Kurz hält offene Grenzen weiter für falsch

  02 September 2020    Gelesen: 350
Kurz hält offene Grenzen weiter für falsch

Als Integrationsminister gehört Sebastian Kurz im Jahr 2015 zu den größten Kritikern offener EU-Grenzen. Auch fünf Jahre später steht der heutige österreichische Kanzler für einen restriktiven Kurs in der Migrationspolitik. An eine europäische Asylreform stellt er klare Ansprüche.

Der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz hat die Offenhaltung der EU-Grenzen im Jahr 2015 als Fehler bezeichnet. "Die Politik der offenen Grenzen hat ja nicht nur dazu geführt, dass sich viele Menschen nach Europa auf den Weg gemacht haben und es zu einer massiven Überforderung in weiten Teilen Mitteleuropas gekommen ist", sagte Kurz der Deutschen Presse-Agentur. "Sie hat auch dazu geführt, dass die Schlepper Unsummen verdient haben und unzählige Menschen im Mittelmeer ertrunken sind."

In der Nacht vom 4. auf den 5. September hatte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel entschieden, über Ungarn kommenden Flüchtlingen die Durchreise über Österreich nach Deutschland zu ermöglichen. Zu Beginn wurden die Menschen von vielen Bürgern herzlich begrüßt und versorgt. Die Willkommenskultur in Deutschland und Österreich machte weltweit Schlagzeilen.

Kurz gehörte 2015 als damaliger Integrationsminister in Österreich zu denen, die gegen die Offenhaltung der Grenzen waren. "Ich war der Meinung, dass Europa hier vollkommen falsch abbiegt und dass es einen Systemwechsel braucht", sagte er nun. "Ich bin froh, dass fünf Jahre nach der Flüchtlingskrise die Politik heute in Europa eine gänzlich andere ist", so Kurz. Ihm sei im September 2015 klar gewesen, dass der Erfolg der Integration abhängig sei von der Zahl der zu Integrierenden. "Anders formuliert: Wenn deren Zahl explodiert, dann wird Integration schwierig", sagte der österreichische Regierungschef.

Vorstellungen zur EU-Asylreform

Mit Blick auf eine angestrebte Asylreform in der EU betonte Kurz, dass die Staatengemeinschaft vor allem auf den Außengrenzschutz, den Kampf gegen Schlepper und die Hilfe vor Ort setzen müsse. Zugleich lehne er Konzepte ab, mit denen Staaten gezwungen würden, Flüchtlinge aufzunehmen. "Ich halte das für nicht realistisch", sagte er angesichts des Widerstands in vielen EU-Staaten.

Deutschland will in seiner EU-Ratspräsidentschaft Pläne zu einer Neuaufstellung der EU-Asylpolitik vorantreiben. Dabei sollen die Aussichten von Migranten auf Schutz in Asylzentren an der Außengrenze geprüft werden und nur die weiterreisen dürfen, die Aussicht auf Erfolg haben. Sollten Länder in der EU bereit sein, Flüchtlinge aufzunehmen, dann sei der beste Weg dafür die Umsiedlung schutzbedürftiger Flüchtlinge direkt aus den Krisengebieten, sagte Kurz. "Den Umfang kann jeder Staat für sich entscheiden."

Kritik an "Wirtschaftsmigranten"

Zudem warnte Kurz vor gesellschaftlichen Veränderungen durch Migration. "Wir haben es teils mit dem Phänomen eines importierten Antisemitismus zu tun. Und auch die Wertevermittlung ist schwierig", sagte der Kanzler. Er sei froh, dass der politische Rahmen und die Entscheidungen in Europa heute ganz anders seien als vor fünf Jahren. "Heute investiert die EU Geld, um die Grenzen gemeinsam zu sichern." Damals sei das Geld investiert worden, um Menschen möglichst schnell von Italien oder Griechenland nach Mitteleuropa zu transportieren.

Die aktuelle Situation auf der zentralen Mittelmeerroute hält Kurz für problematisch. Viele Menschen seien vor allem aus Tunesien wegen der dortigen, coronabedingten Wirtschaftskrise erneut auf dem Weg von Afrika nach Italien. "Das sind somit keine wirklichen Flüchtlinge, sondern Wirtschaftsmigranten."

Quelle: ntv.de, cri/dpa


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