Cohen belastet Trump, Giuliani schimpft

  22 Auqust 2018    Gelesen: 605
Cohen belastet Trump, Giuliani schimpft

US-Medien nennen es einen "Splitscreen-Moment": Anwalt Cohen belastet den Präsidenten, während im Gericht eine Jury Trumps Ex-Wahlkampfmanager Manafort schuldig spricht. Und das ist womöglich erst der Anfang.

Sich eher von einem Gebäude in die Tiefe stürzen, anstatt sich gegen Donald Trump zu stellen, dieser Treueschwur Michael Cohens ist Geschichte. Nun hat der Anwalt seinen ehemaligen Klienten belastet. Ja, er habe auf Weisung des damaligen Präsidentschaftskandidaten durch eine Strohfirma 130.000 Dollar an Schweigegeld gezahlt. Ja, er habe auf dieselbe Weise 150.000 Dollar an eine weitere Person gezahlt. Seine Angaben und Summen decken sich exakt mit den Zahlungen, die er früheren Angaben zufolge an die Pornodarstellerin Stormy Daniels und an das ehemalige Playboy-Model Karen McDougal überwies.

Warum? Beide Frauen wollen Affären mit Trump gehabt haben. Die Logik: Mit Blick auf die damals anstehende US-Präsidentschaftswahl floss Schweigegeld; nach geltendem US-Recht müssen Cohens Zahlungen an die beiden Frauen als finanzielle Zuwendungen - und damit als Spenden - zugunsten der Wahlkampagne Donald Trumps gewertet werden.

Cohen nannte keine Namen, wohl aber sein Anwalt abseits des Geständnisses: "Wenn diese Zahlungen für Michael Cohen eine Straftat waren, warum sollten sie keine für Donald Trump sein?", sagte er. Dessen Anwalt Rudy Giuliani bezichtigte Cohen der Lüge und nannte ihn eine "hinterhältige kleine Ratte".

Trump verstieß wohl gegen die Gesetze der Wahlkampffinanzierung, weil er offenbar illegal mit Geldern hantierte, um zu verhindern, dass die beiden Frauen ihre Affären mit ihm ausplaudern und damit zum Hindernis auf seinem Weg nach Washington werden. Der US-Präsident dementiert noch immer, dass er überhaupt Affären mit ihnen hatte. Aus Trumps Sicht war seine Vorgehensweise vor der Wahl die richtige - denn nun sitzt er im Weißen Haus und wird deshalb aller Voraussicht nach nicht angeklagt. So lautet zumindest bislang die Leitlinie des Justizministeriums, das in den USA zugleich oberste Anklagebehörde ist.

Neben den Zahlungen an Daniels und McDougal bekannte sich Cohen im Rahmen eines Deals in fünf Fällen von Steuerhinterziehung und einem Fall von Falschangaben schuldig. Cohen spare so Millionen von Dollar und beschütze seine Familie, schreibt das US-Magazin "Politico" über die Vereinbarung mit den Ermittlern. Das Urteil soll am 12. Dezember gesprochen werden. Ihm drohen etwa fünf Jahre Haft.

Sein Geständnis liefert allerdings brisante Belege: Der Präsident hatte demnach gelogen, als er zu Beginn der Ermittlungen erklärte, von den Zahlungen an die beiden Frauen nichts gewusst zu haben. Später gab er eine entsprechende Rückzahlung an Cohen zu. Im April sicherte das FBI bei einer Razzia Beweismaterial über Finanzgeschäfte, die Cohen in seinen mehr als zehn Jahren in Diensten Trumps durchgeführt hatte. Der Anwalt veröffentlichte zuletzt eine Audioaufnahme eines Gesprächs mit Trump während des Wahlkampfs, in dem die beiden über die Zahlungen sprechen.

Mehr als zwölf Jahre Haft hätten die Ermittler Cohen angedroht, berichtet die "Washington Post". Daraufhin habe der Anwalt gestanden. "Für den Präsidenten könnte die Nachricht schlechter sein. Cohens Entscheidung, sich für schuldig zu befinden, aber nicht mit den Ermittlern zu kooperieren, könnte eine Entlastung sein", schrieb das US-Magazin "The Atlantic". Die vorsichtige Formulierung hat einen Grund: Cohen kann in einem möglichen anderen Prozess weiterhin als Zeuge gegen Trump auftreten.

Manafort schuldig gesprochen

Cohen war nicht der einzige aus Trumps Umfeld, der sich derzeit vor Gericht verantworten muss. Zeitgleich mit Cohens Aussage sprach eine Jury nach einem teils dramatisch verlaufenen Prozess Paul Manafort in acht von 18 Anklagepunkten schuldig. Trumps ehemaliger Wahlkampfmanager erwartet nun etwa zehn Jahre Haft wegen Steuerbetrugs, Bankbetrugs und Verschleierung eines ausländischen Bankkontos. Manafort hatte sich zuvor für "nicht schuldig" erklärt und nicht ausgesagt. "Wir gehen davon aus, in Berufung zu gehen", sagte einer seiner Sprecher.

Angestoßen worden war der Prozess von Robert Mueller, dem US-Sonderermittler, der möglichen Absprachen mit Russland zur Beeinflussung der Präsidentschaftswahl zu Trumps Gunsten nachgeht. Seit 15 Monaten ist Mueller nun in der Angelegenheit aktiv, in dieser kurzen Zeit hat er schon einiges aufgedeckt, der erste Prozess ist nun beendet. Bislang ist nicht erkennbar, dass Mueller "im September" die Nachforschungen beenden wird, wie Giuliani sagte. Vergleichbare Sonderermittler waren wesentlich länger aktiv.

Die Watergate-Ermittlungen gegen den ehemaligen Präsidenten Richard Nixon etwa dauerten rund zwei Jahre. Im Whitewater-Verfahren gegen Ex-Präsident Bill Clinton waren es sogar sieben Jahre, bevor es zum - letztlich gescheiterten - Amtsenthebungsverfahren kam. Ein solcher Impeachment-Prozess könnte je nach Beweislage auch auf Trump zukommen.

"Das ist keine Hexenjagd"


Nach dem Urteil gegen Manafort befragten Reporter den US-Präsidenten auf dem Rollfeld in West Virginia zu seinen Ansichten - Trump war wegen eines Wahlkampfauftritts dorthin geflogen. Sein Ex-Wahlkampfmanager sei ein "guter Mann", es sei sehr traurig, rief Trump den Journalisten zu. Das alles habe aber nichts zu tun mit ihm oder geheimen Absprachen mit Russland. "Die Hexenjagd geht weiter."

Dem widersprach die "New York Times" in einem Kommentar: "32 angeklagte Personen und 187 Anklagepunkte entblößen alarmierende Beweise über Russlands Angriff auf unsere Demokratie, und nun die Verurteilung einer der Topleute von Trumps Wahlkampf", heißt es dort. "Das ist keine Hexenjagd." Dass der Präsident Manafort trotz des Urteils einen "guten Mann" nennt, habe einen Grund. Trump sei "beständig ablehnend gegenüber Ehrlichkeit und Moral, weil er sich während seiner gesamten bisherigen Karriere mit Leuten mit schwachem, wenn nicht sogar kriminellen Charakter umgeben hat."

Zwar hatte der erste Prozess gegen Manafort nicht direkt mit Trump zu tun, aber die Straftaten stehen im Zusammenhang mit Millionen Dollar, die aus der Ukraine auf Konten Manaforts flossen. Er hatte jahrelang für den dortigen späteren Präsidenten Viktor Janukowitsch gearbeitet, der im Zuge der Maidan-Revolution nach Russland fliehen musste. Nun muss Manafort sich überlegen, wie es weitergehen soll. Die in Aussicht stehende Strafe könnte ihn dazu bringen, seine Taktik in einer weiteren juristischen Auseinandersetzung mit Mueller zu verändern.

Denn im September beginnt ein zweiter Prozess gegen Manafort, der im Zusammenhang mit seinen Aktivitäten in der Ukraine steht. Vor dem Gericht in Washington geht es um Verschwörung gegen die Vereinigten Staaten, Verschwörung zur Geldwäsche, unregistrierte Aktivitäten als Vertreter einer ausländischen Regierung, Falschaussagen, Justizbehinderung und Verschwörung zur Justizbehinderung. Wird er in allen Punkten schuldig gesprochen, könnten weitere 20 Jahre Haftstrafe für den 69-Jährigen hinzukommen.

Quelle: n-tv.de


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