Forscher entwickeln Akkus aus Ziegelsteinen

  12 Auqust 2020    Gelesen: 890
Forscher entwickeln Akkus aus Ziegelsteinen

Rote Backsteine sind billig und gehören zu den bekanntesten Baumaterialien der Welt. Wissenschaftler wollen sie nun als Energiespeicher nutzen und wie Batterien aufladen.

Wenn die Sonne untergegangen ist, glühen Ziegel noch regelrecht weiter. In Sommernächten wie derzeit sorgen sie dafür, dass es in Städten nachts nicht abkühlt. Damit ist schon der Nachweis gelungen, dass der rote Backstein nicht nur ein guter Baustoff, sondern auch ein Energiespeicher ist - hier in Form von Wärme.

Forscher der Washington University in St. Louis haben sich die Steine nun auch als Stromspeicher zunutze gemacht. "Wir haben Ziegel für 65 Cent pro Stück im Baumarkt gekauft", sagt Studienautor und Chemiker Julio D'Arcy. Aus diesen haben die Forscher dann "intelligente Steine" gemacht, die Energie speichern und beispielsweise Geräte mit Strom versorgen können.

Dafür entwickelten die Studienautoren eine spezielle Beschichtung. Sie besteht aus Nanofasern eines elektrisch leitfähigen Kunststoffs (PEDOT) und durchdringt das poröse Innere der Steine, heißt es in der Studie, die in der Fachzeitschrift "Nature Communications" veröffentlicht wurde.

Rost als Hilfsmittel
In die Steine gelangte das leitfähige Netzwerk aus Kunststoff über einen Umweg. Die Forscher tränkten ihre Ziegel in einer Flüssigkeit, die Bestandteile des Materials enthielt. Das in den Ziegeln enthaltenden Eisenoxid - auch als Rost bekannt - wirkte als Katalysator, sodass sich die Bestandteile der Flüssigkeit zu einem festen Kunststoff zusammenschlossen.

"Die Polymerschicht bleibt in dem Backstein und dient als eine Art Ionenschwamm, der Elektrizität speichert und leitet", so D'Arcy. Die Backsteine könnten somit als Batterien genutzt werden. Laut der Studie könnte mit dieser Methode künftig Energie gespeichert werden - vor allem, wenn man sie großflächig in Hauswänden anwendet.

"PEDOT-beschichtete Backsteine sind ideal, um beispielsweise die Notbeleuchtung in einem Gebäude mit Strom zu versorgen", sagte D'Arcy. Dafür könnten Solarzellen mit den Steinen verbunden werden. Mit 50 Steinen könnte eine Notbeleuchtung fünf Stunden funktionieren.

Die Studie hat auch ein "Proof-of-Concept" also einen Beleg für die prinzipielle Machbarkeit der Backstein-Energiespeicher erbracht: Die Forscher präsentierten einen Stein, an den ein grünes LED-Licht angeschlossen ist und mit Strom versorgt wird. Größere Tests stehen jedoch noch aus.

Vulkangestein statt Backsteine
Auch in Deutschland wollen Unternehmen und Forschungsinstitute Steine als Energiespeicher nutzen, um die Energiewende voranzubringen. Denn ein ungelöstes Problem sind bisher die fehlenden Stromspeicher, die an Sonnentagen oder bei starkem Wind die riesigen Strommengen speichern.

Ein Forscherteam von Siemens Gamesa, der Technischen Universität Hamburg-Harburg und des lokalen Versorgers Hamburg Energie nahm im vergangenen Jahr den ersten Steinspeicher Deutschlands in Betrieb: Am Rande des Hamburger Hafens wurden dafür 2000 Kubikmeter Naturstein aufgeschüttet - rechnerisch ein Würfel mit fast dreizehn Metern Kantenlänge -, um damit Windstrom zu speichern.

Dabei soll die Erzeugung vom Verbrauch entkoppelt werden, um die Fluktuation, beispielsweise durch Flauten oder Starkwind, abzumildern. Der Hamburger Speicher nutzt jedoch keine Backsteine, sondern rund 1000 Tonnen Vulkangestein.

spiegel


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