telefoniert. Ein Sprecher der Bundesregierung bestätigte die Angaben.
Merkel und Trump hätten dabei unter anderem auch über die Frage einer Zusammenarbeit im Kampf gegen Chinas Handelspraktiken und Praktiken des geistigen Diebstahls diskutiert, erklärte das Weiße Haus. Laut Bundesregierung sprach sich Merkel für einen "Dialogprozess" zwischen der EU und den USA zur Handelspolitik unter Berücksichtigung des regelbasierten internationalen Handelssystems aus.
60 Tage für die Sonderzoll-Liste
Die USA rechnen nicht vor Anfang Juni mit der Einführung der von Trump angekündigten Sonderzölle auf chinesische Produkte. Der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer erklärte dazu zuletzt, er gehe davon aus, dass etwa 60 Tage lang über die Liste der Produkte in den USA debattiert werde. "Wir wollen der Öffentlichkeit die Möglichkeit geben, über die guten und die schlechten Dinge auf der Liste zu sprechen."
Zuvor waren Beobachter noch von einer 30-tägigen Frist ausgegangen. Die Liste der Güter, die mit Sonder-Abgaben belegt werden sollen, werde "demnächst" veröffentlicht, kündigt Lighthizer an. Sie umfasse Produkte mit einem Warenwert von mehr als 50 Milliarden Dollar und werde vor allem den Bereich der Hochtechnologie betreffen.
Erst Strafzölle, dann Sonderzölle
Die USA werfen China seit längerem vor, sich - abseits aller Stahl-Exporte zu Dumping-Preisen - auch widerrechtlich geschützte Technologie-Lösungen aus den Beständen von US-Unternehmen angeeignet zu haben. Vor diesem Hintergrund hatte Trump spezielle Zölle auf chinesische Erzeugnisse angekündigt, die eine Einfuhr dieser Waren in den US-Markt beschränken dürften. Das Vorgehen in Washington schürte neue Sorgen vor einem drohenden Handelskrieg zwischen den beiden größten und einflussreichsten Volkswirtschaften der Welt.
Bei der Erstellung der Liste habe ein Computer-Algorithmus dabei geholfen, die "Schmerzen" für China so groß wie möglich und die für die USA so gering wie möglich zu gestalten, erklärte Lightizer. China ist einer der wichtigsten Handelspartner der USA. Zahlreiche Unternehmen - darunter auch bekannte Namen wie etwa Apple - nutzen China als Produktionsstandort.
Die beiden Wirtschaftsmächte sind ökonomisch eng miteinander verflochten: Die Volksrepublik zählt mittlerweile auch zu den größten Gläubiger des stark verschuldeten US-Staatshaushalts. Peking hält US-Staatsanleihen im Multimilliardenmaßstab.
Quelle: n-tv.de
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