Berlin trägt Kippa und zeigt sich solidarisch

  26 April 2018    Gelesen: 1993
Berlin trägt Kippa und zeigt sich solidarisch

Nach den Angriffen auf Kippa tragende Menschen ruft die jüdische Gemeinde zu deutschlandweiten Solidaritätskundgebungen auf. Auch in Berlin versammeln sich Tausende, um ihre Solidarität zu bekunden.

Für Sarah* war es ein besonderer Tag. Zum ersten Mal in ihrem Leben trägt die Tochter einer Holocaust-Überlebenden öffentlich eine Kippa. Eigentlich ist die kleine, runde Mütze vor allem den jüdischen Männern vorbehalten. Die 45-Jährige hat sich extra eine gekauft. "Ich hätte mir gewünscht, dass meine Arbeitskollegen mir anerkennend auf die Schulter klopfen, dass ich mich als Jüdin zu erkennen gebe. Aber sie haben einfach geschwiegen."

Dass es immer noch Antisemitismus in Deutschland gibt, werde nicht offen diskutiert, findet Sarah. Auch deshalb ist sie zu der Solidaritätskundgebung vor der jüdischen Gemeinde in Berlin gekommen. Nach dem jüngsten Angriff auf einen Kippa tragenden Studenten versammelten sich allein in Berlin laut Polizei fast 2500 Menschen. Ihr Protest richtet sich gegen Antisemitismus und Ausgrenzung. Auf der Bühne wiederholt der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, seine Aussagen der letzten Woche: "Ich mache mir Sorgen, wenn Juden alleine mit Kippa durch die Stadt laufen." 

"Hören wir auf mit dem Gerede vom Einzelfall"

Eine Befürchtung, die Roberto Costantini teilt. Der 72-Jährige engagiert sich in einer jüdischen Gemeinde, nach dem Gottesdienst versteckt er seine Religionszugehörigkeit stets unter einer Mütze. "In Neukölln kann ich mich so nicht zeigen, da habe ich zu viel Angst." Im Berliner Stadtteil Neukölln leben vorwiegend Muslime. Dort fand am Nachmittag eine kleinere Protestkundgebung gegen Antisemitismus statt. Ein Video zeigt, wie ein junger Muslim einem Teilnehmer die Israel-Fahne entreißt. Ein anderer Mann spuckt einen Organisator an.

"Hören wir auf mit dem Gerede vom Einzelfall", ruft der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder, in die Menge. Wer hier leben wolle, müsse sich anpassen. Dass es auch Antisemitismus durch Muslime gibt, will hier niemand bestreiten. Unter Generalverdacht dürfe man die muslimische Gemeinschaft aber nicht stellen, findet die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette-Widmann-Mauz. "Wir müssen uns gegen jede Form der Diskriminierung wehren", so die CDU-Politikerin.

n-tv


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