Maserati Grecale Trofeo mit V6 - Leidenschaft verpflichtet

  24 November 2023    Gelesen: 1273
Maserati Grecale Trofeo mit V6 - Leidenschaft verpflichtet

Wie kann man seiner automobilen Leidenschaft Ausdruck verleihen? Beispielsweise mit einer nicht ganz alltäglichen Marke. Dazu zählt Maserati ganz sicher. Nur an SUV dieser Sportwagenmarke gewöhnt man sich bloß langsam. ntv.de hat den Grecale einem Praxistest unterzogen.

Die schlechte Nachricht zuerst: Falls Sie, liebe Leser, sich mit dem Gedanken tragen, ein sportliches Maserati-SUV anzuschaffen - das ist gar kein günstiges Vergnügen. Schon als Grundversion startet der mit 4,86 Meter Länge nicht ganz so ausladende, am oberen Rand der Mittelklasse rangierende Grecale ab knapp unter 77.000 Euro. Aber sorry, ein Maserati mit vier Zylindern passt selbst in mageren Downsizing-Zeiten nicht wirklich. Dann lieber gleich die elektrisch angetriebene Version, die ja kommt. Oder eben den Sechszylinder mit dem verheißungsvollen Namenszusatz "Trofeo" zum ambitionierten Kurs von mindestens 111.003 Euro. Puh.

Selbst wenn man das Budget zur Verfügung hätte - der Italiener muss ganz schön viel Entschädigungsleistung aufbringen bei einer solchen Summe. Ob er das qua Design schafft, muss jeder für sich selbst entscheiden. Zumindest haben sich die kreativen Köpfe Mühe gegeben. Nicht nur am riesigen Dreizack im betont großen Kühlergrill identifizieren zumindest Experten die Marke - die traditionell nach hinten ansteigende Fensterlinie sowie die Formensprache der C-Säule sind klare Indizien und freilich historische Designzitate.

Wem die Stilistik des geschichtsträchtigen Labels hingegen ohnehin fremd ist, darf sich spätestens freuen, wenn er auf die Motorstarttaste im Bereich des Lenkrads langt. Und wenn sich der soundstarke Sechszylinder nach dem Kaltstart meldet, wabert eine Welle von emotionaler Wärme durch den Maserati-Innenraum und macht Gänsehaut. Das kann ein batterieelektrisches Auto mit noch so vielen Klanggeneratoren nur schwer.

Warum ein Maserati-SUV? Weil SUV gefragt sind

Okay, dann lass mal losrollen. In einem Anflug von Modernisierungswillen gepaart mit dem Drang, es irgendwie besonders zu machen, spendiert der Stellantis-Konzern seinem edelsten SUV Drucktasten als Bedienung für den achtstufigen Wandlerautomaten. Aha, hier ist der Italiener also State of the Art. Zum Rest des Interieurs später noch mehr.

Während ich so dahincruise, kommt mir die philosophische Sinnfrage nach einem Maserati-SUV. Möchte die Marke nicht sportliche Autos bauen? Demnach wäre ein solcher Allradler also eigentlich kontraproduktiv, oder? Höhere Sitzposition? Na ja, so schrecklich hoch sitzt man auch nicht. Anhängelast? Geht so mit 2500 Kilogramm. Allerdings müsste man die Gründe gar nicht beim Hersteller suchen, sondern eher bei der Kundschaft. SUV scheint sexy zu sein, wenn selbst Marken wie Ferrari oder Lotus jüngst damit angefangen haben.

Was man sagen kann, ist, dass der Grecale eine fein austarierte Mischung zwischen komfortabler Anmutung und sportiver Darbietung liefert. Üppige und kommode Sessel (natürlich klimatisiert) mit einem Hauch von Seitenhalt und denkbar geschmeidiger Lederpolsterung tun gute Dienste auf der Langstrecke, werfen den Fahrer aber auch nicht aus der Bahn, wenn er ein bisschen Kurven räubern möchte auf der Landstraße. Bodenwellen luftfedert der Zweitonner recht wirkungsvoll weg. Insofern darf dieses SUV wiederum als legitimes Multifunktionsvehikel durchgehen. Und Platz bietet es ja auch noch, sogar hinreichend viel für Mensch und Gepäck (etwa 1600 Liter).

Beim Anfassen und Hantieren mit dem Lenkrad auf kurvigen Abschnitten verströmt der Grecale einen Hauch von Alfa Romeo Stelvio. Diese sportliche Note tut dem luxuriöseren Maserati gut. Die Lösung ist: Auch der Dreizack basiert auf der bewährten Giorgio-Plattform, auf der fahrwerksseitig über alle Zweifel erhabene Offerten (wie beispielsweise die legendäre Giulia Quadrifoglio) stehen, wie ihnen in der Fachpresse immer wieder bescheinigt wird.

Volle Infotainment-Dröhnung

Spannend ist, auf welche Art und Weise die Innenarchitektur des zweitjüngsten Maserati die Gunst der modernen Generation erobern will. Touch ja, aber bitte nicht zu viel Umständlichkeit. So bleibt ein eigenes Bedienfeld für die Klimaanlage erhalten (hier hantiert man schließlich täglich), während der darüber platzierte Hauptscreen für die restlichen Funktionen zuständig ist. Und das sind ziemlich viele, allerdings erfolgt die Bedienung weitgehend intuitiv.

Außerdem hat Maserati seine traditionelle Analoguhr in die Moderne gerettet, indem aus mechanischen Zeigern einfach Display geworden ist. Aber der Zeitmesser (jetzt mit diversen Features) ist rund geblieben. Dass auch das Kombiinstrument nur noch aus Display besteht, sei am Rande erwähnt. Um die volle Infotainment-Dröhnung perfekt zu machen, spendiert Maserati ebenso ein Head-up-Display.

Erstaunlich ist, dass die Italiener die Verarbeitungsqualität inzwischen in den Griff bekommen haben, wenngleich der eine oder andere Softlack-Taster (insbesondere die am Lenkrad) eine Spur wertiger aussehen könnte. Das gleichen akkurat gezeichnete Doppel-Ziernähte in sportivem Gelb wieder aus.

Nach dem moderaten Cruisen muss der Trofeo dann aber doch noch einmal zeigen, was die 530 Pferdchen des Turbos so draufhaben. Unter voller Last reißt der Italiener biestig an, schiebt urgewaltig und sprotzelt mit voller akustischer Power aus den vier Endrohren. Traktionsprobleme sind dank variablen Allradantriebs plus Hinterachs-Differenzialsperre wohl nicht zu erwarten, weshalb die Werksangabe von 3,8 Sekunden für den Sprint auf 100 km/h völlig glaubwürdig erscheint. In der Spitze sind 285 km/h drin.

Unter forciertem Einsatz schlürft der Sechsender natürlich auch mal ein paar Literchen mehr weg, bei zurückhaltender Autobahnfahrt sind die Verbrauchswerte allerdings einstellig. Motorseitig geht Maserati trotz Giorgio-Unterbau mittlerweile einen anderen Weg als Alfa und setzt auf den frisch entwickelten Nettuno-Dreizylinder, der auch den rassigen Supersportler MC-20 befeuert. Hier kommt der emotional klingende Sechszylinder allerdings ohne aufwendige Trockensumpfschmierung zurecht.

Klar, der Grecale ist kein Tracktool für maximale Querperformance - es besteht also keine Gefahr, dass der Ölfilm abhanden kommen könnte. Aber aber ein veritables Multifunktionstool mit viel Komfort und Platz, das eine erfrischende Alternative darstellt zum eingebürgerten heimischen Wettbewerb in unseren Breiten. Eines übrigens, das sich auch hinsichtlich seiner technologischen Peripherie so gar nicht verstecken braucht. Denn selbst Dinge wie LED-Matrixlicht oder umfangreiche Assistenz inklusive Tempomat, der dafür sorgt, das Auto im zähen Autobahnstau oder wahlweise Stadtverkehr selbsttätig bis zum Stillstand herunterzubremsen, sind am Start. Ausprobieren lohnt sich.

Fazit: Der sündhaft teure Maserati Grecale Trofeo mit rassigem Sechszylinder ist eine durchaus wertige Alternative zum heimischen SUV-Wettbewerb. Echte Schwächen leistet er sich nicht. Und man muss ehrlicherweise sagen, dass den Italienern mit ihrem jungen Modell noch einmal ein Qualitätssprung gelungen ist bezüglich seiner Materialverarbeitung. Allein die Softlack-Tasten dürften einen Zacken höherwertig ausfallen. Es muss ja schließlich auch noch was zu tun geben im Hause Maserati.

Quelle: ntv.de


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