Ärger mit dem Rüpel in Manila

  16 September 2016    Gelesen: 997
Ärger mit dem Rüpel in Manila
Mit wüsten Beschimpfungen verprellt der philippinische Präsident Rodrigo Duterte die USA. Doch Washington braucht das Land als Bollwerk gegen China.
Es gibt Politiker, von denen werden wichtige, große Sätze bleiben. Wie etwa das "Ich bin ein Berliner" von John F. Kennedy oder auch das "Wir schaffen das" von Angela Merkel. Vom philippinischen Präsidenten Rodrigo Duterte wird, Stand jetzt, vor allem ein Ausdruck in Erinnerung bleiben: "Hurensohn."

Damit beschimpfte er nicht nur Papst Franziskus und Botschafter, sondern auch US-Präsident Barack Obama. Dabei ist unklar, ob Duterte wirklich ihn gemeint hatte - in der Pressekonferenz pöbelte er gegen die USA generell, Obama und Journalisten. In dieser verbalen Gemengelage fiel "Putang-Ina", was "Hurensohn" in der philippinischen Sprache Tagalog heißt. Wer nun wirklich gemeint war, lässt sich nur schwer rekonstruieren. Aber auch dessen ungeachtet war seine Botschaft in Richtung Washington klar: Mischt euch gefälligst nicht in unsere Angelegenheiten ein.

Die Entgleisungen machen es nicht einfacher, den philippinischen Präsidenten als politischen Akteur ernst zu nehmen. Was auf den Westen seltsam pubertär wirkt, muss tatsächlich als aufplusternde Macho-Pose eines Präsidenten verstanden werden, der sich in der Rolle des "Bestrafers" gefällt - und dafür von seinem Volk zu weiten Teilen gefeiert wird (mehr zu seinem blutigen Feldzug gegen die Drogenkriminalität im Land lesen Sie hier).

Ohnehin fühlt er sich eher den nationalen Interessen als denen seines Bündnispartners USA verpflichtet. Den Einfluss des einstigen Kolonialherrschers versucht Duterte einzudämmen. So forderte er nur wenige Tage nach der "Hurensohn"-Bemerkung Washington dazu auf, Soldaten aus dem Süden der Philippinen abzuziehen. Sie unterstützen dort seit mehr als zehn Jahren den Anti-Terror-Kampf gegen unterschiedliche islamistische Gruppierungen. Den Gemäßigten gegenüber hat Duterte Zugeständnisse gemacht, indem er Gesprächsbereitschaft signalisiert hatte. Damit verfolgt er eine andere Linie als Washington.

Für die US-Regierung ist der Kurs von Duterte heikel. Sie hat eine strategische Hinwendung nach Asien proklamiert, es ist ein wichtiges Element der Außenpolitik. Die verstärkte Zusammenarbeit mit südostasiatischen Ländern soll offiziell nicht dazu dienen, den Einfluss Chinas zurückzudrängen - sehr wohl aber sind die Philippinen ein nützliches Bollwerk gegen die Volksrepublik.


Die Wahl des Populisten Duterte gefährdet das Kalkül. Hat er mit der "Hurensohn"-Beleidigung nun den Bruch mit dem langjährigen Bündnispartner USA eingeleitet?

Nein, sagt Felix Heiduk von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, eine Kehrtwende werde es nicht geben. Selbst wenn er wollte, Duterte könne sich gar nicht komplett von Washington lossagen. Dafür gibt es gewichtige Gründe:

Handelsbeziehungen: Die USA sind für die Philippinen einer der wichtigsten Handelspartner - neben China und Japan. Rund drei Millionen Philippiner leben und arbeiten in den USA, der Nachwuchs aus wohlhabenden Familien mit Führungsambitionen studiert traditionell an amerikanischen Universitäten.

Die Kontinuität der Partnerschaft: Die USA und die Philippinen haben 1951 ein Verteidigungsabkommen miteinander geschlossen. Zwar haben die USA seither Militärbasen im Land schließen müssen, doch vor zwei Jahren einigte man sich auf ein neues Sicherheitsabkommen, das US-Militärs etwa den Zugang zu philippinischen Militäreinrichtungen ermöglicht. Hintergrund ist das Erstarken Chinas.

Sicherheitspolitische Abhängigkeit: Die Streitkräfte der Philippinen sind schlecht ausgestattet - auch oder gerade weil sie sich mit den USA in militärischer Hinsicht als "großen Bruder" verlassen können. Für einen Alleingang müsste die Armee daher massiv aufgestockt werden.

Gegengewicht zu China: Im Streit um die Inseln im Südchinesischen Meer mit China sind die Philippinen von den USA als Bündnispartner abhängig. Zwar sind die strittigen Inseln nicht Teil des Sicherheitspakts - die USA vermeiden den Eingriff in territoriale Streitigkeiten. Ob das Abkommen im Falle einer direkten Konfrontation zwischen chinesischer und philippinischer Marine greift, haben die USA offen gelassen.

Hinzu kommt: Ein Bündnis mit Peking ist für Duterte - wenngleich er sich um eine Verbesserung des angespannten Verhältnisses bemüht - keine Alternative. Innenpolitisch würde er sich damit selbst ins Aus schießen. "Das China-Bild auf den Philippinen könnte kaum schlechter sein", sagt Asien-Experte Heiduk.

Die territorialen Streitigkeiten haben das in den vergangenen Jahren noch verschärft. Als Duterte Peking nach Streitigkeiten um das Südchinesische Meer und einer Gerichtsentscheidung in Den Haag Gespräche anbot, griff ihn die Opposition umgehend an. Sie sah nationale Interessen verletzt.

Daraus folgt für Duterte: Ohne die USA geht es nicht, mit China noch weniger und ein Alleingang ist schlicht nicht machbar. Vom Getöse des Populisten bleibt am Ende wenig übrig.

Quelle : spiegel.de

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