Schulversuch in Hamburg: Streit um Waldorf-Experiment eskaliert

  08 Juli 2016    Gelesen: 380
Schulversuch in Hamburg: Streit um Waldorf-Experiment eskaliert
An einer staatlichen Hamburger Grundschule gestalten Waldorfpädagogen und Regelschullehrer gemeinsam den Unterricht. Doch um das Experiment tobt seit Monaten ein Streit - der jetzt eskaliert.
Es ist ein bundesweit einmaliger Schulversuch: Waldorfpädagogen unterrichten in Hamburg gemeinsam mit Regelschullehrern an einer staatlichen Ganztagsschule. Am vergangenen Freitag verkündete jedoch der Verein für Interkulturelle Waldorfpädagogik Wilhelmsburg, dass er nicht mehr mitmachen wolle: "Die Unterschiede zwischen den pädagogischen Konzepten haben sich als zu groß erwiesen." Man ziehe sich aus dem Projekt zurück.

Die Behörde, die Schule und der Waldorfverein schlossen daraufhin 2014 einen Kooperationsvertrag. Er sah unter anderem "intensive musische, künstlerische und handwerkliche Lernangebote" vor, sowie eine "Reduzierung von Leistungs- und Notendruck". Außerdem sollten in jeder neu eingerichteten Klasse ein Waldorfpädagoge und eine staatliche Lehrkraft gemeinsam unterrichten.

Konflikte von Anfang an

Die Frage, wie der Unterricht allerdings konkret aussehen sollte, führte von Anfang an zu Konflikten. Der Waldorfinitiative missfiel unter anderem, dass der für die Waldorfpädagogik typische Epochenunterricht in den ersten zwei Stunden nicht durchweg von Waldorfpädagogen gehalten werden konnte.

Im Epochenunterricht haben die Grundschüler morgens zum Beispiel Deutsch, dann drei bis vier Wochen Mathe, drei bis vier Wochen Formenzeichen, dann wieder Deutsch und so weiter.

In seiner Stellungnahme greift der Verein auch den Schulleiter an, der kein "echtes Interesse an einem Konsens" gehabt habe. Der Bund der Freien Waldorfschulen machte nun seine Drohung wahr und verbot der Schule, mit "waldorfpädagogischen Elementen" zu werben. Von diesen Elementen seien zu wenige in den Schulalltag eingeflossen.

Die Zeitung "taz" berichtete daraufhin, der Schulversuch sei "geplatzt". Das "Hamburger Abendblatt" formulierte, das Experiment habe "nicht funktioniert".

"Das Beste aus zwei Welten"

Die Schulleitung und die Schulbehörde sehen das anders. "Der Schulversuch läuft weiter", sagte Schulleiter Jochen Grob. Es gehe dabei darum, "das Beste aus zwei Welten" zusammenzubringen - und nicht darum, eine staatlich finanzierte Waldorfschule zu betreiben. Von neun Waldorflehrern verließen nur zwei die Schule. Die anderen arbeiteten weiter engagiert mit - und die beiden offenen Stellen würden nachbesetzt.

Auch im kommenden Schuljahr stehen Epochenunterricht sowie Handarbeit und Werken auf den Stundenplänen. Außerdem solle es Fortbildungen in Waldorfpädagogik für das Kollegium in der Fährstraße geben, sagte Grob.

Die Schulbehörde teilte mit, dass man alle Vereinbarungen des Vertrages mit dem Verein - ungeachtet von dessen Rückzug - umsetzen wolle. Für Schüler, Eltern und Lehrer ändere sich nichts Wesentliches, sagte Pressesprecher Peter Albrecht. Und: "Das Modell staatliche Schule mit waldorfpädagogischen Elementen halten wir für Wilhelmsburg - nach wie vor - für richtig und zukunftsweisend."

Nun muss noch eine neue Beschreibung für den Schulversuch gefunden werden, ohne "Waldorf".


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