Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Berlin wurde im Januar 2015 mit dem Ziel gegründet, auch solche Vorfälle zu erfassen, die nicht in die offizielle Polizeistatistik mit einlaufen. Hierfür wurde ein Online-Meldeportal geschaffen. Betroffene können nun unter www.report-antisemitism.de direkt berichten. Seither haben sie die Meldungen vervielfacht.
"Die starke Zunahme an Meldungen seit der Bekanntmachung der neuen Meldemöglichkeiten zeigt lediglich, dass wir den richtigen Weg eingeschlagen haben, um mehr über das Ausmaß von Antisemitismus im Alltag unserer Stadt zu erfahren", sagte Koordinator Benjamin Steinitz. Er vermutet trotz der jetzt schon sehr hohen gemeldeten Zahl noch eine große Dunkelziffer.
401 Vorfälle für 2015 gemeldet
"Wir erwarten vom Berliner Senat eine konsequente Null-Toleranz-Politik gegen antisemitische Täter, sei es auf Demonstrationen oder auf den Sportplätzen. Die Stadtgesellschaft muss hier stärker Flagge zeigen, und auch Polizei und Sicherheitsbehörden können noch früher und konsequenter eingreifen", fordert Berger vom AJC. Besonders besorgt sei sie über die niedrige Aufklärungsrate bei antisemitischen Taten und Vorfällen. Aufklärung sei aber besonders wichtig, um zu zeigen, "dass Antisemitismus nicht toleriert wird".
Nach Angaben der Informationsstelle sind bislang 401 antisemitische Vorfälle für das Jahr 2015 bekannt, wovon lediglich 183 in der offiziellen Polizeistatistik erfasst sind (193 im Jahr 2014). 151 Personen waren direkt von Bedrohungen und aggressiven Pöbeleien und Angriffen betroffen, darunter fallen auch gezielte Zuschriften gegen Einzelpersonen und Institutionen. Dabei wurden 31 Personen verletzt. Die meisten Betroffenen waren als Juden erkennbar.
Die Konsequenz: "Immer mehr Juden berichten uns, dass sie sich seltener oder gar nicht mehr als Juden in der Öffentlichkeit zu erkennen geben. Denn wir erleben seit einigen Jahren eine Radikalisierung antisemitischer Täter. Die Hemmschwelle zur Gewaltandrohung und -anwendung sinkt dabei stetig", berichtet Berger, die seit 30 Jahren in Deutschland die Entwicklung des Antisemitismus beobachtet.
Quelle : welt.de
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