Was für ein Unsinn, denkt der Leser, wenn er die Überschrift dieses Textes liest. Ein SUV mit knapp drei Tonnen soll so viel verbrauchen wie ein Kleinwagen. Stimmt, das ist eigentlich unmöglich. Wenn man aber einen Vierzylinder-Diesel und einen batteriebetriebenen Elektromotor in einem solchen Trumm zum Einsatz bringt, kann das gelingen. Im GLE 350de Coupé arbeitet nämlich die "dritte Generation der Plug-in-Technologie von Mercedes".
Was nichts anderes heißt, als dass unter der Haube ein aus zwei Litern Hubraum 194 PS schöpfender Diesel steckt, der ohne Zutun des E-Antriebs ein maximales Drehmoment von 400 Newtonmetern zwischen 1600 und 2800 Kurbelwellenumdrehungen zur Verfügung stellt. Der E-Motor seinerseits leistet 136 PS und generiert 440 Newtonmeter. Nimmt man beide Antriebe zusammen, ergibt sich eine Systemleistung von 320 PS und ein maximales Drehmoment von 700 Newtonmetern. In Summe bedeutet das, dass der Sprint auf Landstraßentempo in 6,9 Sekunden absolviert und die maximale Geschwindigkeit bei Tempo 210 erreicht ist. Rein elektrisch geht es laut Datenblatt über 106 Kilometer, wobei die Höchstgeschwindigkeit hier bei 160 km/h liegt. Die Energie für die Strecke stellt ein Akku mit einer Gesamtkapazität von 31,2 kWh zur Verfügung.
Das ist hier aber alles nur Datenblattgeschwurbel, denn um effizient unterwegs zu sein und nur die ebenfalls in den technischen Daten hinterlegten 1,3 Liter zu verbrauchen, muss man vor allem auf der Langstrecke schon einiges beachten. Zum Beispiel, dass das Navi die Strecke bestimmt. Warum? Nun, nur so ist gewährleistet, dass die Topografie beim Einsatz von E-Motor und Verbrenner berücksichtigt werden kann. Aber Achtung, das System geht immer davon aus, dass am Ziel auch ein Ladepunkt ist und der Fahrer dort den Akku wieder auf Stand bringt. Denn der Elektronik ist es ziemlich egal, ob auf der Strecke zum Ziel tatsächlich 106 Kilometer rein elektrisch zurückgelegt werden.
So kann es also durchaus sein, dass über knapp 50 Kilometer der Akku entleert wird. So geschehen auf einer Testfahrt von Innsbruck nach Kühtai. Eine anspruchsvolle Strecke, die sich bis auf rund 2000 Meter in die Berge windet. Am Ende standen dann auch in Kombination mit E-Antrieb und Diesel lediglich 1,4 Liter Verbrauch auf der Uhr. Nun hatte der Autor nicht bedacht, dass es sich hier lediglich um ein Zwischenziel handelte und eben dort keine Ladestation zu finden war. Denn die weitere Fahrt führte auf 2900 Meter Höhe nach Hochgurgl. Doch hier machte sich ein anderer Umstand des Plug-in-Hybrid bezahlt: das Rekuperationsmoment über alle vier Räder mit 1800 Newtonmetern, denn die ersten 35 Kilometer der Strecke geht es flott bergab.
Wer will, kann während der Abfahrt die Stärke der Energierückführung selbst bestimmen. Dafür stehen vier Stufen zur Verfügung. Entspannend und effizient ist die Stufe Auto, mit der dann vor der Auffahrt auch wieder 10 Prozent Akkuleistung gesammelt wurden. Das ist nicht viel, reicht aber, um an entscheidenden Steigungen dem Diesel kraftvoll unter die Arme zu greifen. Am Ziel wurde der Verbrauch nach knapp 150 Kilometern mit 6,3 Litern angegeben. Angesichts der Tatsache, dass der Selbstzünder mit seinen 194 PS die Fuhre von 2,7 Tonnen allein die Berge hinaufschleppte, ein beachtlicher Wert.
Das Wichtigste für einen effizienten Verbrauch ist aber tatsächlich, dass der Akku regelmäßig, am besten bei jedem Stopp, geladen wird. Wichtig hierbei, dass die Strombetankung an einer Gleichstrom-Ladesäule, an einer DC-Säule erfolgt. Hier kann der Akku in nur 20 Minuten wieder 80 Prozent seiner Leistungsfähigkeit zurückgewinnen. 10 Minuten später sind es gar 100 Prozent. Wer es nur an eine Ladestation mit Wechselstrom schafft, der muss vier Stunden für einen kompletten Ladezyklus veranschlagen. Klar, nötig ist das nicht, denn man kann auch ganz charmant mit dem Diesel Strecke machen. Allerdings bieten 194 PS bei fast drei Tonnen nicht zwingend das, was man sich unter spontaner Beschleunigung und Leistungshunger vorstellt. Natürlich steht für den Boost immer ausreichend Energie in der Batterie zur Verfügung, so dass der momentane Spurt immer seine Unterstützung findet.
Es soll aber nicht verschwiegen werden, dass die lässigste Art, ein GLE Coupé anzutreiben, der neue Reihensechszylinder-Diesel ist, der im 400d seine Arbeit verrichtet. Dieses Kraftpaket, das mit Blick auf das angesagte Ende der Dieselentwicklung bei Mercedes so etwas wie das Letzte seiner Art sein dürfte. Das ist schade, denn kraftvoller schiebt ein GLE Coupé nur noch der Reihensechszylinder an, der im AMG 53 verbaut ist. Aber selbst der kann nicht mit diesem geradlinigen und souveränen Druck aufwarten, denn die 700 Newtonmeter maximales Drehmoment liegen bereits ab 1200 Kurbelwellenumdrehungen an. Die 330 PS stehen bei 3600 U/min zur Verfügung, was ebenfalls für beachtliche Leistungswerte sorgt. Der Spurt auf 100 km/h ist nach 5,7 Sekunden abgeschlossen, in der Spitze ist Tempo 240 möglich.
Natürlich stehen hier am Ende andere Verbrauchswerte auf der Uhr. Angegeben mit kombinierten 7,9 Litern Diesel auf 100 Kilometer, zieht das Triebwerk in den Alpen mal locker 10 Liter aus dem 65 Liter fassenden Tank. Dabei hat der 400d nur 2,3 Tonnen über die Berge zu wuchten. Aber, hier steht auch das Aber und es soll wiederholt werden: Nur wer seinen Akku im 350de bei jeder Gelegenheit lädt, wird die auf dem ersten Teilstück eingefahrene Ersparnis haben. Schleppt der Vierzylinder-Diesel das ganze Gewicht allein über lange Strecken, ist zu erwarten, dass der Verbrauch deutlich steigt. Fakt ist, dass Mercedes der einzige Hersteller ist, der momentan einen Plug-in-Hybrid dieser Größenordnung mit einem effizienten Diesel, der die Euro 6d-Temp-Norm erfüllt, anbietet. Alle anderen Hersteller wie BMW oder Audi verbandeln hier Benziner mit dem E-Antrieb. Und dass die CO2-Bilanz und der Verbrauch eines Diesels immer noch besser sind als die eines Benziners, soll hier nur am Rand erwähnt werden.
Egal, ob 400d oder 350de, Fahreigenschaften beider SUV-Coupés sind tadellos. Die Stuttgarter haben im Vergleich zum GLE den Radstand 60 Millimeter gekürzt, was die Agilität deutlich steigert. Auch die drei Fahrwerksausführungen in Form der Stahlfederung und der Luftfederung sind coupéspezifisch abgestimmt. Beim Highend-Fahrwerk E-Active-Bodycontrol auf 48-Volt-Basis ist das nicht nötig, hier übernimmt die Elektronik die bedarfsgerechte Ausrichtung. Allerdings gibt es das auch nur für den Sechszylinder-Diesel. Warum? Weil der Plug-in-Hybrid nicht über die nötige 48-Volt-Technik verfügt. Ist aber auch egal. Die Luftfederung sorgt in allen sechs Fahrprogrammen für Komfort oder Straffung der Dämpfer, wenn es flott ums Eck gehen soll. Warum sechs Fahrprogramme? Weil zu den gängigen vier (Individuell, Sport, Comfort, Eco) noch Electric und Battery Level für lokal emissionsfreies Fahren hinzukommen.
Bei der dynamischen Fahrt unterstützt zudem eine direkte Lenkung mit sehr guter Rückmeldung und das Torque on Demand, das für maximale Traktion in Kurven sorgt und gleichsam das Anfahren auf schlüpfrigen Untergründen deutlich erleichtert. Verantwortlich dafür ist ein neues Verteilergetriebe, das bei der Kraftentfaltung zum einen die Wünsche des Fahrers berücksichtigt, zum anderen das aktuelle Giermoment oder die tatsächliche Traktion einfließen lässt. Am Ende kann die Fahrzeugcharakteristik je nach Gusto von neutral über leicht untersteuernd bis hin zu einem beherrschbaren leichten Übersteuern variiert werden, was dem individuellen Fahrspaß durchaus entgegenkommt.
Den Insassen dürfte aber noch mehr das Raumgefühl entgegenkommen. Das hat sich im Vergleich zum Vorgänger nämlich deutlich gewandelt. Sowohl in der zweiten Reihe als auch beim Einstieg gibt es mehr Platz. Das Volumen der Innenablagen wuchs auf 40 Liter. Der Kofferraum des 400d bietet bei aufrechter Rückbank 655 Liter. Beim Plug-in-Hybrid sind es 145 Liter weniger, weil der Akku eine gehörige Portion des Stauraumes beansprucht. Wer die Rückenlehne umlegt, hat ohne E-Unterstützung 1790 Liter Ladefläche, im 350de sind es noch 1645 Liter. Da das Beladen eines SUV-Coupé-Kofferraums ob der bauartbedingten hohen Ladekante nicht so einfach ist, haben die Stuttgarter sie knapp sechs Zentimeter niedriger gemacht. Zudem kann, wer die Luftfederung ordert, das Heck weitere fünf Zentimeter absenken.
Selbstredend ist auch in den GLE Coupés auf Wunsch die neueste Version des Infotainmentsystems MBUX (Mercedes-Benz User Experience) mit Sprachsteuerung und einer hochauflösenden Grafik an Bord. Hinzu kommen die Assistenten mit zahlreichen Funktionen, die den Fahrer entlasten und bei vielen Fahraufgaben helfend eingreifen, wie zum Beispiel der neue Abbiegeassistent, der aktive Stau- und Spurhalteassistent oder der aktive Lenkassistent, der unter anderen auch bei Ausweichmanövern den berechneten Weg unterstützt und das Auto in die Spur zurückführt. Das alles hat natürlich seinen Preis. Der startet beim Mercedes GLE Coupé 400d bei 81.634 Euro. Ein stolzer Preis, den der 350de unterbieten dürfte. Um wie viel, kann an dieser Stelle noch nicht gesagt werden. Weniger als 77.000 Euro sind es aber mit Sicherheit nicht.
n-tv
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