Wer glaubt, dass jeder Plug-in-Hybrid gleich ist, der irrt. Und ich meine jetzt hier nicht die unterschiedlichen Verbrennungsmotoren. Es geht vielmehr um das Gesamtkonzept und die Idee dahinter. Klar, jeder Hersteller eines PHEV wirbt mit der rein elektrischen Reichweite, die allein schon, damit der Wagen im Rahmen der durch die Bundesregierung ausgelobten Umweltprämie förderfähig ist, mindestens 50 Kilometer betragen muss und natürlich mit der nicht vorhandenen Reichweitenangst, weil man ja über die Langdistanz dann auch mit dem Verbrenner fahren kann. Na ja, eigentlich fahren muss. Aber dazu später.
Die beiden Prinzipien erfüllt jedenfalls auch der Kia Ceed Sportswagon Plug-in-Hybrid, der allerdings nicht, wie von den Koreanern behauptet, der erste Hybrid-Kombi auf dem deutschen Markt ist. Doch wie dem auch sei, Kia verspricht für den Ceed eine rein elektrische Reichweite von bis zu 60 Kilometern und das mit einer Spitzengeschwindigkeit von 120 km/h. Hier wäre dann auch schon der erste Unterschied zu anderen Plug-in-Hybriden, die batteriegetrieben immerhin bis zu 140 km/h schnell werden können. Dass der Kia das nicht kann, spielt aber keine Rolle, denn wer rein elektrisch fährt, der macht das vorzugsweise in der Stadt und im Ceed auf eigenen Wunsch.
Start erfolgt im Hybrid-Modus
Den vermeldet der Fahrer über einen Tastendruck in der Mittelkonsole an die Elektronik. Denn prinzipiell startet der Ceed nämlich im Hybrid-Modus. Das heißt, er sucht, fußend auf den Fahrgewohnheiten des Piloten, den bestmöglichen Wechsel zwischen dem 1,6-Liter-Benzindirekteinspritzer mit 105 PS und dem Elektromotor, der weitere 60,5 PS zur Verfügung stellt. In Summe führt das zu einer Nennleistung von 141 PS. Mit dieser Kombination ist der Koreaner dann auch gut unterwegs. Den Standardsprint erledigt er mit einem maximalen Drehmoment von 265 Newtonmetern in 10,8 Sekunden und wer mit voller Akkuladung unterwegs ist, der bringt den leeren Kia mit 1,5 Tonnen dann auch mit etwas Geduld auf Tempo 195.
So gesehen kann man mit Fug und Recht behaupten, dass auf der Langdistanz 160 km/h eine wunderbare Reisegeschwindigkeit sind. Denn der Kia ist fein gedämmt, die Lenkung arbeitet angenehm direkt und die Fahrwerksabstimmung hält das Ungemach der Straße von den Insassen fern. Im sanften Wechselspiel der Motoren wird die Gangverteilung des Verbrenners über sechs Stufen von einem Doppelkupplungsgetriebe übernommen, das nicht ganz ohne zu Rucken arbeitet. Der Verbrauch liegt im Schnitt über 100 Kilometer bei 6,1 Litern für den Verbrenner und 13,8 kWh zieht der E-Motor aus dem Lithium-Ionen-Polymer-Akku.
Ohne Energie wird es zäh
Nun verliert aber Letztgenannter schneller seine Energie, als die 37 Liter Benzin aus dem Tank verschwinden. Ergo, nach ungefähr 120 Autobahnkilometern steht die Batterieanzeige auf acht Prozent. Wer das mit dem Smartphone vergleicht, weiß, dass hier jetzt vermehrt Ladehinweise auftauchen. Doch während das Handy im Kia induktiv geladen werden kann, müsste der Koreaner für die nächsten 2,5 Stunden an eine Ladestation mit einem Typ-2-Anschluss und bis zu 22 kW Ladeleistung. Neben dieser Art der Befüllung kann der Akkumulator des Ceed natürlich auch an der Haushaltssteckdose geladen werden, was deutlich länger dauert. Lediglich die Schnellladestationen muss der Koreaner auslassen, denn diese Art der Power-Betankung ist hier, wie bei den meisten Plug-in-Hybriden, nicht vorgesehen.
Insofern wird es in der Regel auch nicht dazu kommen, dass sich der Fahrer an der Autobahn auf eine zweistündige Pause einlässt, sondern er wird seine Fahrt mit dem Verbrenner zu Ende bringen. Allerdings muss er dann auch mit einem gewissen Maß an Gleichmut hinnehmen, dass dem eben noch flott antretenden Ceed ab Tempo 140 schier die Luft ausgeht. Statt wie eben noch mit der Kraft der zwei Herzen locker bis 190 km/h zu beschleunigen, quält das Motörchen die Tachonadel jetzt an die Marke von 160. Nicht auszudenken, wie sich das anfühlt, wenn der auf 473 Liter geschrumpfte Kofferraum und die Rückbank mit zwei weiteren Reisenden bestückt sind. Da hilft es dann auch nicht mehr, den Fahrmodus Eco zu verlassen und Sport einzustellen, denn das Programm ist angesichts der 105 PS des Verbrenners reine Makulatur. Was dem Benziner aber zugutegehalten werden muss, ist, dass er trotz äußerster Anstrengung nicht laut wird. Was allerdings auch mit der insgesamt sehr guten Dämmung des Ceed zu erklären ist.
Und dennoch hat es das Triebwerk nicht leicht, was für den Fahrer an zwei Dingen deutlich wird: Zum einen quält sich der Koreaner auch ohne Zuladung über jeden Hügel, zum anderen steigt der Benzinverbrauch auf bis zu 10 Liter über 100 Kilometer an. Das ist dann wohl auch der Punkt, an dem der Plug-in-Hybrid seine Grenze nicht nur mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit erreicht hat. Ganz anders sieht es im Stadtverkehr aus. Wer hier den Modus "Auto" wählt, lässt einmal mehr die Elektronik über die Wechsel zwischen den beiden Antriebsarten entscheiden und kommt am Ende, selbst wenn auf seinen täglichen Wegen ein Stück Schnellstraße oder Autobahn liegt, auf einen Spritverbrauch von 2,1 Liter und einen Energieverbrauch von 9,8 Kilowattstunden. Auch der rein elektrische Vortrieb überrascht im urbanen Geläuf positiv. Die 60 Kilometer sind zwar beim besten Willen nicht zu schaffen, aber 52 Kilometer sollten bei zurückhaltender Fahrweise und mit der Energierückführung, also dem Rekuperieren über Bremsen und Rollen, allemal drin sein.
Preislich durchaus attraktiv
Wer für sich entscheidet, dass er seinen Kia Ceed 1,6 GDI Plug-in-Hybrid vorzugsweise für die Kurzstrecke benutzen möchte und auch die entsprechenden Ladestationen in der Nähe hat, oder es wie der Autor während des Tests als Körperertüchtigung ansieht, zweimal täglich die drei Kilometer zur nächsten Ladestation zu Fuß zurückzulegen, der kann mit dem in der Grundausstattung nur 34.990 Euro teuren Wagen sogar glücklich werden.
Rechnet er zudem die mögliche Förderprämie von 7210 Euro ein, die Staat und Hersteller gemeinsam zahlen, sind vielleicht sogar noch die Begehrlichkeiten drin, die die höchste Ausstattungslinie in der Platinum Edition für 41.190 Euro ohne Abzüge bietet. Dazu gehören der intelligente Parkassistent, der den Ceed sehr souverän und völlig selbständig in und aus den Parkbuchten manövriert, ebenso wie eine sensorgesteuerte Heckklappe, elektrisch einstellbarer Fahrersitz, ein digitales Cockpit und ein riesiges Panoramaglasdach.
Sollte man darauf weniger Wert legen, dafür aber auf Sicherheit setzen, steht eine ganze Armada an elektronischen Helferlein bereit, die bereits mit der Ausstattungslinie Spirit und ohne Bonus für 36.190 Euro zu bekommen sind. Da gibt es dann einen Frontkollisionswarner mit aktivem Bremseingriff, eine adaptive Geschwindigkeitsregelanlage mit Stauassistent, einen Querverkehrswarner und einen Spurwechselassistenten mit Totwinkelwarner. Alle zusammen verrichteten im Test ausgezeichnete Arbeit, nur mit einem kleinen Wermutstropfen. Tatsächlich war der Autor der Annahme, dass gerade auf der Langdistanz die Algorithmen so arbeiten würden, dass wenn man dem Wagen die alleinige Entscheidung über Gas und Bremse überlässt, der Spritverbrauch sinken würde. Leider war das Gegenteil der Fall. Nahm der Autor diese Entscheidungen selber in die Hand, sank der Gesamtverbrauch deutlich.
Fazit: Der Kia Ceed 1,6 GDI Plug-in-Hybrid hat seine Vorteile. Die Langstrecke gehört, wie bei allen Plug-in-Hybriden, nicht dazu. Punkten kann er über die Distanzen, die entweder rein elektrisch bewältigt werden können oder die, die in einem sinnvollen Wechsel der beiden Antriebsarten zu absolvieren sind. Fahrwerk, Lenkung und selbst das Doppelkupplungsgetriebe sind mit kleinen Abstrichen eine Empfehlung. Ob der Vierzylinder, der die eher schlappen 105 PS aus 1600 Kubikzentimetern Hubraum schöpft, die richtige Entscheidung für den Ceed war, darf mit Blick auf den bräsigen Alleingang, wenn der Akku leer ist, bezweifelt werden. Reizvoll macht den Koreaner auf jeden Fall ein attraktiver Einstiegspreis in Verbindung mit der Umweltprämie und die große Anzahl an gut funktionierenden Assistenzsystemen.
Quelle: ntv.de
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