Der Blick auf die Stromrechnung ist nicht selten ein Ärgernis: Immer weiter steigen die Preise, wo soll das nur hinführen? Ein weiterer Dorn im Auge: Schaut man auf das Kleingedruckte, so kann man in der Kategorie „Gesondert ausgewiesene Belastungen“ die rasant wachsende EEG-Umlage entdecken. Die Abgabe zur Förderung der erneuerbaren Energien garantiert den Erzeugern von Ökostrom feste Vergütungen für das Einspeisen von Strom aus erneuerbaren Quellen ins Stromnetz. Diese EEG-Umlage hat sich seit 2010 fast verfünffacht, aktuell liegt sie bei rund 6,4 Cent pro Kilowattstunde.
Merkwürdig ist nur, dass sich die Vergütung für die Ökostrom-Erzeuger im gleichen Zeitraum lediglich verdoppelt hat. Was ist denn 2010 passiert, dass der Verbraucher so viel mehr zahlen muss? Und was passiert mit dem vielen Geld, das wir nun mehr zahlen? Eines kann ich Ihnen an dieser Stelle verraten: Zum Ausbau von beispielsweise Solar- oder Windenergie wird es nicht genutzt. Nein, es fließt in die Wirtschaft.
Lassen Sie es mich ganz klar formulieren: Mit dem Geld, das der Verbraucher über seine Stromrechnung mehr bezahlt, werden genau die Konzerne in Deutschland unterstützt, die besonders viel Energie verpulvern. Das alles ist eine ganz einfache Rechnung:
Absurd und paradox…
Seit 2010 sind Anbieter von Ökostrom verpflichtet, ihren Strom an der Strombörse in Leipzig zu verkaufen. Die Preise dort sind meist abhängig von den Produktionskosten der Energie-Art, und da Sonne und Wind als billig gelten, im Vergleich zu Atomstrom, wird der Ökostrom auch an der Börse immer billiger. Der Preis fällt also. Für einen Windkraftbetreiber rentiert es sich aber nur, wenn er in etwa 8 Cent pro Kilowattstunde verdient. Bekommt er an der Börse aber beispielsweise nur 3 Cent, muss der Verbraucher die Differenz von 5 Cent mit der EEG-Umlage zahlen. Im Klartext: Je billiger der Ökostrom, desto mehr bezahlt der Verbraucher.
Und warum profitiert jetzt die energieintensive Industrie? Nun, das liegt daran, dass rund 2000 Betriebe in Deutschland von der EEG-Umlage ausgenommen sind, weil sie laut Bundesregierung „im internationalen Wettbewerb stehen“. Eine genaue Definition dafür gibt es aber nicht. Diese Unternehmen verbrauchen zusammen in etwa die Hälfte des kompletten deutschen Industrie-Stroms. Diese Konzerne benötigen viel Energie und sind meist nicht sonderlich umweltfreundlich. Ihre Versorgung mit günstigem Strom wird also nur dadurch gesichert, dass der kleine Verbraucher stetig mehr zahlt.
Wussten Sie eigentlich…?
Jetzt könnte man natürlich sagen: Pfui, die EEG-Umlage ist eine Unverschämtheit, setzen wir doch weiter auf Kohle oder Atomstrom, dann sinken auch wieder die Strompreise! Richtig? Falsch! Zugegeben, die Förderung der erneuerbaren Energien fällt in der Stromrechnung unangenehm auf. Aber nur, weil die staatlichen Subventionen von Kohle- und Atomenergie dort nicht extra aufgeführt sind. Diese sind ungefähr doppelt so hoch als die EEG-Umlage und auch diese muss der Verbraucher zahlen – meist ohne davon zu wissen.
Da Kohle und Atom in Deutschland allerdings ein Auslaufmodel sind, wird ihre Subventionierung langfristig gesehen wegfallen. Leider bedeutet das natürlich auch, dass allein in unserer Kohleindustrie rund 20.000 Jobs wegfallen werden. Das führt auch in der Öffentlichkeit immer wieder zu hitzigen Debatten. Weniger bekannt ist dagegen, dass bis zum Jahr 2014 rund 80.000 Arbeitsplätze in der deutschen Solarbranche abgebaut wurden. Und dann noch einmal bis 2018 rund 27.000 Jobs in der Windenergie.
Was ist denn da los?
Moment mal, wie kann es denn sein, dass ich als Verbraucher ständig mehr für den Ausbau der erneuerbaren Energien zahle, dort aber Jobs abgebaut wurden? Eine berechtigte Frage. Das liegt an der CDU, genauer gesagt an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier. Im Jahr 2012 wurde er vorübergehend Bundesumweltminister, er setzte sich für eine massive Rücknahme der Förderung von Solarstrom ein. Im Jahr 2013 entschied die neu gegründete GroKo dann, dass für erneuerbare Energien künftig nicht mehr das Umwelt-, sondern das Wirtschaftsministerium zuständig ist. SPD-Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel führte den Abbau der Solarenergie dann ganz im Sinne der CDU weiter.
Bei der Windenergie sieht es mittlerweile ähnlich aus: Seit 2017 ist Wirtschaftsminister Altmaier dafür zuständig, bis heute hat er den Ausbau der Windkraft nahezu zum Stillstand gebracht. Im neuen Klimapaket der Bundesregierung wurde jetzt sogar vereinbart, dass es eine so genannte „1000-Meter-Abstandsregel“ für Windräder geben soll. Das bedeutet, neue Windräder dürfen nur dann gebaut werden, wenn ihr Abstand mindestens 1000 Meter zum nächsten Wohnhaus beträgt. Laut Umweltbundesamt bedeutet diese Regelung, dass der Neubau von Windrädern faktisch unmöglich wird. Die Verhinderung von Windkraft ist also Teil des Klimapakets.
Die Kasse klingelt…
In Wirklichkeit hat die GroKo in diesem Paket praktisch alles vergeigt, was man vergeigen kann – aus Sicht des Bürgers natürlich. Nehmen wir zum Beispiel die CO2-Bepreisung. Vorbild war hier der europäische Emissionshandel für Energie und Industrie. Den gibt es bereits seit 2005, einen nennenswerten ökologischen Mehrwert hat er bislang aber nicht gebracht. Allerdings boomt der Handel mit den Zertifikaten, Industrie und Banken freuen sich.
Dieses europäische Modell, das nicht funktioniert, wird nun also als Teil des Klimapakets auf nationaler Ebene eingeführt. Wer kommt eigentlich auf so eine Idee? Das war unter anderem Prof. Dr. Christoph Schmidt. Kennen Sie nicht? Dabei ist er ein mächtiger Mann in Deutschland: Er ist unter anderem Vorsitzender der so genannten Wirtschaftsweisen, dem Sachverständigenrat zur Begutachtung der wirtschaftlichen Entwicklung. Schmidt ist auch Präsident des RWI, dem rheinisch-westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung. Das RWI hatte der Bundesregierung 2014 geraten, das EEG zu ändern, was zu einer ansteigenden EEG-Umlage und mehr Vergünstigungen für große Konzerne geführt hat.
Strippenzieher im Hintergrund…
Schmidt ist übrigens ein großer Freund und Verbündeter des INSM, der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft – einem Lobbyverband der Arbeitgeber. Einer breiten Öffentlichkeit wurde die INSM bekannt durch ihre groß angelegte mediale Kampagne gegen den so genannten „Strompreis-Horror“ und gegen die EEG-Umlage. Ja richtig, Prof. Dr. Christoph Schmidt hat Stimmung gegen die EEG-Umlage gemacht und die Bundesregierung gleichzeitig in Sachen EEG beraten. Wie praktisch für die Arbeitgeber.
Und jetzt raten sie mal, wer die Bundesregierung und das Klimakabinett bei der Erstellung des Klimapakets in Sachen CO2-Bepreisung beraten hat? Genau, Prof. Dr. Christoph Schmidt. Seine Idee war es wohl auch, den Zertifikate-Preis bei 60 Euro pro Tonne CO2 zu deckeln. Ein Preis, den nahezu jeder Wissenschaftler hierzulande als absurd niedrig und wirkungslos ansieht.
So ist die Lage…
Halten wir also fest: Deutschland ist nicht top im Klimaschutz, dafür top in der Förderung von energieintensiven Konzernen. Erneuerbare Energien sind in Deutschland nicht auf dem Vormarsch, die werden faktisch sogar ausgebremst und deren Ausbau federführend von der CDU erschwert. Und mit dem Klimapaket wird alles nicht noch ein Stückchen grüner, sondern… ja was eigentlich?
Ehrlicher wäre es gewesen, die GroKo hätte gar kein Klimapaket geschnürt, als es nun hochgelobt der Öffentlichkeit zu präsentieren. Konzerne und große Unternehmen reiben sich die Hände, die Wirtschaftsweisen klopfen der Bundesregierung anerkennend auf die Schultern. Umwelt und Verbraucher gehen leer aus. Wieder einmal. Aber ehrlich, überrascht Sie das? Mich leider nicht.
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