Mit Blick auf das heutige Gespräch ließen sich Merkel und die Ministerpräsidenten vorab von Experten beraten. Dabei ging es unter anderem um die Gefahr, die von mutierten, deutlich ansteckenderen Coronaviren ausgeht. Unser Hauptstadt-Korrespondent Stephan Detjen sagte im Deutschlandfunk, bei dem Treffen sei noch einmal „massiv“ die Sorge zum Ausdruck gebracht worden, dass die Pandemie außer Kontrolle geraten könnte.
Wie die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Teilnehmerkreise berichtet, warnten etwa die Braunschweiger Virologin Melanie Brinkmann sowie der Helmholtz-Infektionsforscher Michael Meyer-Hermann davor, dass sich diese neuartigen Virus-Varianten auch in Deutschland rasant ausbreiten könnten. Deshalb müssten die Infektionszahlen mit harten Maßnahmen schnell nach unten gedrückt werden.
Meyer-Hermann hatte gerade erst im Deutschlandfunk einen Inzidenzwert von Null als Ziel in der Pandemie genannt. Er argumentiert, auf diese Weise könne die Motivation der Bevölkerung wieder erhöht werden, sich an die Maßnahmen zu halten.
Forderung nach „scharfem Lockdown“
Bei dem Gespräch der Kanzlerin und der Regierungschefs der Länder mit den Experten betonte Rolf Apweiler, Direktor des European Bioinformatics Institute Cambridge, dass die in Großbritannien festgestellte Virus-Variante für sechs bis achtmal mehr Corona-Fälle im Monat sorge als das herkömmliche Virus. Er forderte deshalb einen „scharfen Lockdown“, schnelles Impfen und breite Gensequenzierung zur Erkennung der Virus-Varianten, um die Infektionszahlen zügig zu senken. Wenn jedoch der politische Wille fehle, würden auch die besten Teststrategien nichts bringen, warnte der Wissenschaftler.
Angst vor Ausbreitung auch hierzulande
Auch der Mobilitätsforscher Kai Nagel von der TU Berlin befürchtet, dass sich die hochansteckende Coronavirus-Mutation B117 zunehmend in Deutschland ausbreitet. Er hat dem Bericht zufolge verschiedene Modelle vorgestellt, welche Auswirkugen mögliche Lockerungen der Schutzmaßnahmen haben könnten. Sein Fazit: Wenn man Schulen öffnen wolle, müssten andere Aktivitäten weiter stark beschränkt bleiben, damit der sogenannte R-Wert insgesamt nicht über eins steige. Der R-Wert gibt an, wie viele Personen ein Infizierter rechnerisch ansteckt.
Der Experte hält demnach eine strikte Einschränkung aushäusiger Aktivitäten, eine Ausgangssperre am Abend sowie FFP2-Maskenpflicht am Arbeitsplatz für sinnvoll. Wenn man Schulen öffne, sollten die Klassen halbiert werden und alle Kinder FFP2-Masken tragen.
Beratungen am Nachmittag
Bundeskanzlerin Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder beraten am Nachmittag über weitere Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Als sicher gilt eine Verlängerung des Lockdowns bis Mitte Februar. Im Gespräch sind zudem nächtliche Ausgangssperren und eine FFP2-Maskenpflicht in bestimmten Bereichen wie dem Bahnverkehr und dem Einzelhandel. Einige Länder wollen sich dafür einsetzen, dass mehr Beschäftigte im Homeoffice arbeiten. Auch Grenzkontrollen sind eine Option.
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