Forscher haben auf Borneo eine Palmenart mit einer ganz außergewöhnlichen Fortpflanzungsstrategie entdeckt: Bei Pinanga subterranea - so der Fachname - wachsen sowohl die Früchte als auch die Blüten unterirdisch. "Erstaunlicherweise ist diese bemerkenswerte Art im gesamten Westen Borneos weit verbreitet und wird von der dortigen Bevölkerung wegen ihrer essbaren Früchte geschätzt, aber der Aufmerksamkeit der Wissenschaftler war sie bisher völlig entgangen", schreibt das Team um Agusti Randi von der National University of Singapore in seiner Studie. Die Forschungsergebnisse wurden in der Fachzeitschrift "Plants People Planet" veröffentlicht.
"Die Früchte sind blassweiß, solange sie noch jung sind. Wenn sie reif sind, sind sie dann oval, etwa zwei Zentimeter lang und leuchtend rot", sagte Benedikt Kuhnhäuser, Co-Autor der Studie und Future Leader Fellow an den Royal Botanic Gardens in Kew/London. Sie schmeckten süßlich, "ein bisschen mit Walderdbeeren oder Heidelbeeren zu vergleichen - nur dass die Palme viel schwieriger zu finden ist." Die Blüten seien hingegen eher unscheinbar, grünlich-weiß und kleiner als einen Zentimeter.
"Der geheimnisvolle Lebensstil der Palme hat sicher dazu beigetragen, dass wir sie erst jetzt wissenschaftlich beschrieben haben", betonte der Forscher. Auf Borneo existierten rund 300 Palmenarten und es gebe unzählige junge Palmensprösslinge, die selbst für Experten schwer zu identifizieren seien. Die lokale Bevölkerung kannte Pinanga subterranea hingegen schon lange: "Bevor die Untergrundpalme ihren wissenschaftlichen Namen erhielt, war sie in Borneo bereits unter mindestens vier unterschiedlichen Namen und in mindestens drei unterschiedlichen Sprachen bekannt."
Der Bestäubungsvorgang bleibt unklar
Weltweit ist bisher nur eine weitere Pflanze bekannt, die sowohl Blüten als auch Früchte unterirdisch bildet: die kleine australische Orchideengattung Rhizanthella. Wie die Bestäubung bei Pinanga subterranea vor sich geht, ist derweil noch unklar: "Nah verwandte Palmen derselben Gattung Pinanga werden recht oft durch Käfer bestäubt", sagte Kuhnhäuser. Es sei aber auch möglich, dass die Palme sich selbst bestäube: Der Pollen der männlichen Blüten könnte auf die weiblichen Blüten herabrieseln - ganz ohne Einfluss von außen.
Und was bezweckt die Palme damit? "Wir wissen nicht mit Sicherheit, ob sie einen bestimmten Nutzen daraus zieht. Es könnte zum Schutz vor Umwelteinflüssen und Fraß durch Tiere dienen. Ein weiterer Vorteil könnte sein, dass die Nachkommen in einer Umgebung keimen, die sich bereits für die Elternpflanzen bewährt hat."
Kuhnhäuser sprach von einer "ganz besonderen Entdeckung, die man nur einmal im Leben macht". Die Palme werfe Unmengen an Fragen auf, die noch ungeklärt seien. "Wir sehen oft den Weltraum und die Tiefen des Meeres als die Grenzen der Erkundung unserer Welt an, aber diese neue Palmenart lehrt uns, dass einige der faszinierendsten Lebewesen noch direkt unter unseren Füßen darauf warten, entdeckt zu werden."
Quelle: ntv.de, jaz/dpa
Tags: