Unser Medienpartner „newkaliningrad“ hat versucht eine Situationsanalyse zu erstellen und hat hierzu Regierungsmitarbeiter und Analytiker befragt.
Litauen plant gegenwärtig Flüchtlingszentren in Vilnius, Kaunas und Klaipeda zu errichten. Insgesamt sollen 1.100 Flüchtlinge aufgenommen werden.
Polen plant die Aufnahme von rund 7.000 Flüchtlingen. Hier sind Aufnahmezentren im Kreis Warminsko-Masuren, ganz in der Nähe der Grenze zu Kaliningrad geplant.
Der Kaliningrader Duma-Abgeordnete Igor Rudnikow ist der Ansicht, dass kein Grund für eine Beunruhigung besteht. Die Staatsgrenze wird recht gut bewacht. Außerdem haben die Flüchtlinge selbst nicht unbedingt den Wunsch nach Russland weiter zu wandern. Die sozialen Garantien wie in Europa hat Russland nicht. Deshalb ist keine Krisensituation zu erwarten. Rudnikow meint, dass die Kaliningrader nur die Möglichkeit haben, sehr nah die Geschehnisse in Europa mit eigenen Augen zu beobachten. Der Duma-Abgeordnete sieht sogar eine Chance für die weitere Verbesserung der Kontakte zu diesen Regionen, denn Kaliningrad hat reichhaltige Erfahrung in der Aufnahme von Flüchtlingen und könnte diese vermitteln.
Auch der Kaliningrader Politologe Wladimir Abramow ist dieser Meinung und hat keinerlei Befürchtungen, dass die Flüchtlingsunterbringung in den benachbarten Staaten irgendeinen Einfluss auf das Kaliningrader Gebiet haben könnte. Für die Kaliningrader die in die grenznahen Gebiete im Rahmen des kleinen visafreien Grenzverkehrs reisen, werden nun direkte Augenzeugen dessen, was in der Europäischen Union passiert. Die Flüchtlinge sind das Problem von Polen und Litauen und die russische Grenze ist ausreichend gesichert.
Auch der Duma-Abgeordnete Solomon Ginsburg zeigte sich solidarisch mit seinen Vorrednern. Er betonte, dass die Arbeit mit den Flüchtlingen eine innere Angelegenheit der Europäischen Union ist. Wir brauchen keine Hinweise aus Europa wie wir zu leben haben. Besser wäre es die gutnachbarlichen Beziehungen wieder herzustellen. Ginsburg geht davon aus, dass Europa seine Sicherheit selber gewährleisten kann, so dass für Kaliningrad keinerlei Gefahren bestehen.
Auch der Vorsitzende des Duma-Ausschusses für internationale und interregionale Beziehungen, Sicherheit und Rechtsordnung Alexander Muzewitsch erklärte, dass er keine Gefahren für das Kaliningrader Gebiet sieht. Er betonte, dass es das Recht eines jeden Staates ist Flüchtlinge auf seinem Territorium dort unterzubringen, wo er es für richtig hält. Die Grenze bezeichnete er als sicher und wenn es wirklich Versuche von Grenzdurchbrüchen geben sollte, so stehen die Grenztruppen in Bereitschaft.
Der Prorektor für internationale Zusammenarbeit und gesellschaftliche Beziehungen der KANT-Universität Igor Schukowski ist der Ansicht, dass die Flüchtlingswelle zu einer weiteren Zuspitzung im innerpolitischen Prozess in Polen kommen wird. Die Aufnahme von Flüchtlingen ist in Polen unpopulär. Man befürchtet in Polen einen negativen Einfluss auf die Entwicklung des Landes. Die Aufnahme kostet Geld, das aus europäischen Fonds kommt und somit der eigenen Bevölkerung nicht mehr zur Verfügung steht. Der Prorektor betonte, dass die Polen Unterschiede bei den Flüchtlingen machen, denn wenn es sich um Flüchtlinge aus der Ukraine handelt und diese vielleicht sogar polnische Wurzeln haben, so ist die Sympathie ihnen gegenüber wesentlich ausgeprägter. Für Kaliningrad sieht der Professor keinerlei Probleme. Dies ist eine innerpolnische Angelegenheit und diese müssen die Polen im Rahmen der europäischen Solidargemeinschaft erledigen.
Als einziger Bedenkenträger meldete sich der Kaliningrader Senator im Föderationsrat Nikolai Wlassenko. Er sieht Gefahren für die Kaliningrader, die sich im kleinen Grenzverkehr nach Polen bewegen. Die Flüchtlinge sind einer anderen sozialen Gruppe zuzuordnen und es besteht durchaus die Möglichkeit der Erhöhung der Kriminalität in diesen polnischen Gebieten. Deshalb sollten russische Touristen noch aufmerksamer sein, wenn sie diese Gebiete besuchen. Aber auch er glaubt an keinen Flüchtlingsstrom nach Kaliningrad. Die Leute sind zwar arm und haben nichts mehr zu verlieren und werden also dorthin gehen, wo sie auf ein besseres Leben hoffen können, aber die Kaliningrader Grenze ist gut gesichert – ist Wlassenko überzeugt.