Zu diesem Zeitpunkt konnte der Student nicht mehr sprechen, nicht sehen und reagierte auch nicht auf Ansprache. Er hatte kaum noch etwas mit der Person gemeinsam, die Ende 2015 zu einer China-Reise aufgebrochen war und sich dann noch für einen Abstecher nach Nordkorea entschieden hatte.
Otto Warmbier wuchs US-Medien zufolge in Cincinnati, im US-Bundesstaat Ohio, als eines von drei Kindern einer jüdischen Familie auf. Sein Vater Fred Warmbier hat seine eigene metallverarbeitende Firma, ein erfolgreiches Geschäft, das sich Otto bereits als Schüler in einem Praktikum ansieht. Schon an der örtlichen High School beeindruckt Otto die Lehrer mit seinem Witz und seiner Intelligenz. Seinen Abschluss macht Warmbier schließlich 2013 als zweitbester Schüler seiner Klasse.
Talentiert und beliebt
Auch unter seinen Mitschülern ist er beliebt, sie wählen ihn zum Kapitän der Schulfußballmannschaft und zum Abschlussball-König. In einem bei Twitter verbreiteten Video ist zu sehen, wie Otto Warmbier in einem weißen Anzug mit einer roten Rose am Revers die Abschlussrede seines Jahrgangs hält. Ein gleichermaßen kluger und charmanter junger Mann, der sein Publikum in einem Moment berührt und im nächsten belustigt. Warmbier spricht darüber, was er und seine Mitschüler für die Welt tun können. Darüber, dass man sich umeinander kümmern müsse und über all die Abenteuer, zu denen sie nun aufbrechen.
Für Otto Warmbier geht es an die Universität von Virginia, er verbringt ein Austauschsemester an der London School of Economics und bereist Europa. Schon vor seinem Studienabschluss hat er Jobangebote. Doch das Abenteuer, das er in seiner High-School-Rede beschrieben hat, lockt ihn: Für ein Auslandssemester will er nach Hongkong, zuvor nach China und für einen Abstecher nach Nordkorea.
Der Veranstalter der Tour wirbt damit, abenteuerlustige Touristen an Orte zu bringen, "von denen deine Mutter dich fernhalten will". Fred und Cindy Warmbier sagen später, ihr Sohn sei neugierig auf das Land gewesen, das nur wenige Menschen jemals sehen dürfen. Auf einem Video ist zu sehen, wie Warmbier sich gemeinsam mit seinen Reisekameraden eine Schneeballschlacht im winterlichen Pjöngjang liefert. Am 2. Januar 2016 wird Otto Warmbier am Flughafen der nordkoreanischen Hauptstadt verhaftet, ihm wird vorgeworfen, ein Propagandaplakat gestohlen zu haben.
In einem Schauprozess wird er anschließend wegen eines "feindlichen Aktes gegen den Staat" zu 15 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Das nordkoreanische Fernsehen zeigt Aufnahmen, auf denen Warmbier weint. Er verliest ein erzwungenes Geständnis und entschuldigt sich. Anschließend verschwindet er im Reich Kim Jong Uns. Ihm wird jede konsularische Betreuung verweigert, er darf keine Besucher empfangen.
Wurde er gefoltert?
Zuletzt können ihn im März 2016 Vertreter der schwedischen Botschaft sehen. Was ihm danach geschieht, darüber kann man nur spekulieren. Nordkorea behauptet, Warmbier habe eine Lebensmittelvergiftung erlitten und daraufhin eine Schlaftablette erhalten. Nach deren Einnahme sei er ins Koma gefallen.
Der "New York Times" zufolge erhielt das Außenministerium zuletzt Geheimdienst-Berichte, die darauf hinweisen, dass "Herr Warmbier in nordkoreanischer Gefangenschaft wiederholt geschlagen worden ist". Nach Aussagen der Ärzte, die Otto Warmbier nach seiner Rückkehr ins University of Cincinnati Medical Center behandelten, könnte er einen Herzinfarkt erlitten haben, der dazu führte, dass das Gehirn nicht mehr mit Sauerstoff versorgt wurde. Es könnte aber auch umgekehrt gewesen sein. Warmbiers Gehirn ist massiv geschädigt, ergibt ein MRT.
Helfen konnten die Ärzte Otto Warmbier nicht mehr. Bei seiner Ankunft habe ihr Sohn verängstigt gewirkt, werden seine Eltern schließlich in der Todeserklärung sagen. "Obwohl wir seine Stimme nie wieder gehört haben, hat sich sein Gesicht innerhalb eines Tages verändert - er kam zur Ruhe. Er war zu Hause und wir glauben, dass er das spüren konnte."
Otto Warmbiers Name steht auch auf der Liste der Absolventen der Virginia University, die im Mai ihren Abschluss gemacht haben - ohne ihn. Die Familie Warmbier sagt, sie habe einen warmherzigen, engagierten, brillanten jungen Mann verloren, dessen Neugier auf und Begeisterung für das Leben keine Grenzen kannte. Und sie beschloss, sich auf die Zeit zu konzentrieren, "die uns mit dieser bemerkenswerten Person gegeben war".
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