Das ist, was man Sekundenglück nennt

  27 Mai 2021    Gelesen: 580
  Das ist, was man Sekundenglück nennt

Der 1. FC Köln muss mächtig um den Klassenerhalt zittern: Nach der 0:1-Pleite im Hinspiel der Bundesliga-Relegation gegen Holstein Kiel braucht die Mannschaft im Rückspiel eine Top-Leistung, um den GAU zu verhindern - oder das Platinhändchen des Kieler Trainers.

Herbert Grönemeyer und Fußball, das ist selbstverständlich eine stabile Verbindung. "Bochum", das ist eh klar, ist ein Song, den sich der Sport (präziser: der VfL) gekapert hat. Das Lied, das eigentlich "seine" Stadt im Ruhrgebiet besingt, hat diese eine krachende Doppelpass-Zeile, die es zu einer der bekanntesten Hymnen macht. Auch der Song "Männer", über Großmut und Weinerlichkeit, hat durchaus Parallelen zu manch einer Situation auf dem Rasen. Und seit diesem Mittwochabend muss unbedingt auch "Sekundenglück" mit in die Liste von Herberts Fußball-Hymnen aufgenommen werden. Nicht gleich für das Stadion-Gebrüll. Sondern für das Platinhändchen, so nannten es die TV-Kollegen von DAZN, von Holstein Kiels Trainer Ole Werner.

Der hatte sich im Relegationshinspiel beim Erstligisten 1. FC Köln dafür entschieden, in der 59. Minute Simon Lorenz für Aleksandar Ignjovski zu bringen. Ignjovski, der zuvor wochenlang nicht spielen konnte, war nicht nur platt. Er war auch Gelb-Rot gefährdet. Bereits kurz vor der Pause hatte er Glück, dass es für seinen Tritt gegen Ondrej Duda nicht direkt vom Platz geflogen war. Nun, kam also Lorenz, der in den vergangenen Wochen der zweite Innenverteidiger neben Hauke Wahl war. Wie die TV-Bilder zeigen trabte er nach seiner Einwechslung gemütlich in den Kölner Strafraum. Dort hinein sollte Sekunden später eine Kieler Ecke segeln. Das tat sie. Zunächst auf den Kopf des Südkoreaners Jae-sung Lee und dann auf den Kopf von Lorenz. Tor. Sekundenglück. Klare Sache: "Das ist, was man Sekundenglück nennt." Original zitiert nach Grönemeyer.

"Wir haben einmal bei einer Standardsituation nicht aufgepasst. Wir haben vor genau dieser Situation gewarnt, da haben wir nicht aufgepasst. Bis dahin hat Holstein Kiel keine einzige Möglichkeit gehabt", ärgerte sich Kölns Trainer Friedhelm Funkel.

"Die erste Etappe ist gegangen"

Ob die Führung nun verdient war oder nicht. Das war den Kielern egal. Die hatten sich mit diesem Treffer die perfekte Ausgangslage für das Rückspiel am Samstag erarbeitet. Sieg mit Auswärtstor, prima! Aber wie man das nun mal im hohen Norden so macht, das Glück kleidet sich in wortkarge Nüchternheit: "Die erste Etappe ist gegangen. Wir nehmen das Selbstvertrauen, das 1:0 mit", sagte Stürmer Fin Bartels. Und sein Coach Werner befand: "Wir haben nach wie vor die Situation, dass wir der Zweitligist sind. Wir haben nichts zu verlieren, denn in der 2. Liga sind wir ja schon. Ich glaube, dass der Druck bei Köln liegt." Und wie der Druck bei Köln liegt! Ganz prominent zu beobachten, bei Ex-Nationalspieler und Kapitän Jonas Hector, der pöbelte nach dem Spiel im TV-Interview: "Immer diese scheiß Fragen", schimpfte er. "Das ist ja Ihr Job, dumme Fragen zu stellen. Das machen Sie gut." Nun, da schwang sicher auch reichlich Frust über sich selbst mit, schließlich hatte er das entscheidende Duell vor dem 0:1 gegen Lorenz verloren.

Allerdings war es auch Hector gewesen, der seine Mannschaft aus der anfänglichen Schläfrigkeit weckte. Erst wurde sein Schuss aus spitzem Winkel nach eigener Balleroberung aufs Tornetz abgefälscht (30.). Bei der nachfolgenden Ecke hatten die Kieler Glück, dass Schiedsrichter Felix Zwayer beim Duell zwischen Hector und Gelios ein Foulspiel sah. Auch an der besten Szene in Durchgang zwei war er beteiligt. Seinen Freistoß klärte Phil Neumann gerade noch so, ehe er den Nachschuss von Sebastian Andersson mit einer spektakulären Grätsche blockte. Ansonsten war bei den Kölnern aber auch nicht viel drin. Sie hatten zwar sehr viel den Ball, aber umso weniger gute Ideen. Und dann selbst auch mal Glück, als Janni Serra eine tolle Flanke von Fabian Reese an die Latte köpfte. Ein paar Zentimeter zu hoch, ein paar Zentimeter, die Köln am Leben halten. Und so beschwor Funkel das "Noch-nichts-passiert-Mantra: "Es ist jetzt Halbzeit und Kiel führt mit 1:0. Von daher ist überhaupt nichts entschieden und ich habe vorher bereits gesagt, dass die Entscheidung in Kiel fallen wird. Da werden wir alles daransetzen, diesen 0:1-Pausen-Rückstand aufzuholen. Die Qualität und Möglichkeit haben wir."

Quelle: ntv.de


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