Investieren statt Steuern senken
Schaut man sich die reinen Zahlen an, gibt es auch einiges zu verteilen. Trotz Flüchtlingskrise hat der Bund allein im vergangenen Jahr einen Überschuss von zwölf Milliarden Euro erzielt. Jetzt Steuerentlastungen zu versprechen, ist jedoch trügerisch. Sie könnten gerade denjenigen schaden, denen sie gemacht werden: der Mittelschicht.
Steuersenkungen, ohne eine entsprechende Gegenfinanzierung, sind prinzipiell dann sinnvoll, wenn zu erwarten ist, dass die gute Finanzlage in den kommenden fünf bis zehn Jahren anhalten wird. Nur davon kann in Deutschland nicht ausgegangen werden. Denn die Überschüsse sind nicht das Resultat einer vorsichtigen Finanzpolitik in der Vergangenheit. Im Gegenteil: Kaum eine Bundesregierung hat so viele und so teure Wahlgeschenke verteilt wie die gegenwärtige. Allein die Rentenreform von 2014 kostet den deutschen Steuerzahler knapp zehn Milliarden Euro pro Jahr – und das für viele Jahre.
Es geht nicht immer so positiv weiter
Schäubles Überschüsse resultieren vielmehr aus einer Mischung von Glück und Faktoren, für die die Politik wenig Verantwortung trägt. Allein aufgrund der niedrigen Zinsen hat der deutsche Fiskus im vergangenen Jahr 40 Milliarden Euro weniger für den Zinsdienst ausgeben müssen. Der gesamte Überschuss von Bund, Ländern und Kommunen lag gerade einmal bei 20 Milliarden Euro. Bei einem normalen Zinsniveau hätte Deutschland somit ein dickes Defizit verzeichnet.
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Das immer noch robuste Wachstum sorgt für eine niedrige Arbeitslosigkeit und einen hohen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsstand. Jahr für Jahr steigen so die Einnahmen aus der Einkommens- und der Mehrwertsteuer. Diese positive Entwicklung ist jedoch nicht von Dauer. Bereits 2017 könnte die Arbeitslosigkeit wieder steigen. Und aufgrund der demographischen Entwicklung wird die Zahl der Beschäftigen in den kommenden Jahren wieder sinken. Die Folge: Die Steuereinnahmen sinken und die Belastungen für den Haushalt nehmen wieder zu.
Kurzum, es ist irreführend, heute Steuersenkungen zu versprechen, ohne zu belegen, wie sie mittel- und langfristig finanziert werden sollen. Es wäre klüger, die temporären Überschüsse in die Zukunft zu investieren. Dazu sollte sich die Finanzpolitik auf zwei zentrale Punkte konzentrieren: eine öffentliche Investitionsoffensive für Bildung, Infrastruktur und Innovation und eine grundlegende Steuerreform, die auf mehr Steuergerechtigkeit abzielt.
Öffentliche Investitionen sollten Steuersenkungen in jedem Fall vorgezogen werden, denn Deutschland hat eine riesige Investitionslücke. Die öffentlichen Nettoinvestitionen in die Infrastruktur waren in den vergangenen Jahren sogar negativ. Die Abschreibungen überstiegen die Neuinvestitionen in jedem Jahr um sechs Milliarden Euro.