November-Shutdown könnte deutsche Wirtschaft 19 Milliarden Euro kosten - und zahlreiche Jobs

  01 November 2020    Gelesen: 685
 November-Shutdown könnte deutsche Wirtschaft 19 Milliarden Euro kosten - und zahlreiche Jobs

Der Kampf gegen die zweite Corona-Welle dürfte Ökonomen zufolge Deutschland teuer zu stehen kommen. Gastronomen und Hoteliers werden zwar entschädigt, könnten aber erneut besonders leiden.

Die deutsche Wirtschaft warnte eindringlich vor den Folgen eines zweiten Corona-Shutdowns. Genützt hat es nichts: Bund und Länder haben von Montag an erneut massive Schließungen und Kontaktverbote erlassen.

Dieses einmonatige Herunterfahren mancher Wirtschaftszweige dürfte der Volkswirtschaft Berechnungen von Ökonomen zufolge einen hohen Schaden zufügen. Der Shutdown werde rund 19,3 Milliarden Euro kosten, ermittelte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) für die "Welt am Sonntag". Mit Einbußen von 5,8 Milliarden Euro sind demnach Gastronomie und Hotels am härtesten betroffen.

Das wäre ein Verlust von 55 Prozent der üblichen Wirtschaftsleistung in einem Vierteljahr. Allerdings werden viele betroffenen Unternehmer die Umsatzrückgänge nicht allein stemmen müssen. Die Politik plant, vielleicht auch, um Klagen zu verhindern, großzügige Entschädigungen. Bis zu 75 Prozent der Vorjahresumsätze sollen ausgeglichen werden - so viel dürften in den vergangenen Monaten wohl nur wenige Wirte oder Hoteliers erzielt haben.

Der Eingriff in Grundrechte wie Berufsfreiheit und Eigentum wird also mit Steuergeld erkauft. Schwarz erwirtschafte Einnahmen oder Trinkgeld werden jedoch nicht erstattet. Lesen Sie hier: Wer die neuen Hilfen vom Staat bekommt - und wer nicht.

Wieder mehr Kurzarbeiter erwartet
Die Bereiche Sport, Kultur und Unterhaltung müssen laut DIW ein Minus von 2,1 Milliarden Euro verkraften, der Handel von 1,3 Milliarden Euro. Die deutsche Industrie muss dem DIW zufolge mit einem Minus von 5,2 Milliarden Euro rechnen. Ein Großteil der übrigen Summe entfällt auf Unternehmensdienstleister, Logistikunternehmen und auch Kinobetreiber.

Auch auf den Arbeitsmarkt dürfte der Lockdown ausstrahlen. Die Zahl der Beschäftigten wird laut DIW-Prognose im laufenden vierten Quartal um knapp 100.000 sinken. Die Zahl der Kurzarbeiter werde bis Ende des Jahres um 400.000 auf 3,2 Millionen steigen. 2021 dürfte dann die Zahl der Firmenpleiten als auch die der Arbeitslosen steigen. Letztere wird aktuell noch durch die Kurzarbeit abgemildert.

Auch das arbeitgebernahe Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln rechnet mit dramatischen Folgen für Wirtschaft und Arbeitsplätze. 591.000 Menschen würden für dieses Jahr dadurch ihren Job verlieren, im nächsten Jahr noch einmal 15.000 Menschen - "vorausgesetzt, der Lockdown geht wie angekündigt zu Ende", sagte IW-Direktor Michael Hüther der "Bild am Sonntag".

Schäden durch An- und Abschalten der Wirtschaft
"Der Lockdown light bis Ende November, den wir jetzt haben, wird das BIP voraussichtlich um einen Prozentpunkt senken", sagte Hüther demnach. Dauere der Lockdown noch länger, könnte das BIP um zwei Prozentpunkte sinken, so Hüther weiter. "Dann können wir für nächstes Jahr mit 180.000 zusätzlichen Arbeitslosen rechnen." Zudem verursache das wiederholte Ab- und Anschalten weiter Teile einer Volkswirtschaft strukturelle Schäden. "Die daraus folgenden Verluste müssten hinzuaddiert werden."

Zu Wochenbeginn müssen wieder verbreitet Gastronomie sowie Freizeit-, Kultur- und Sporteinrichtungen schließen. Der Handel sowie Schulen und Kitas sollen geöffnet bleiben. Hier lesen Sie, welche Regeln ab Montag gelten.

Die DIW-Forscher um Marcel Fratzscher hoffen immerhin auf eine deutliche Erholung im kommenden Jahr. "Wir gehen davon aus, dass das Bruttoinlandsprodukt 2021 wieder deutlich wird zulegen können - allerdings nur, wenn die zweite Infektionswelle bald gestoppt werden kann", sagte der DIW-Präsident.

In der Bevölkerung stößt der Lockdown im November auf Zustimmung. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Kantar für die "Bild am Sonntag" halten 59 Prozent die von der Regierung beschlossenen Maßnahmen für genau richtig. 28 Prozent finden sie überzogen, 12 Prozent wünschen sich noch striktere Regeln, ein Prozent antwortete mit "weiß nicht".

spiegel


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