Human Rights Watch: Kiew verschleppt Ermittlungen zu Verbrechen von Maidan und Odessa

  28 Januar 2016    Gelesen: 822
Human Rights Watch: Kiew verschleppt Ermittlungen zu Verbrechen von Maidan und Odessa
Am Mittwoch hat die Menscherechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) ihren World Report 2016 veröffentlicht, in dem sie Kritik gegen die Poroschenko-Regierung übte – offenbar kann oder will Kiew die Verbrecher von Maidan und Odessa nicht zur Rechenschaft ziehen.



Der World Report 2016 ist die 26. Ausgabe des alljährlich von Human Rights Watch veröffentlichten Rückblicks auf die Wahrung der Menschenrechte in mehr als 90 Staaten.
„Es sind keine bedeutenden Erfolge bei der Ermittlung und Verurteilung der Schuldigen, die während der Maidan-Proteste in 2014 gegen das Gesetz verstoßen hatten, zu verzeichnen“, heißt es im Bericht.
Die Menschenrechtler werfen auch einen Blick zurück auf einen Bericht der Expertengruppe des Europarates zu den Maidan-Opfern – PACE hatte damals scharfe Kritik an den Ermittlungen der ukrainischen Justiz zu den Zusammenstößen auf dem Maidan in Kiew und in anderen ukrainischen Städten geübt.


Der Europarat teilte mit, dass die Ermittlungen der neuen Regierung lückenhaft seien und «keinen wirklichen Fortschritt» gebracht hätten und der „Glaube der Ermittlungsbehörden an die eigene Straflosigkeit weit verbreitet“ sei.
Darüber hinaus werden im World Report die schleppenden Ermittlungen der Behörden zum Odessa-Massaker kritisiert, als rund 48 Regimegegner bei lebendigem Leibe verbrannten. Die Strafverfolgungsbehörden können oder wollen offenbar die Verdächtigen vom Odessa-Branddrama nicht zur Rechenschaft ziehen, so die Menschenrechtler.


Im November hatte der Europarat Kiew mangelnde Aufklärung zu dem Branddrama in Odessa vorgeworfen — eineinhalb Jahre nach dem Brand-Desaster mit Dutzenden Toten in Odessa hätten die ukrainischen Behörden noch immer keine objektive Untersuchung durchgeführt, hieß es in einem Befund einer Expertengruppe des Europarates.
Im September hatte Christof Heyns, UN-Sonderberichterstatter zu extralegalen und willkürlichen Hinrichtungen festgestellt, dass die Mehrheit der Indizien zum Massaker auf dem Kiewer Protestplatz Maidan und zum Branddrama in Odessa vernichtet wurden.
Am 2. Mai 2014 war es in Odessa zu Ausschreitungen zwischen Anhängern eines Referendums und Schlägern des ultranationalistischen Rechten Sektors gekommen.


Die Extremisten steckten ein Zeltlager in Brand, in dem Unterschriften für ein Referendum über die Zukunft des Gebietes Odessa gesammelt wurden. Mehrere Anti-Maidan-Aktivisten versteckten sich im benachbarten Gewerkschaftshaus. Die Polizei sah tatenlos zu, wie regierungstreue Nationalisten die Ausgänge versperrten und das Gebäude mit Molotow-Cocktails bewarfen. 48 Menschen verbrannten bei lebendigem Leibe oder starben beim Sprung aus dem Gebäude. Aktivisten, denen es gelang, sich aus den Flammen zu retten, wurden brutal niedergeschlagen. Der damalige Gouverneur der ukrainischen Schwarzmeerregion verteidigte das Vorgehen der Schläger sogar als rechtmäßig.
Drei Monate davor hatte die ukrainische Opposition Staatschef Viktor Janukowitsch gestürzt und die Macht übernommen.


Dem Umsturz waren gewaltsame Ausschreitungen auf dem Kiewer Hauptplatz Maidan vorausgegangen, bei denen mehr als 100 Demonstranten und Ordnungskräfte getötet wurden. Viele wurden von unbekannten Schützen erschossen. Die neue Führung machte die Vorgängerregierung für die Tode verantwortlich.
Doch schon zwei Wochen später sprach der estnische Außenminister Urmas Paet in einem abgehörten Telefonat mit der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton von Hinweisen darauf, dass hinter den Todesschüssen nicht Janukowitsch, sondern jemand von der neuen Koalition gestanden habe.



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