Wintershall setzt unbeirrt auf Nord Stream 2

  02 Februar 2017    Gelesen: 744
Wintershall setzt unbeirrt auf Nord Stream 2
Die Pipeline Nord Stream 2 soll Erdgas durch die Ostsee leiten und etwa zehn Milliarden Euro kosten. Die Suche nach einer neuen Beteiligungsform für das umstrittene Projekt gestaltet sich jedoch schwieriger als gedacht.
Ungeachtet der langwierigen Suche nach einem neuen Kooperationsmodell will sich die BASF-Tochtergesellschaft Wintershall weiterhin an der umstrittenen Erweiterung der Ostsee-Pipeline Nord Stream beteiligen. Auch die übrigen europäischen Unternehmen, die wie Wintershall vor rund einem halben Jahr bei der geplanten Zusammenarbeit mit dem russischen Erdgaskonzern Gasprom einen unerwarteten Rückschlag hinnehmen mussten, stehen zum Bau von „Nord Stream 2“. Wintershall sei „ebenso wie die anderen Antragsteller überzeugt, dass das Projekt für das europäische Energiekonzept von entscheidender Bedeutung ist und prüft alternative Formen für eine Unterstützung“, sagte Thilo Wieland, für Russland zuständiges Vorstandsmitglied, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung bei einem Besuch in Moskau.

Wie diese Unterstützung für die geschätzt 10 Milliarden Euro teure Erdgasleitung aussehen soll, darüber zerbrechen sich auch die Experten bei Gasprom und den anderen europäischen Partnern Uniper (ehemals Eon), OMV (Österreich), Shell (Niederlande) und Engie (Frankreich) ihre Köpfe. Die Kapazität von Nord Stream soll verdoppelt werden; statt maximal 55 Milliarden Kubikmeter könnten so jährlich bis zu 110 Milliarden Kubikmeter russisches Erdgas nach Deutschland strömen.

Eigentlich sollte ein ähnliches Beteiligungsmodell wie bei der ersten Nord Stream aufgesetzt werden: Gasprom wollte 50 Prozent an der neuen Gesellschaft halten, die Europäer je 10 Prozent. Doch nachdem die polnische Wettbewerbsbehörde erkennen ließ, dass sie diesem Plan nicht zustimmen werde, zogen die Unternehmen im August 2016 ihren Antrag auf Genehmigung zurück.

Die Suche nach einem neuen Modell
Gasprom versprach im Herbst, bis Jahresende ein neues Modell zu präsentieren. Doch bisher ist nichts geschehen. „Es steht noch nicht fest, wann die Suche beendet ist“, sagt Wintershall-Vorstand Wieland. Spekuliert wurde über verschiedene Varianten, etwa die Ausgabe von Wandelanleihen durch die neue Betreiberfirma oder eine Ausdehnung des Zuständigkeitsbereichs der ersten Nord-Stream-Gesellschaft. Eigentlich wollte jeder der Konzerne entsprechend seinem Aktienanteil einen Teil zur Finanzierung beisteuern. Nun ist Gasprom die einzige Aktionärin und muss den Bau allein finanzieren.

Im laufenden Jahr will der staatlich kontrollierte Erdgasriese für Nord Stream 2 rund 111 Milliarden Rubel (1,7 Milliarden Euro) ausgeben. Das ist mehr als doppelt so viel wie früher vorgesehen. Der Beton und die Röhren sind bestellt, im zweiten Halbjahr soll die Verlegung durch die Ostsee beginnen. Die ersten Gaslieferungen wurden für Ende 2019 angekündigt.

Gasprom hat noch weitere Pläne
Doch dies ist nicht das einzige Projekt für Gasprom: 2017 soll der Bau der Pipeline Turkish Stream durch das Schwarze Meer zur Türkei starten, hinzu kommen umgerechnet 2,5 Milliarden Euro für Rohrleitungen im Fernen Osten. Zum ersten Mal seit Jahren dürfte Gasprom laut russischen Berichten die Menge an Investitionen nicht mehr aus den laufenden Einnahmen finanzieren können, sondern wird sich verschulden müssen.

Nord Stream 2 ist in der EU politisch umstritten, weil Russland nach der Inbetriebnahme den Gastransit durch die Ukraine senken und die lukrativen Märkte in Westeuropa direkter bedienen möchte. Deutschland ist der größte Kunde des Exportmonopolisten für russisches Pipeline-Gas. Länder wie Polen befürchten hingegen, leichter zur Zielscheibe für den Kreml zu werden. Für die kooperationswilligen Unternehmen und die Bundesregierung überwiegt angesichts der sinkenden Eigenproduktion von Gas in Europa das geschäftliche Kalkül. Betriebswirtschaftlich sei Nord Stream 2 äußerst sinnvoll und garantiere niedrige Transportkosten, so Wintershall-Vorstand Wieland.

Allerdings ist Nord Stream 2 ohne politischen Konsens schwer umzusetzen. Spätestens bei den Investitionen zur Weiterleitung des Erdgases auf europäischem Boden greift die konfliktträchtige EU-Regulierung. So dauerte es Jahre, bis ein Kompromiss für die Nutzung der Pipeline Opal gefunden wurde, die Erdgas aus der ersten Nord Stream transportiert. Lange durfte Gasprom sie nur zur Hälfte befüllen, was die Auslastung von Nord Stream begrenzte. Nun kann der Konzern Opal zu 80 Prozent und eventuell mehr nutzen.


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