So kommentierte der österreichische Publizist und Verleger Hannes Hofbauer im Interview mit Sputnik-Korrespondent Nikolaj Jolkin die Worte des deutschen Außenministers Heiko Maas über eine neue USA-Strategie der Bundesregierung.
„Es scheint angebracht, dass sich die beiden größeren politischen und supranationalen Gebilde, nämlich die EU und Russland, einander annähern, umso mehr, als dass die Sanktionspolitik gegen Russland, die derzeit von den USA forciert wird, auch der EU schadet.“
Der Publizist fährt fort: „Diese Erkenntnis, die in vielen europäischen Staatskanzleien bereits besteht, aber hauptsächlich in kleinen Ländern, wie der Slowakei, Griechenland oder Ungarn oder auch Österreich, scheint sich jetzt auch langsam in die deutsche und europäische Politik hineinzuschwindeln. Auch Präsident Macron in Frankreich hat ähnliche Worte gefunden.“
Strategie für Umgang mit den USA neu definieren?
Diese neue Strategie sollte nach Meinung von Hofbauer im radikalsten Fall die Abhängigkeit, die über die Nato und auch direkt von den USA gegenüber insbesondere Deutschland besteht, aufgehoben oder zumindest abgeschwächt werden. „Da gibt es mit der Linken zum Beispiel im Deutschen Bundestag eine Kraft, die das offensiv betreibt. Wenn man das pragmatischer sieht, dann gilt es, erste Schritte zu setzen, beispielsweise in Bezug auf die EU-Politik gegenüber Russland, die sogenannte Ukraine-Krise neu zu bewerten und das Minsker Abkommen so zu lesen, wie es geschrieben ist, nämlich dass die Bringschuld derzeit in Kiew liegt und nicht in Moskau.“
Überschneidung von Werten und Interessen nimmt ab
„Sie wurzelt“, so die Einschätzung von Hofbauer, „in unterschiedlichen ökonomischen Interessen. Mit den Wertediskussionen kann ich nicht viel anfangen. Da sind die transatlantischen Werte einerseits nach wie vor sehr nahe aneinander, andererseits auch, was zum Beispiel Gesetzlichkeiten und so betrifft, kaum kompatibel oder nur in Teilbereichen kompatibel.“
Nach seiner Meinung gehe es tatsächlich um wirtschaftliche Interessen. „Der amerikanische Präsident hat ja klargemacht, dass er sämtliche in seinem Einflussbereich bestehenden internationalen wirtschaftlichen Verträge bilateralisieren will, und da müssen sich alle Partner neu orientieren.“
Die Europäische Union sei laut Hofbauer viel zu spät dran, das zu erkennen, insbesondere die deutsche Politik. „Das erkennt man eigentlich schon mindestens mit dem Amtsantritt von Donald Trump, aber auch schon davor, im Wahlkampf, wo klar geworden ist, dass es neue Töne aus Amerika geben wird.“
Eine ausgeglichene Zusammenarbeit Europas mit den USA, wofür Heiko Maas auch plädiert, sollte keine schiefe Ebene sein, so der österreichische Publizist.
„Der deutsche Außenminister will kein Befehlsempfänger sein, so wie es derzeit aussieht und insbesondere die Regierung Merkel symbolisiert. Und nicht nur in der militärischen Frage. Deutschland ist im Großen und Ganzen in der Beziehung nach Jahrzehnten des Kriegsendes nach wie vor nicht souverän. Da wäre eine Emanzipation längst notwendig.“
Das Problem sieht Hofbauer darin, dass das oft den rechten nationalistischen Kreisen in die Hände spiele, „weil sie dann sozusagen das benützen, um Deutschland auf der Weltbühne zu einer Militärmacht werden zu lassen, wie man das beispielsweise schon im Krieg um Jugoslawien gesehen hat. Das ist nicht ohne Gefahren.“
Es sei andererseits selbstverständlich, behauptet der Experte, „dass sich eine deutsche Regierung nach dem, was der amerikanische Präsident und die amerikanische Administration insgesamt an Protektionismus und America-first-Politik machen, dass sich dann die deutsche Regierung mit der Europäischen Union insgesamt eine neue Strategie überlegen muss.“
Sie würde in erster Linie zielführend sein, resümiert Hofbauer, um einen Ausgleich mit Russland zu finden. „Das ist der Partner, das ist der strategische Partner, das ist der Nachbar. Und die Sanktionspolitik ist für die allermeisten EU-Staaten absolut schädlich.“
sputniknews
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