Werner zeigt, warum Klopp ihn kaufen will

  11 März 2020    Gelesen: 1103
  Werner zeigt, warum Klopp ihn kaufen will

Der Einzug ist das Viertelfinale der Champions League nach dem Sieg über Tottenham Hotspur ist der größte Erfolg der Vereinsgeschichte RB Leipzigs. Nationalspieler Timo Werner zeigt gegen den Premier-League-Klub, warum halb England ihn will - auch wenn andere die Tore schießen.

Stürmer werden an Toren gemessen und Mannschaften an ihren Erfolgen. Timo Werner beherrscht die Kunst des Treffens dieses Jahr wie kein anderer deutscher Fußballspieler. Mit 27 Toren in 35 Spielen schießt er sein Team RB Leipzig von Erfolg zu Erfolg. Beim 3:0-Sieg im Rückspiel des Achtelfinales der Champions League gegen den Vorjahresfinalisten Tottenham Hotspur  kam ein weiteres Spiel für den deutschen Nationalspieler hinzu - und er bewies, dass die obige Regel nur eine Floskel ist. Denn auch wenn der Stürmer diesmal nicht traf, hatte er dennoch maßgeblichen Anteil am Einzug seiner Mannschaft unter die acht Besten Europas. In dieser Form dürfte Werner am Ende der Saison nur schwer zu halten sein: Jürgen Klopp und sein FC Liverpool, Manchester City und auch Manchester United haben angeblich alle Interesse an einer Verpflichtung.

RB war vor der Partie Favorit. Das Hinspiel gewannen die Sachsen dank einer überzeugenden ersten Hälfte und eines Treffers von Werner mit 1:0 und Tottenham verlor gar vier der letzten fünf Pflichtspiele. Am Wochenende gab's ein müdes 1:1 gegen Burnley, die Superstars Harry Kane und Heung-Min Son fehlen weiterhin verletzt. Und prompt fuhr Leipzig im Rückspiel vor offiziell ausverkauftem Haus mit 42.146 Fans (allerdings sind einige freie Sitze zu erkennen) einen überzeugenden und ungefährdeten Sieg gegen uninspirierte Spurs ein. Timo Werner sprintete, ackerte und schoss - als wollte er gerade gegen eine Mannschaft aus der Premier League zeigen, dass er in dieser Liga mithalten könnte. Aber die Tore markierten diesmal der etwas offensiver als normalerweise positionierte Marcel Sabitzer (10. und 21.) und das eingewechselte RB-Urgestein Emil Forsberg (87.).

Werner kämpft unnachlässig

Die Fans von Tottenham schrien vor dem Anpfiff gegen die Leipziger Party-Musik-Beschallung an: "Oh when the Saints go marching in!" Dann rollte der Ball endlich und sobald Werner zum ersten Mal im Spiel war, wurde es gefährlich. Sein kluger Pass von der Strafraumkante nach innen auf Sturmpartner Patrik Schick, der im Fallen weiterleitete, führte zum ersten RB-Abschluss. Nur drei Minuten später folgte die zweite Aktion des 24-Jährigen: Nach einem Zuspiel von Konrad Laimer zog er direkt humorlos ab. Der Schuss wurde geblockt, aber Werner erkämpfte sich den Ball direkt zurück.

Das ist eine Qualität, die Jürgen Klopp sehr schätzt: Nach Ballverlusten sofort wieder attackieren, keine Sekunde nachlassen. Werner legte auf Kapitän Sabitzer ab, der per Direktabnahme flach ins linke Eck zur Führung traf. Werners Assist-Qualitäten werden bei seinen vielen Toren fast vergessen: Es war für ihn bereits die zwölfte Torvorlage im 36. Spiel. Zum Vergleich: Robert Lewandowski bringt es in 33 Partien auf fünf Assists, Mohamed Salah vom FC Liverpool auf neun in 39 Spielen.

Klopp wird sich sowohl die Vorlage als auch das Nachsetzen notiert haben. Der deutsche Trainer liebt außerdem Tempo. Und das liefert in Europa neben Sadio Mané, Erling Haaland und Kylian Mbappé derzeit wohl Werner am besten. Bei jedem Ballgewinn der Leipziger gegen Tottenham setzte er sofort zum Vollsprint an. In einem nähmaschinenartigen Stakkato, den Kopf nach unten gerichtet, prescht er dann los. So auch in der 17. Minute, einem typischen Werner-Moment: Tottenham spielte einen Rückpass, aber Eric Dier und Japhet Tanganga sind sich uneinig, wer für das Spielgerät verantwortlich war. Der RB-Stürmer erkannte die Situation blitzschnell, raste heran und konnte gerade noch so vom Ball getrennt werden. Nur eine Minute später sprintete der Nationalspieler wieder schneller als sein Gegenspieler und schob den Ball über die Torlinie. Aber diesmal war Werner zu schnell und stand bei der Flanke einen halben Meter im Abseits.

Tottenham - ein angenehmer Gegner

RB machte wenig später regulär das 2:0 und hatte zu diesem Zeitpunkt alles im Griff. Trainer Julian Nagelsmann wurde nach dem Spiel von einem englischen Reporter gefragt, ob die K.-o.-Runde gegen den Tottenham fast zu einfach für sein Team gelaufen sei. "Ich will nicht sagen, dass es leicht war", antwortete der RB-Coach, "das wäre arrogant." Dabei setzte er ein Lächeln auf, das genau das Gegenteil seines Satzes aussagte. Und tatsächlich war Tottenham ein angenehmer Gegner an diesem Abend: Wenig Gegenwehr, wieder kein Treffer. Im Viertelfinale werden andere Kaliber auf die Sachsen warten.

Die Gesänge der Engländer verstummten, nur die Leipziger Kurve hüpfte. Aber Werner hatte noch lange nicht genug. Es war vielleicht das wichtigste Spiel in Werners Karriere und er wollte es nicht nur den Trainern in England zeigen. Mal stand er blank am langen Pfosten, bekam den Ball aber nicht und fuchtelte wütend mit den Armen. Bei jedem Ball, der nicht an ihn geht, schaute er ein wenig beleidigt. "Werner hat heute viele gute Läufe gemacht", sagte Nagelsmann im Anschluss, "und ich hätte mir gewünscht, dass wir ihn etwas früher und klarer bedienen." Mal schaute Werner beinahe strafend gen Himmel und Fußballgott, wenn er mit einem zu schwachen Abschluss an Keeper Hugo Lloris scheiterte. Mal tauchte er links auf dem Flügel auf, mal sprintete er rechts bis zur Grundlinie. Wenn es läuft bei dem Stürmer ist er ein Albtraum für jede Abwehr. Immer wieder wich er zwischen die Linien aus, holte sich auch die Bälle auf der Zehn. Seine schnellen Dribblings und die gezielte Suche nach dem Abschluss erinnern an Salah - auch deshalb gefällt er wohl Klopp.

"Ich hätte ihm heute noch ein Tor gegönnt"

"Seine Leistung war heute sehr stark, viel besser als in seinem letzten Spiel", sagte Nagelsmann nach der Partie. "Er hat defensiv sehr gut gearbeitet und vor allem in der ersten Halbzeit Räume gut zugelaufen und gut attackiert." Den Spielzug zum 3:0 leitete Werner mit einem kurzen Lauf und dem Pass vor dem finalen Zuspiel auf Forsberg ein. Die letzte Situation gehörte ebenfalls Werner. Doch sein Rechtsschuss war zu ungefährlich, dann pfiff der Schiedsrichter ab. "Ich hätte ihm heute noch ein Tor gegönnt", sagte Nagelsmann auf der Pressekonferenz.

Während der Trainer und die anderen RB-Spieler nach der Begegnung sich an den Mikrofonen unisono über die starke Mannschaftsleistung, den unvergesslichen Abend und den größten Erfolg des Vereins jemals freuten, flitzte Timo Werner an den Journalisten vorbei. "Heute nicht, sorry", murmelte er mit gesenktem Blick. Fast als wäre er immer noch im Sprint-Tunnel und müsste seine nähmaschinenartigen Bewegungen weiterführen. Ein Stürmer lässt lieber Tore und Vorlagen für sich sprechen. Werner will das im Viertelfinale der Champions League mit RB Leipzig machen - und im nächsten Jahr womöglich in der Premier League.

Quelle: ntv.de


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