Rauchen tötet - vor allem einen Teil unserer Gesellschaft

  06 April 2018    Gelesen: 2228
Rauchen tötet - vor allem einen Teil unserer Gesellschaft

In Deutschland sterben arme Bürger mit schlechter Bildung viel früher als Wohlhabende und Gebildete. Eine neue Studie zeigt: Rauchen trägt erheblich dazu bei. Die Forscher machen die Politik für das Gefälle verantwortlich.

Rauchen ist mit dafür verantwortlich, dass Bundesbürger mit geringer Bildung und wenig Einkommen viel kürzer leben als besser Gebildete und Wohlhabende. Laut einer neuen repräsentativen Studie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf rauchen 42 Prozent aller über 14-jährigen Deutschen, die keinen Schulabschluss haben. Von Bürgern mit Abitur greifen hingegen nur 20 Prozent zu Zigarette, Zigarre oder Pfeife. Die Folge ist laut den Forschern ein dramatisches soziales Gefälle bei Erkrankungen und der Lebenserwartung.

"Der Tabakkonsum ist soziökonomisch sehr ungleich verteilt: Je niedriger Schulabschluss und Einkommen sind, desto höher der Raucheranteil", sagt der Leiter der Studie, der Düsseldorfer Suchtforscher Daniel Kotz, im Gespräch mit dem SPIEGEL. Menschen mit niedrigem sozioökonomischen Status hätten im Schnitt eine fünf bis zehn Jahre niedrigere Lebenserwartung - und 10 bis 20 weniger krankheitsfreie Jahre vor sich als Angehörige höherer sozioökonomischer Schichten.

Während der Raucheranteil bei Deutschen mit hohem und mittlerem Sozialstatus seit einem halben Jahrhundert sinkt, hat sich die Quote unter Bürgern mit niedrigem Sozialstatus kaum verändert.

"Erschreckende Resultate"

"Etwa ein Viertel bis die Hälfte dieser Gesundheitsunterschiede in der Bevölkerung sind auf das Tabakrauchen zurückzuführen", resümieren Kotz und seine Mitautoren in der Studie. Ihre "Deutsche Befragung zum Rauchverhalten" (DEBRA) ist mit mehr als 12.000 Teilnehmern eine der umfangreichsten Untersuchungen zum Thema Rauchen in Deutschland. Die Ergebnisse werden von diesem Freitag an veröffentlicht, die Teilnehmer wurden persönlich befragt.

 

Viele Resultate seien "erschreckend", sagte Kotz. So outeten sich 28,3 Prozent der Studienteilnehmer als Raucher. Damit ist der Tabakkonsum in Deutschland im westeuropäischen Vergleich sehr hoch. Nur in Frankreich, Österreich und Spanien gibt es ähnliche Raucherquoten. In Großbritannien, Belgien, den Niederlanden oder den skandinavischen Staaten liegt der Anteil hingegen bei 7 bis höchstens 20 Prozent. Jährlich sterben mehr als 120.000 Raucher, Ex-Raucher und Passivraucher in Deutschland an den Folgen des Tabakkonsums. Das sind 30-mal mehr Tote als durch Straßenverkehrsunfälle.

Die Suchtforscher machen die deutsche Politik dafür verantwortlich. Der hohe Tabakkonsum sei "vermutlich das Ergebnis einer unzureichenden Umsetzung von Tabakkontrollmaßnahmen", schreiben sie. So werden etwa Nichtraucher, verglichen mit anderen europäischen Ländern, schlecht geschützt.

spiegel


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