Seit der von der Türkei verkündeten Öffnung der Grenzen zur EU sollen nach Darstellung des türkischen Innenministers Süleyman Soylu mehr als 143.000 Menschen Griechenland erreicht haben. Die Zahl werde schon bald stark steigen, sagte er vor Journalisten in der osttürkischen Stadt Elazig. "Das ist erst der Anfang. Sie sollten sehen, was als nächstes passieren wird. Was bislang geschehen ist, ist nichts", ergänzte er.
Die von Soylu genannte Zahl ist nicht zu verifizieren und sehr viel größer als die Angaben aus Griechenland. Eine so große Anzahl Menschen wäre für griechische Medien, die entlang der Grenze berichten, auch kaum zu übersehen gewesen. Auf griechischer Seite war seit dem Wochenende von weniger als 100 Menschen die Rede, die festgenommen wurden, und von rund 37.000 illegalen Grenzübertritten, die in den vergangenen sieben Tagen verhindert worden seien. Der griechische Premier Kyriakos Mitsotakis sei nicht in der Lage, die Grenze geschlossen zu halten, sagte Soylu als Reaktion auf dessen Äußerung, der EU-Flüchtlingspakt mit der Türkei sei tot.
Zudem hatte Mitsotakis der Türkei in einem CNN-Interview vorgeworfen, Flüchtlinge und Migranten als politische Bauernopfer zu benutzen, um die eigenen politischen Interessen zu verfolgen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan ließ diese Behauptung über seinen Sprecher kategorisch zurückweisen. Vielmehr habe die EU ihre Zusagen nicht eingehalten. Erdogan hatte am vergangenen Samstag gesagt, die Grenzen seien offen, denn die Türkei könne so viele Flüchtlinge nicht versorgen. Das Land hat mehr als 3,6 Millionen Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen. Außerdem leben in der Türkei viele Flüchtlinge und andere Migranten aus Afghanistan und anderen Ländern. Auf Erdogans Ankündigung hin hatten sich Tausende Menschen auf den Weg zur griechisch-türkischen Grenze gemacht. Die EU und die Bundesregierung stärken Griechenland bislang den Rücken bei der Verteidigung der EU-Außengrenze.
Für Recht auf Asyl: Demonstrationen in Hamburg und Berlin
Unterdessen demonstrierten in Hamburg und Berlin mehrere Tausend Menschen für die Aufnahme von Flüchtlingen aus dem griechisch-türkischen Grenzgebiet. "Wenn das offizielle Europa seine Grenzen schließt und die staatliche Gewalt gegen Zufluchtsuchende eskaliert, dann müssen alle Menschen auf die Straße gehen, die für Solidarität und das Recht auf Asyl einstehen", sagte ein Organisator der Initiative Seebrücke in Hamburg. Erwartet werde von der EU, von Deutschland und Hamburg, dass die "Menschen im Niemandsland an der griechisch-türkischen Grenze aufgenommen" und Lager auf den griechischen Inseln evakuiert werden. Nach Angaben der Polizei waren bis zu 3900 Teilnehmer zur Kundgebung auf dem Rathausmarkt und einem anschließenden Demonstrationszug gekommen. Die Veranstalter sprachen von 5000 Teilnehmern.
Nach Beobachtungen eines dpa-Reporters demonstrierten in Berlin rund 1000 Menschen für die Aufnahme schutzbedürftiger Migranten. Der Veranstalter sprach am späten Nachmittag von rund 4000 Menschen, die Polizei gab zunächst keine Teilnehmerzahlen bekannt. Der Protestzug unter dem Motto "Europe, don't kill! Open the borders - Wir haben Platz" zog vom Bundesinnenministerium zum Halleschen Ufer. Auf Transparenten wurden Slogans wie "Shame on you, EU", "Für mehr Liebe" und "Nazis morden - Grenzen auch. Schluss damit" gezeigt.
Quelle: ntv.de, mau/dpa
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