So viel kostet die Maß auf der Wiesn

  06 September 2016    Gelesen: 1195
So viel kostet die Maß auf der Wiesn
Es trinkt der Mensch, es säuft das Pferd und manchmal ist es umgekehrt. Mutmaßlich ist dies wieder auf dem Münchner Oktoberfest zu bestaunen. Denn dort werden wohl auch die historisch hohen Bierpreise nicht für Zurückhaltung sorgen. Ein Erklärungsversuch.
Wovon die EU-Währungshüter nur träumen können, ist in München Realität. Eine moderate Inflation. Diese tut not, denn dauerhaft niedrige Preise könnten Verbraucher und Unternehmen dazu verleiten, Investitionen aufzuschieben - in der Hoffnung auf weiter sinkende Preise. Was wiederum die Konjunktur ausbremsen könnte. Doch trotz Nullzinsen, Strafzinsen für Bankeneinlagen und milliardenschwerer Anleihen-Kaufprogramme ist die Inflation im Euroraum nach wie vor weit von der angestrebten Zwei-Prozent-Marke entfernt.

Nicht so auf dem Münchner Oktoberfest. Jahr für Jahr steigen hier verlässlich die Bierpreise. Vermutlich weniger um den europäischen Inflationswünschen nachzukommen, sondern vielmehr um den eigenen Gewinn in die Höhe zu treiben - aber egal. Denn auch dieses Jahr müssen Wiesn-Besucher erneut tiefer in die Tasche greifen, um im Anschluss daran das beliebte und berauschende Maß stemmen zu können. Zu vernachlässigen ist an dieser Stelle, dass Stichproben regelmäßig ergeben, dass sich weit weniger Bier in den Gläsern befindet als offeriert. Denn der Humpen ist per Gesetz bis zum Eichstrich, der sich auf jeden Glas befinden muss, zu füllen. Dabei zählt beim Bier der Schaum nicht mit.

So oder so, Zecher müssen vom 17. September bis 03. Oktober zwischen 10,40 und 10,70 Euro für eine Mass Bier in den diversen Zelten berappen. Das sind satte 3,11 Prozent mehr als noch im Vorjahr, wo der Liter für durchschnittlich 10,25 Euro Euro zu ergattern war. Nicht auszudenken, welchen Besucher- und Stimmungsrekord die Wiesn verzeichnen würde, wenn die Maß, so wie 1977, noch für umgerechnet unter 1,50 Euro zu haben wäre.

Und dennoch werden sich wohl auch die diesjährig erwarteten rund sechs Millionen Besucher aus aller Welt keinerlei Zurückhaltung aufererlegen. Was auch weniger mit den Brüsseler-Idealen zu erklären ist, als vielmehr mit der Wirtschafts- und Sozialwissenschaft. Erstere kann dann bedient werden, wenn ein atypisches Nachfrageverhalten zum tragen kommt. Heißt soviel wie, desto teurer ein Gut ist, desto stärker wird es nachgefragt. Warum? Weil der Käufer vermutet, dass a) entweder die Qualität höher ist oder b) er sich mit dem Erwerb besonders schmücken kann oder aber c) schlichtes Suchtverhalten. Zumindest letzteres ist hoffentlich nicht der Fall.

Die Begründung aus der Sozialwissenschaft lautet anders: Herdentrieb. Oder, dabei sein ist alles. Vermutlich ist dies in Kombination mit B) zutreffend. Denn das dies nicht nur am Suchtverhalten liegen kann, lassen die Preiserhöhungen auch für Nichtalkoholisches vermuten. Denn sowohl für Wasser als auch für Limo, Brathändl und Weißwürste muss diesjährig mehr bezahlt werden.

Und so dürfte in Brüssel dann doch noch Freude aufkommen - zumindest in der für Gesundheit zuständigen Abteilung, schließlich ist der Liter Wasser im Schnitt für nur 8,27 zu haben. Und damit eine deutlich günstigere und gesündere Alternative als Bier.

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