Der erste Eindruck: Wer kann diesem Blick widerstehen?
Das sagt der Hersteller: Weil der Durchschnittskunde nur 40 Kilometer am Tag fahre, sei der Honda E als reines Stadtauto konzipiert, sagt Projektleiter Takahiro Shinya. Dazu passt, dass der Wagen bei seiner Premiere als Studie vor gut zwei Jahren noch "Urban EV" hieß.
Mit der Beschränkung auf das Nutzungsgebiet Stadt rechtfertigt Honda auch den vergleichsweise kleinen Akku und mit ihm die bescheidene Reichweite. Eine größere Batterie hätte mehr Platz beansprucht, das Gewicht erhöht und mehr Geld gekostet. Alles nicht nötig, erläutert Projektleiter Shinya und vergleicht den Honda E mit einem Telefon: „Wir laufen ja auch nicht alle mit einem Tablet am Ohr herum, nur weil es einen größeren Akku hat.“
Das ist uns aufgefallen: Was für ein Spaß! Die stärkere der beiden Motorvarianten leistet 113 kW und bietet ein Drehmoment von maximal 315 Nm. Damit ist der satte 1,5 Tonnen schwere Viertürer erstaunlich leichtfüßig unterwegs. Begünstigt wird das agile Fahrgefühl durch zwei Dinge: Als einziges E-Fahrzeug in dieser Klasse hat er den Motor an der Hinterachse. Hinzu kommt ein konkurrenzlos kleiner Wendekreis von 9,20 Meter sowie eine Lenkung, die mit zunehmendem Einschlag immer direkter wird. Deshalb flitzt der Honda E wieselflink ums Eck und bietet genau jenes Go-Kart-Gefühl, das die Marke Mini seit Jahren für sich reklamiert.
Weil der Honda E kein umgerüsteter Verbrenner ist, sondern von Grund auf neu konstruiert wurde, ist er auch beim Rekuperieren etwas besser als die Konkurrenz: Der Grad der Energierückgewinnung und damit die Bremswirkung beim Lupfen des rechten Fußes lässt sich mit zwei Wippen am Lenkrad einstellen. Außerdem gibt es einen Knopf auf der Konsole zwischen die Sitzen. Ist der aktiviert, kann man den Honda E auch komplett mit einem Pedal fahren. Die Bremswirkung des zum Generator verkehrten Motors ist dann so groß, dass der Wagen stehen bleibt und auch nicht wieder von alleine anrollt.
Honda gibt für den Wagen im WLTP-Zyklus eine Reichweite von 222 Kilometern an, für den stärkeren Motor sind es 210 Kilometer. Wer auch außerorts dem quiligen Kerl die Sporen gibt, erlebt eine Überraschung. Dann nämlich kalkuliert der Bordcomputer die Reichweite neu - und plötzlich reichen bei forcierter Gangart selbst mehr als 80 Prozent Batteriestand nur noch für 80 Kilometer. Immerhin hat Honda das Geld, das bei der Batterie gespart wurde, in die Ladetechnologie gesteckt, weshalb das Auto auch an einer 100-kW-Säule Energie zapfen kann. Dann dauert der Ladevorgang bis 80 Prozent lediglich 30 Minuten.
Auch beim Ambiente geht Honda eigene Wege. Die Rückbank sieht aus wie ein Sofa, nur dass sie wegen der mickrigen Kniefreiheit nicht so bequem ist. Die Sitze in der ersten Reihe erinnern an Sessel und sind mit grauem Stoff bezogen. Das Cockpit wiederum thront über einem hölzernen Bord, in das die wenigen verbliebenen Schalter eingelassen sind.
Mit dem Druck auf den Startknopf flackern in der Wand unter der Frontscheibe gleich fünf Bildschirme auf und lassen Autos wie die Mercedes A-Klasse oder das Tesla Model 3 ganz schön gestrig aussehen. Der Monitor hinter dem Lenkrad zeigt die digitalen Instrumente, zwei weitere sind für Navigation, Infotainment und Bordcomputer zuständig. Die Inhalte lassen sich per Fingerzeig spielend vertauschen. Die jeweils äußeren Monitore zeigen die Bilder der Videokameras in den Türen, die die Außenspiegel ersetzen. Während das beim fast doppelt so teuren Audi E-Tron ein kostspieliges Extra ist, serviert Honda diese Technik ohne Aufpreis. Genau wie den Rückspiegel, der auf Knopfdruck ebenfalls zum Bildschirm für eine Kamera im Heck wird und so die eher bescheidene Sicht nach hinten kompensiert.
Das muss man wissen: Als Marktstart gibt Honda offiziell „Frühling 2020" an und lässt sich nur widerwillig auf Mai festnageln. Ab dann gibt es den Honda E zu Preisen ab 33.850 Euro in zwei Varianten. Immer verfügt der Akku über 35,5 kWh Speicherkapazität, wählen können Kunden zwischen zwei Motorvarianten - einer E-Maschine mit 100 kW Leistung und einer mit 113 kW (dann kostet das Auto 3000 Euro mehr). Mit einem maximalen Drehmoment von 315 Nm beschleunigt der Knirps in 8,3 Sekunden auf Tempo 100 und wird mit Rücksicht auf die Reichweite bei 145 km/h abgeregelt.
Das werden wir nicht vergessen: Das traurige Gesicht, mit dem der digitale Sprachassistent auf dem Bildschirm erscheint. Dabei hätte der allen Grund zum Lächeln, denn bei der Testfahrt klappte die Verständigung mit ihm fast noch besser als bei „Hey Mercedes“ oder „Hallo BMW“ – wenn das kein Grund für einen Smiley ist.
Hersteller: Honda
Typ: E
Karosserie: Kleinwagen
Motor: E-Maschine
Getriebe: Eingang-Automatik
Antrieb: Heckantrieb
Leistung kW: 113 kW
Leistung PS: 154 PS
Drehmoment: 315 Nm
Von 0 auf 100: 8,3 Sek.
Höchstgeschw.: 145 km/h
CO-Ausstoß: 0 g/km
Kofferraum: 171 Liter
Umgebaut: 861 Liter
Gewicht: 1.542 kg
Maße: 3895 / 1750 / 1512
Preis: 36.850 €
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