Befragung von Zuckerberg wird doch live übertragen

  21 Mai 2018    Gelesen: 1719
Befragung von Zuckerberg wird doch live übertragen

Ursprünglich sollte Facebook-Chef Mark Zuckerberg in Brüssel hinter verschlossenen Türen auftreten. Nach heftigem Protest einigen sich EU-Parlamentspräsident und Facebook-Chef nun darauf: Auch die EU-Bürger sollen zuschauen können.

 

Immerhin, ein absurdes Ergebnis wurde verhindert. Wenn Mark Zuckerberg, Gründer und Chef von Facebook, am Dienstagabend im Europaparlament Rede und Antwort steht, können sich die Bürger nun doch selbst ein Bild machen.


Der Auftritt Zuckerbergs soll ab 18.15 Uhr auf der Homepage des Europaparlaments live übertragen werden. Zuckerberg will mit den Parlamentariern über den Datenschutz bei Facebook und den möglichen Einfluss der sozialen Medien auf Wahlen sprechen.

Was selbstverständlich klingt, hatte eine ziemlich lange Vorgeschichte. Ursprünglich war geplant, dass Zuckerberg die Mitglieder der sogenannten Conference of the Presidents (CoP) hinter verschlossenen Türen treffen sollte. Die CoP, wie die Runde der Fraktionsvorsitzenden im Europaparlament großspurig heißt, tagt immer ohne Öffentlichkeit.

Druck der Parlamentarier führte zu Planänderung

Das Ergebnis wäre absurd gewesen: Der Chef eines Unternehmens mit weltweit Milliarden Kunden, das beschuldigt wird, mit den Daten seiner Kunden nicht sorgsam umgegangen zu sein, wäre quasi im Geheimen aufgetreten, auch wenn es hinterher ein Protokoll gegeben hätte. Und das ausgerechnet im Europaparlament, das sich sonst so viel auf Transparenz und Bürgerbeteiligung zugutehält. Der Druck von mehreren Fraktionen und Parlamentariern führten nun zu einer Änderung.


Im Parlament ist zu hören, dass Zuckerberg sich ursprünglich ausgebeten hatte, die Europaparlamentarier nur im kleinen Kreis zu treffen. Der Facebook-Gründer, so sagen es mit der Sache befasste Personen, hatte die - im Übrigen nicht von der Hand zu weisende - Befürchtung, in die Fänge von allerlei rechten und linken Wirrköpfen zu geraten, von denen eine ganze Reihe im Europaparlament sitzen. Eine offizielle Bestätigung für diese Darstellung gibt es nicht.

Zuckerberg tritt zu seinen Bedingungen auf

Einen Auftritt vor dem zuständigen Parlamentsausschuss in Großbritannien hatte Zuckerberg in der Vergangenheit bereits abgelehnt. Man kann den Deal für Dienstag in Brüssel daher auch so umschreiben: Zuckerberg gibt dem Europaparlament die Ehre, aber weitgehend zu seinen Bedingungen. Mit einer scharfen Anhörung wie im US-Kongress hat der Treff morgen Abend nichts zu tun.

Dennoch ist der Auftritt nun vor einem möglichen Millionenpublikum nun eine ganz andere Sache als ein Plausch mit ein paar Fraktionsvorsitzenden. Die ursprünglich geplante Idee, im geschlossenen Format aufzutreten, hatte EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani mit den Stimmen der größten Fraktion im Parlament, der Europäischen Volkspartei EVP, durchsetzt, der auch CDU und CSU aus Deutschland angehören.

Eine Mehrheit für den Auftritt hinter verschlossenen Türen kam aber nur deshalb zustande, weil sich rechtsextreme Parteien ebenfalls dafür entschieden, auch das ein interessanter Randaspekt in dem Gezerre um Zuckerbergs Besuch.

Die Kehrtwende kam am Sonntag offenbar nach einem Telefonat Tajanis mit Zuckerberg.

Führende Parlamentarier zeigen sich erfreut. "Das Europaparlament bekommt von Zuckerberg, was er dem britischen Parlament zweimal verweigerte", sagt der Grüne Sven Giegold dem SPIEGEL. "Nur Europa kann den globalen Unternehmen die Stirn bieten."

"Zuckerberg ist verantwortlich für den Datenskandal bei Facebook"

Bei der Anhörung werden zudem nicht nur die Fraktionschefs dabei sein, wie der Deutsche Manfred Weber von der CSU oder Gabi Zimmer von den Linken, sondern auch beispielsweise der Grüne Datenschutzexperte Jan Philipp Albrecht. "Marc Zuckerberg ist verantwortlich für den Datenskandal bei Facebook, er soll möglichst vielen Abgeordneten Rede und Antwort stehen und sich der europäischen Öffentlichkeit stellen", sagt Linken-Fraktionschefin Zimmer dem SPIEGEL.

Ähnlich hatte sich Parlamentschef Tajani im Interview mit dem SPIEGEL geäußert. "In der EU leben 500 Millionen Menschen, wir sind der größte Markt für Facebook, und die EU ist der wichtigste Regulierer", sagte er. "Ich erwarte von Herrn Zuckerberg klare Antworten: Ich will wissen, ob auch europäische Nutzer von dem Datenskandal betroffen sind."

Hintergrund ist der Vorwurf, dass Informationen von vielen Millionen Facebook-Mitgliedern durch die Datenanalysefirma Cambridge Analytica auf unerlaubte Weise genutzt wurden, unter anderem, um sie im Jahr 2016 für das Wahlkampfteam von Donald Trump auszuwerten.

Macron trifft Zuckerberg

Zuckerbergs Stopp in der EU-Hauptstadt ist eher ein Nebentermin beim Europabesuch des Facebook-Chefs. Eigentlich ist Zuckerberg da, um am Mittwoch beim Technologiegipfel teilzunehmen, den Frankreichs Präsident Emmanuel Macronin Paris einberufen hat. Auch die Chefs und Vertreter von Microsoft, Intel, IBM, SAP, Thales, Uber und den Stiftungen von Wikimedia und Mozilla seien eingeladen worden, hat Macrons Amt mitgeteilt.


So viel Dramatik wie sein Auftritt im April vor dem US-Kongress wird Zuckerbergs Visite in Brüssel sicher nicht entfalten. Dort hatte der 34-Jährige insgesamt rund zehn Stunden lang Fragen von Senatoren und Abgeordneten beantwortet. Bei dem Besuch in Brüssel handelt es sich nicht um eine Anhörung, wie Tajanis Leute betonen, sondern um ein Treffen.

Eine schärfere Anhörung von Facebook und anderen Techfirmen ist im Europaparlament für Juni zwar auch geplant. Da, so ist vereinbart, darf Facebook aber einen oder mehrere führende Manager schicken.

spiegel


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