Im Dezember soll nun die achte Generation des Autos auf die Straße rollen, das die Mobilität der Deutschen nachhaltig geprägt und verändert hat. Doch der einst um jeden neuen Golf gemachte Freudentanz ist verhaltener geworden. Hat doch der Konzern in Wolfsburg beschlossen, sich künftig ganz der E-Mobilität zu verschreiben, und dafür mit aller Macht ein Auto wie den ID.3 ins Bewusstsein der Mobilisten gerückt. Doch bevor der Stromstoß einem durch alle Glieder fährt, wird noch etwas Zeit ins Land gehen. Und so soll der Augenblick genutzt werden, vielleicht ein letztes Mal ein Auto zu feiern, das in seiner Klasse weiterhin Maßstäbe setzt: den Golf 8.
Für jeden etwas
Wenn so ein Auto entwickelt wird, dann fangen die Ingenieure schon mit der Einführung des Vorgängermodells an. Insofern darf die Entwicklungszeit für den Golf 8 mit gut sieben Jahren bemessen werden. Und natürlich gibt es hier zwei Prämissen, die nicht nur für ein Erfolgsmodell wie den Golf ganz vorn stehen: Motoren und Fahrwerk. Und in beiden Punkten hat man in Wolfsburg ganze Arbeit geleistet. Acht Antriebsvarianten mit Benzin-, Diesel-, Erdgas- (CNG), Milde-Hybrid- und Plug-in-Hybrid wird es geben. Dabei soll das Leistungsspektrum von 90 bis über 300 PS reichen.
Beim ersten Test konnte das ganze Portfolio noch nicht getestet werden, aber die mit Otto-Partikelfilter ausgestatteten TSI-Motor mit 130 PS, der Milde-Hybrid (eTSI) und der 2,0-Liter-Diesel mit 150 PS. Werfen wir einen ersten Blick auf den Milde-Hybrid, schließlich ist der, gemessen an unseren gelernten Mobilitätsanforderungen, die hier am einfachsten zu handhabende elektrisierte Sparvariante eines Verbrenners. Mit der in der 48-Volt-Lithium-Ionen-Batterie gespeicherten Energie wird das 12-Volt-Bordnetz versorgt und der 48-Volt-Riemen-Startergenerator angetrieben. Allerdings wurde der Akku unter dem Beifahrersitz verbaut, was spätestens dann zu Konflikten führen könnte, wenn das Gestühl weit nach hinten geschoben wird. Doch abseits davon ist die wichtigste Funktion des Startergenerators die, dass er beim Anfahren das Antriebsdrehmoment erhöht. Das heißt, der Motor hat weniger zu tun und es wird weniger Sprit verbraucht.
Hinzu kommt, dass er den Motor, der bei Rollvorgängen vom Getriebe getrennt wird - also nach dem sogenannten Segeln - wieder startet. Um die Spritersparnis weiter voranzutreiben, schaltet der 1,5-Liter-Vierzylinder bei geringem Lastabruf die Zylinder zwei und drei ab. Wichtig war für die VW-Ingenieure, dass die Regelarbeit im Motor für die Insassen und vor allem für den Fahrer nicht spürbar ist. Ebenso wie die Arbeit des elektronisch (Shift-by-wire) gesteuerten siebenstufigen Doppelkupplungsgetriebes, das die Kraft von maximal 250 Newtonmetern an die Vorderachse verteilt. Und tatsächlich war es während der Testfahrt über 134 Kilometer lediglich die Anzeige im volldigitalen Display des Golf 8, die über die Arbeitsweise des Triebwerks informierte.
Milde-Hybrid oder Diesel?
Im Zusammenspiel der Systeme verzeichnete der Bordcomputer am Ende der Testfahrt lediglich einen Verbrauch von 6,5 Litern. Das ist ein ordentlicher Wert, der bei gleicher Strecke mit dem 130 PS leistenden 1,5-Liter-Triebwerk, dessen Kraft über ein knackiges, manuell zu bedienendes Sechsganggetriebe verteilt wird, nicht zu erreichen war. Hier standen am Ende 6,9 Liter auf der Uhr. Dabei verfügt auch der 20 PS schwächere Benziner zur Verbrauchsoptimierung über das aktive Zylindermanagement ACT, das bei geringem Leistungsabruf zwei Zylinder schlafen legt. Natürlich unterscheiden sich die beiden Motorvarianten am Ende in ihrer Leistungsentfaltung schon voneinander. Während der Milde-Hybrid, unterstützt vom Starter-Generator, in 8,5 Sekunden auf Tempo 100 sprintet, benötigt der TSI mit 130 PS ohne Boost-Unterstützung 9,2 Sekunden für den Sprint. Die Endgeschwindigkeit differiert um 10 km/h zwischen 224 und 214 km/h, was auf der Autobahn dann aber auch keine Rolle mehr spielen sollte.
Sparmeister ist und bleibt jedoch der 2,0-Liter-TDI. Da der Wirkungsgrad des Diesels optimiert wurde, was zum einen den CO2-Ausstoßes verringert und zum anderen für einen recht spontanen Antritt sorgt, wurde über die Teststrecke lediglich ein Verbrauch von 5,8 Litern ermittelt. Zudem wurde dem TDI ein neues Twindosing-SCR-System mit doppelter AdBlue-Einspritzung unters Chassis gebaut, das die Stickoxid-Emission um bis zu 80 Prozent verringert. Damit dürften die neuen (und wohl auch letzten) Diesel aus dem VW-Konzern zu den momentan saubersten Verbrennungsmotoren der Welt gehören.
Bestechendes Fahrverhalten
Doch egal, welche Antriebsvariante man persönlich in seinem Golf präferiert, das Fahrverhalten ist bei allen bestechend gut. Nicht nur, dass die Vorder- und Hinterachse komplett überarbeitet wurden, es gibt auch ein neues Fahrdynamikregelsystem. Die Software zur Dämpferregelung wurde in Wolfsburg geschrieben und sorgt dafür, dass jetzt über den Fahrdynamik-Manager sowohl die XDS-Funktionen als auch die Querdynamikanteile der geregelten Dämpfer angesteuert werden. Auf Deutsch heißt das, dass unabhängige Bremseingriffe je nach Bedarf an jedem Rad und eine radselektive Regelung der Dämpferhärte das Eigenlenkverhalten des Golf deutlich beeinflusst. Folge: stabilerer Kurvenlauf bei höheren Geschwindigkeiten.
Das ist ebenso spürbar wie die Straffung der Lenkung, wenn man das optional angebotene DCC zur Fahr-Modi-Einstellung geordert hat. Hier berücksichtigt die adaptive Fahrwerksregelung permanent Fahrbahn- und Fahrsituationen. Das ist nicht neu, hatte schon der Vorgänger, ruft der Kenner jetzt. Stimmt, aber nicht in dieser Spreizung. Auch war es beim Vorgängersystem nicht möglich, durch die Regelsysteme die Karosseriebewegungen zu beeinflussen. Ob dafür die mögliche individuelle Spreizung über 16 Stufen nötig ist, muss jeder für sich herausfinden. Das Popometer dürfte jedenfalls nicht ausreichen, um die Feinheiten in Gänze auszufiltern.
Golf 8 im Digital-Zeitalter
Nun wäre es aber zu kurz gegriffen, den Golf 8 als famose Fahrmaschine zu beschreiben, dessen Sitze wohlgeformt sind und dessen Lenkrad großvolumig den Händen schmeichelt. Er ist nämlich auch ein rollender Computer geworden, der mit all seine Anzeigen und Funktionen den Zeitgeist widerspiegelt. Serienmäßig ist die Nummer acht mit einem Digital Cockpit mit einem 10 Zoll großen Display und einem 8,25 Zoll großen Touchscreen über der Mittelkonsole ausgestattet, was in Summe eine durchgängig digitale Architektur schafft. Das Schöne ist aber, dass die nichts an dem Gefühl ändert, dass es sich beim Golf 8 um einen Golf handelt. Denn selbst hier haben die Designer dafür gesorgt, dass man sich nach wie vor zu Hause fühlt.
An dieser Stelle alle Funktionen und Möglichkeiten des Systems aufzuführen ist schier unmöglich, deshalb soll es auf die beim ersten Kontakt auffälligsten beschränkt werden: Zum Beispiel die, dass jetzt auch der Golf mit "Hallo Volkswagen" angesprochen werden kann. Allerdings ist die Verständigung noch etwas limitiert. Natürlich verspricht VW, dass das System lernt und über die Zeit kommunikativer wird. Momentan lassen sich lediglich Navi, Klimaautomatik oder das Telefon steuern. Wer mehr wissen will, der muss Amazons Alexa nutzen. Die soll dann zum Beispiel auch verraten, wie das Wetter wird, welche Läden geöffnet haben oder wo das beste Restaurant ist.
Doch bei allen Neuerungen ist der Golf am Ende geblieben, was er schon immer war: ein Golf. Nur, dass noch mehr in ihm steckt. Allerdings steht zu befürchten, dass das am Ende auch seinen Preis hat. Wer viel will, muss viel bezahlen. Wie viel genau, hat VW noch nicht bekannt gegeben. Orientiert man sich am Vorgänger, dürften die Preise für den Dreizylinder mit Handschalter und 110 PS bei knapp 20.000 Euro starten. Wer es auf den kommenden stärksten Golf 8, den R, abgesehen hat, muss mit mindestens 46.500 Euro rechnen. Insofern dürfte die Wahrheit irgendwo dazwischen, aber nicht unter 35.000 Euro liegen.
Quelle: n-tv.de
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